Die Fahrradmitnahme im Nahverkehr in den Sommermonaten einzuschränken, hält der ADFC für eine denkbar schlechte Idee. Foto: ADFC/Gloger

Der Fahrradclub ADFC kritisiert das Konzept des Neun-Euro-Tickets für Busse und Bahnen im Nah- und Regionalverkehr als zu kurzfristig und fordert den Ausbau des ÖPNVs besonders im ländlichen Raum. Dem Vorschlag, die Fahrradmitnahme im Nahverkehr in den Sommermonaten einzuschränken, erteilt der ADFC eine deutliche Absage.

Stuttgart – ADFC-Bundesgeschäftsführerin Ann-Kathrin Schneider sagt: „Die Bundesregierung muss dringend langfristige Konzepte entwickeln, um die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern und die klimafreundlichsten Verkehrsträger zu stärken. Eine zeitlich befristete Aktion in den Sommermonaten reicht nicht. Nach unserer Einschätzung ist die Bevölkerung angesichts multipler Krisen in hohem Maße dazu bereit, ihr Mobilitätsverhalten zu ändern und viel weniger Auto zu fahren – wenn es denn gute Alternativangebote gibt.

Aber genau da liegt das Problem, sagt Schreiber. „Die Alternativen zum Auto sind für viele Menschen nicht attraktiv genug, weil die Politik über Jahrzehnte hinweg das Auto priorisiert und Bus, Bahn, Fuß und Rad vernachlässigt hat.“

ÖPNV-Angebot und Schnittstellen verbessern

Das Neun-Euro-Ticket sieht der ADFC deshalb kritisch. Es sei zu kurzfristig und kein nachhaltiges Angebot – denn an der schlechten ÖPNV-Verfügbarkeit besonders in ländlicheren Regionen ändere das günstige Ticket natürlich nichts. „Wichtiger wäre, den öffentlichen Verkehr längerfristig günstiger zu machen, die Schnittstellen mit Rad, Fuß und Carsharing zu verbessern und das Angebot im ländlichen Raum deutlich auszubauen“, sagt Schneider. „Wir brauchen ein Angebot, das Menschen auch perspektivisch für Bus und Bahn begeistert.“

Eingeschränkte Fahrradmitnahme – Katastrophe für Radtourismus

Völlig widersinnig sei dagegen der Vorschlag, in den Sommermonaten die Fahrradmitnahme im Nahverkehr einzuschränken. Für den wirtschaftlich bedeutenden Fahrradtourismus würde dies eine Katastrophe bedeuten. Rund 5,3 Millionen Menschen haben 2021 laut ADFC-Radreiseanalyse die Bahn für die Anreise zu Tagesausflügen auf dem Rad und Radreisen genutzt. Und die Sommermonate seien natürlich die Hauptsaison für den Radtourismus. „Es wäre auch klimapolitisch eine Katastrophe, wenn man all diese klimafreundlich Reisenden 2022 zwingen würde, mit dem Auto statt mit der Bahn zum Ostseeküstenradweg, ins Allgäu oder an den Bodensee zu fahren“, gibt die ADFC-Bundesgeschäftsführerin zu bedenken.

Fahrradparkplätze ausbauen und Mitnahme erleichtern

„Und auch für Tausende von Pendlerinnen und Pendler ist die Fahrradmitnahme in der S-Bahn oder dem Regionalexpress die einzige Möglichkeit, autofrei und klimafreundlich zum Arbeitsplatz zu kommen.“ Der Nahverkehr und die Fahrradparkplätze an Bahnhöfen müssten daher dringend ausgebaut werden. Die Fahrradmitnahme dürfe nicht eingeschränkt, sondern müsse im Gegenteil erleichtert und optimiert werden – das sei das Gebot der Stunde.