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Der Vorsitzende des Auto Clubs Europa fordert Discounter-Tankstellen an Autobahnen.

Wer Geld sparen muss, geht zum Discounter. Was bei Lebensmittel, Reisen und Kleidern möglich ist, funktioniert beim Spritpreis nicht. Der Vorsitzende des Auto Clubs Europa, Wolfgang Rose, fordert nun: An Autobahnen muss es auch Discounter-Tankstellen geben.

Die Grünen haben in den 1990er Jahren fünf Mark für den Liter Sprit gefordert, jetzt plädiert Bundespräsident Köhler aus Öko-Gründen für eine Verteuerung des Benzinpreises. Der ACE aber heult reflexartig auf und hält solche Signale an den Verbraucher für Teufelszeug. Sind Sie gegen das grüne Wachstum?

Wir heulen weder auf, noch sind wir altem Denken verhaftet. Im Gegenteil: Für uns reichen die Perspektiven der Mobilität weit über Beton und Benzin hinaus. Automobilität wird künftig nur in einem System funktionieren, das alle Verkehrsträger effizient miteinander verknüpft. Da sind wir ganz vorne mit dabei. Wir stimmen dem Bundespräsidenten ausdrücklich zu , wenn er neue Fahrzeug- und Mobilitätskonzepte anmahnt.

Sie fordern eine Benzinpreissenkung. Ist das etwa nicht das Denken von vorgestern?

Falsch. Was wir fordern, ist, dem Preisgebaren der Ölmultis Einhalt zu gebieten. Das Auto bleibt noch für lange Zeit das Verkehrsmittel Nummer eins, deshalb muss es für alle Schichten der Bevölkerung bezahlbar bleiben und darf nicht zum Luxusgut werden. Für viele Pendler ist die Tankfüllung eine Frage der beruflichen Existenz. Sie zu sichern ist eine Grundvoraussetzung, wenn wir die Menschen mitnehmen wollen, wenn es darum geht, soziale Mobilität und eine intakte Umwelt nachhaltig zu organisieren. Dazu gehört, die Pendlerpauschale auf eine neue gesetzliche Grundlage zu stellen. Wir fordern, dass der Chef und sein Mitarbeiter den gleichen Betrag entlastend von der Steuer absetzen können.

Grünes Wachstum kann es aber nur geben, wenn im Rahmen einer ökologischen und ökonomischen Steuerreform der Faktor Arbeit entlastet und der Energieverbrauch stärker belastet wird. Muss der Markt also nicht doch über höhere Steuern reguliert werden?

Das passiert ja schon. Mit der Mineralöl-, Öko- und Kfz-Steuer werden die von Horst Köhler verlangten Signale bereits gesetzt, und wir sind dafür, diese Instrumente unter Berücksichtigung sozialer Erfordernisse weiterzuentwickeln. Leider steht dem die aktuelle Steuerpolitik der schwarz-gelben Koalition entgegen. Wer - wie jüngst geschehen - steuerliche Wohltaten für die eigene Wählerklientel beschließt und Steuersenkungen auf Pump ankündigt, hat die Glaubwürdigkeit verspielt, die man braucht, um eine seriöse Debatte zu einer ökologischen und ökonomischen Steuerreform zu führen. Im Übrigen habe ich den Bundespräsidenten nicht so verstanden, dass er die Mineralölkonzerne dazu eingeladen hat, weiter hemmungslos an der Preisschraube zu drehen.

Viele Jahre haben freie Tankstellen gezeigt, dass auch bei den Tankstellen ein Preiswettbewerb möglich ist. An Autobahnen aber sind sie nicht vertreten. Hier kassieren die Multis. Sind die Autofahrer diesem Monopol der hohen Preise hilflos ausgeliefert?

Die Politik hat es bisher versäumt, im Interesse der Tankkunden die richtigen Zeichen zu setzen. Wir fordern die Bundesregierung auf, regulierend einzugreifen und Voraussetzungen zu schaffen, damit der Wettbewerb unter den Tankstellen richtig funktioniert. In erster Linie ist hier der Wirtschaftsminister Rainer Brüderle gefordert. Er muss jetzt aktiv werden, damit auch preisgünstige Discounter aus dem Mittelstand und nicht nur teure Markentankstellen Kraftstoffe im Bereich von Autobahnen anbieten können. Wenn man erfolgreich gegen Stromanbieter, Banken und die Telekom mobilmachen kann, so sollte nicht der Mut fehlen, sich auch mit der Ölkonzern-Lobby anzulegen. Brüderle wollte schon als Oppositionspolitiker im Jahr 2007 angesichts hoher Benzinpreise eine Entflechtungsregelung in das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen einführen. Nun ist er Wirtschaftsminister und kann heute seinen Vorschlägen von damals Taten folgen lassen.

Bestimmte Kundengruppen bekommen einen Rabatt auf ihre Tankrechnung gewährt, andere nicht. Ist das mit dem freien Wettbewerb eigentlich noch vereinbar?

Diesen Vorgang haben sich inzwischen die Kartellwächter vor die Brust genommen. Zu entscheiden ist, ob kooperierende Unternehmen mit marktbeherrschender Stellung Kunden in diskriminierender Weise von Vergünstigungen ausschließen dürfen. Hier geht es ums Prinzip. Erfahrungsgemäß sind allerdings die Rabatte schon eingepreist, also pure Augenwischerei. Statt Rabatte bei der überteuerten Markentankstelle zu kassieren, ist es für jeden Tankkunden heute schon allemal billiger, gleich eine der freien Tankstellen anzusteuern.

Wie sieht aus Ihrer Sicht eine umwelt- und sozialverträgliche Mobilität in der Zukunft aus?

Wir sind künftig mehr multimobil unterwegs und wechseln Verkehrsmittel nach Zweckmäßigkeit und Lust. Die starken Autos der Zukunft sind vor allem schwach im Verbrauch. Sie sind effizient, bezahlbar und sicher, und sie gleichen in prekärer Lage durch automatisch gesteuerte Eingriffe die Fehler der Fahrer aus. Autofahren in der Zukunft ist eingebettet in eine humane Verkehrswelt. Sie nimmt Rücksicht auf die Schwachen der Gesellschaft. Alle kommen an, keiner kommt um. Gegen allen depressiven Pessimismus im Lande, ich halte das für eine durchaus realistische Vision.