Bislang keine Klagen: Wolfgang Geißler, Pannenhelfer beim Foto: Petsch

Der ADAC stellt nach dem Skandal die Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen möglicherweise ein. Pannenhelfer Wolfgang Geißler bekommt von dem ganzen Wirbel allerdings nur wenig mit.

Stuttgart/München - Das Image des ADAC ist nach den Mauscheleien bei der Wahl des beliebtesten Autos der Deutschen angekratzt. Nun hat Präsident Peter Meyer angekündigt, dass der Autopreis „Gelber Engel“ eingestellt wird. „Hat der Gelbe Engel noch eine Zukunft? Sicherlich nein, er hat keine Zukunft. Das war ein Totalschaden“, sagte Präsident Peter Meyer der „Automobilwoche“. „Wir denken im Moment überhaupt nicht darüber nach, ob wir so etwas Ähnliches wieder machen wollen.“ Der ADAC werde sich künftig auf seine Kernkompetenzen besinnen, um wieder Vertrauen für die Organisation aufzubauen.

Von alldem Wirbel bekommt Wolfgang Geißler relativ wenig mit. Der 60-Jährige ist Pannenhelfer und seit 33 Jahren beim ADAC beschäftigt. „Es ist wunderbar, wenn man anderen helfen kann“, sagt Geißler. Über mangelnde Abwechslung kann er sich nicht beklagen. „Ich weiß nie, was der Tag bringt. Langweilig ist es nie.“ Bisher wurde Geißler nicht auf die Schlagzeilen angesprochen. „Die Leute freuen sich, wenn ich komme und ihnen helfe.“ Mit dem ADAC verbinden sie durch die Tests Sicherheit im Straßenverkehr und „dass ihnen geholfen wird, wenn sie ein Problem haben“. Es sei wichtig, dass die Sache bald geklärt wird. Doch auf seinen Arbeitgeber lässt er nichts kommen: „Der kann ja nichts dafür. Nur wenn ein Monteur in einer Werkstatt eine Schraube vergisst, ist nicht die ganze Firma schlecht.“

Auch ein 46-jähriger Mitarbeiter eines Partnerunternehmens des ADAC, der namentlich nicht genannt werden möchte, wurde von Kunden noch nicht auf die Ereignisse um den „Gelben Engel“ angesprochen. „Eigentlich sollte der ADAC die Interessen der Mitglieder vertreten. Man ärgert sich über die Schlagzeilen“, sagt das ADAC-Mitglied. Die Arbeit und eigene Mitgliedschaft – „das muss man trennen“.

Derweil übt sich der ADAC in Schadenbegrenzung: Präsident Peter Meyer versprach ein Reformprogramm. Er werde der Hauptversammlung im Mai Vorschläge unterbreiten, „die für mehr Offenheit, höhere Transparenz und direktere Mitgliedereinbindung sorgen sollen“, sagte er am Mittwoch. Der Autoclub nehme die Kritik sehr ernst – „auch wenn diese manchmal sehr pauschal war“. Oberstes Gebot sei jetzt, das verlorene Vertrauen zurückzugewinnen. An den bisher geltenden Grundsätzen will er festhalten. Es sei unabdingbar, dass der ADAC vorrangig ein leistungsstarker Automobilclub, aber auch ein unabhängiges Wirtschaftsunternehmen sein müsse. Allerdings müsse der ADAC transparenter werden. Das dürfte auch für Geschäfte gelten, die der ADAC mit der Industrie macht, der er zugleich als Verbraucheranwalt auf die Finger blicken will.

Kritiker bemängeln zu große Nähe zur Automobilindustrie

Allein mit seinen mehr als 40 Unternehmen macht der ADAC einen Umsatz von knapp mehr als einer Milliarde Euro im Jahr. Die Autoindustrie ist für den ADAC ein wichtiger Partner. Ein Beispiel für die Nähe zwischen ADAC und Herstellern findet sich in der Pannenstatistik, die der Autoclub einmal im Jahr vorlegt – und die Autokäufern auch eine Hilfe bei der Wahl des nächsten Wagens sein soll. Dabei ist der ADAC selbst Partner etlicher Autobauer und bietet diesen Pannenhilfe im Rahmen von Mobilitätsgarantien. Diese Pannen fließen, wie der Club schreibt, nicht in die Pannenstatistik ein. Kritik an diesem Verfahren gab es bereits früher. Der ADAC wies stets zurück, dass dieses Vorgehen die Statistik verfälsche. „Dieser Einfluss kann verneint werden, denn mittlerweile bieten alle Automarken Mobilitätsgarantien an.“ Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht das anders. Es gebe Verflechtungen, die mit der Unabhängigkeit einer Testorganisation nichts zu tun hätten – und abgeschafft gehörten.

Im Zuge der Affäre geraten auch die Steuerzahlungen des Autoclubs in den Fokus. Nach Angaben des ADAC muss der Verein nur zehn Prozent Umsatzsteuer auf die Beiträge zur Basismitgliedschaft bezahlen. Allerdings falle für die sogenannte Plus-Mitgliedschaft die volle Versicherungssteuer von 19 Prozent an. Insgesamt bezifferte der ADAC seine Steuerlast für die Mitgliederbeiträge auf rund 67 Millionen Euro. Die Unternehmen des ADAC würden unabhängig davon allerdings wie normale Firmen besteuert.

Bislang sind nur wenige Mitglieder des ADAC ausgetreten. „Befürchtet wurde eine große Ausstiegswelle“, sagte der württembergische ADAC-Pressesprecher Reimund Elbe unserer Zeitung. „Die Mehrheit unterscheidet zwischen dem Dienstleistungsangebot und dem, was in München passiert ist.“ Unterdessen hat der Autoclub Europa (ACE) in Stuttgart sein Telefon-Team aufgestockt. „Wer freie Kapazitäten hat, springt dort ein“, sagt ACE-Sprecher Rainer Hillgärtner unserer Zeitung. Seit dem ADAC-Skandal glühen die Leitungen. „Während sonst 70 Prozent der Anrufer durchkommen, sind es derzeit nur elf Prozent.“