Weltraumschrott umrundet die Erde Foto: dpa

Satellit Rosat wird auf Erde zerschellen - Schrottstücke könnten auch Deutschland treffen.

Berlin - Der Countdown läuft: Voraussichtlich im November wird der deutsche Forschungssatellit Rosat, der seit 1990 im All kreist, abstürzen. Klar ist, dass Rosat nicht komplett verglühen wird, sondern einzelne Trümmerteile auf die Erde fallen. Die Forscher rechnen damit, dass vor allem von einem Ceranspiegel einiges übrig bleibt. Die zu Boden gehenden Schrottstücke könnte bis zu 1,6Tonnen wiegen.

Da der Großteil der Erdoberfläche mit Wasser bedeckt ist, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Rosat-Reste im Meer versinken, ohne dass jemand etwas davon mitbekommt. Es kann allerdings auch sein, dass Trümmerteile Land treffen. Sie könnten sogar in Deutschland heruntergehen, denn die Flugbahn von Rosat führt auch über deutsches Gebiet. Nur das nördliche Niedersachsen, Hamburg, Teile von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sind ausgenommen.

Der Aufprall hätte verheerende Folgen

Natürlich kann nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, dass die Trümmerteile auf bewohnte Gebiete fallen. Experten vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) beruhigen aber: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch weltweit getroffen wird, liegt bei 1 zu 2000. Und die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mensch in Deutschland zu Schaden kommt, beträgt gerade noch 1 zu 700.000. Nur zum Vergleich: Die Chance bei 6 aus 49 den Lottojackpot zu knacken, beträgt 1 zu 139.838.160. Die Chance eines Lottospielers, in der Gewinnklasse zwei vier Richtige zu tippen, wird mit 1 zu 1083 angegeben.

Klar ist, dass der Aufprall verheerende Folgen hätte: Experten schätzen, dass die Trümmerteile mit einer Geschwindigkeit von 450 km/h auf die Erde stürzen. Da Rosat ein deutscher Satellit ist, steht aber auch fest: Falls es zu Sach- oder Personenschäden kommen sollte, müsste der deutsche Staat im Rahmen des Weltraumrechts dafür haften. Obwohl sich die Bundesregierung seit Monaten mit dem bevorstehenden Rosat-Absturz beschäftigt und Notfallpläne bereit hält, hält sich die Nervosität aber in überschaubaren Grenzen.

Für Deutschland ist es das erste Mal überhaupt, dass ein eigener Satellit jetzt unkontrolliert niedergehen wird. Die Mission war vor 13 Jahren beendet worden, weil ein wichtiges Bauteil kaputtgegangen war: Am 25. April 1998 fiel der primäre Sternsensor des Röntgenteleskops aus; die daraus resultierende Fehlausrichtung führte zur Überhitzung durch die Sonnenstrahlung.

Die Flugbahn wird ständig kontrolliert

Im Februar 1999 wurde der Satellit dann endgültig abgeschaltet, seitdem ist er ungesteuert unterwegs. Der künstliche Trabant, der zunächst in einem Orbit in 580 Kilometer Höhe über der Erde kreiste, kommt nun aufgrund der Reibung in der Atmosphäre in immer tiefere Luftschichten. Die Möglichkeit, ihn kontrolliert ins Meer stürzen zu lassen, besteht nicht mehr. Rosat sollte ursprünglich mit dem Space Shuttle ins All und auch wieder zur Erde zurücktransportiert werden. Nach dem Absturz der Challenger 1986 wurde diese Planung zugunsten einer konventionellen Rakete geändert. Gebaut wurde der Satellit unter der Systemführung von Dornier in Friedrichshafen.

Die Flugbahn von Rosat wird ständig kontrolliert, derzeit berechnen Experten vom Europäischen Raumflugkontrollzentrum (Esoc) in Darmstadt alle 14 Tage, wann und wo der Satellit niedergehen könnte. Je näher der Zeitpunkt des Absturzes rückt, desto kürzer werden die Untersuchungsintervalle. Demnächst werden die Berechnungen täglich vorgenommen.

Weltraumschrott stürzt regelmäßig auf die Erde

Der Absturz von Rosat wird in Deutschland für Schlagzeilen sorgen. Gleichwohl ist ein solches Ereignis nicht ungewöhnlich. Weltraumschrott stürzt regelmäßig auf die Erde, im Schnitt 60 bis 90 Tonnen jährlich, doch bislang ist noch nie etwas passiert. Die meisten Trümmerteile sind aber so klein, dass sie in der Atmosphäre verglühen. Von denen, die durchkommen, landen die meisten in den Meeren. DLR-Sprecher Andreas Schütz stellt fest: "Es gibt keinerlei Meldung, dass jemals ein Trümmerteil Sach- oder Personenschäden angerichtet hätte."

Auch der Absturz des 69 Tonnen schweren Skylabs der Nasa verlief glimpflich. Es fiel 1979 auf australisches Niemandsland, ohne größere Schäden anzurichten. Selbst von Meteoriten - deren Gesamtgewicht summiert sich auf bis zu 260 Tonnen jedes Jahr - wurde noch niemals ein Mensch getroffen.

Unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten war Rosat ein großer Erfolg: Zunächst sollte der künstliche Trabant nur 18 Monate in Betrieb sein, wegen des großen wissenschaftlichen Nutzens aber wurde die Mission immer wieder verlängert. Herzstück war ein Röntgenteleskop. Man stellte fest, dass fast alle Beobachtungsobjekte wie etwa der Mond, Kometen, Sterne, Neutronensterne und Galaxien Röntgenstrahlen aussenden. Und die Forscher hatten jede Menge Ergebnisse zu verkünden: 7000 Publikationen zeugen vom Erfolg der Mission.