Die Parteifreunde fordern ein konkretes Programm von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz. Foto: dpa

Autsch, das tat der SPD weh. Nach der krachenden Niederlage an Rhein und Ruhr müsse Kanzlerkandidat Martin Schulz nun endlich ein konkretes Programm vorlegen, fordern Parteifreunde am Montag danach.

Berlin - Die SPD will nach ihrer Wahlschlappe in Nordrhein-Westfalen mit raschen inhaltlichen Vorschlägen in den einzelnen Politikfeldern das Steuer bis zur Bundestagswahl im September herumreißen. „Die Konsequenzen müssen sein, dass wir diesen Begriff soziale Gerechtigkeit, den Begriff Gerechtigkeit insgesamt und den Begriff Zukunftsfähigkeit unseres Landes, dass wir diese Begriffe ausdifferenzieren, dass wir zeigen, was meinen wir damit“, beschrieb SPD-Generalsekretärin Katarina Barley am Montag in ARD-Morgenmagazin“ die Richtung.

Ähnlich äußerte sich SPD-Vize Thorsten Schäfer-Gümbel im Deutschlandfunk. Es sei möglicherweise ein Fehler gewesen, in Nordrhein-Westfalen vornehmlich auf landespolitische Themen zu setzen und dabei nicht ausreichend klar zu machen, was diese für das Kern-Anliegen sozialer Gerechtigkeit bedeuten. Da müsse man nacharbeiten, „deswegen müssen wir konkreter und zugespitzter werden“. Die SPD werde ihre Taktzahl erhöhen und sehr viel zeitnäher ihre inhaltlichen Vorschläge machen. Seine Partei werde „einen Plan für Deutschland vorlegen, in dem wir dokumentieren, wie wir das Land gerechter und zukunftsfähiger machen“. Eine Debatte über den SPD-Kanzlerkandidaten werde es dagegen nicht geben, sagte Schäfer-Gümbel. „Martin Schulz bleibt ganz sicher.“

Nachwuchs fordert inhaltliche Profilierung

Auch der SPD-Nachwuchs fordert eine inhaltliche Profilierung „Wir müssen konkret werden und deutlich machen, was uns abgrenzt von der Union“, sagte die Chefin der Jungsozialisten, Johanna Uekermann, in Berlin. „Wir müssen den Begriff Gerechtigkeit mit Leben füllen.“ Das sei in den vergangenen Wochen zu wenig passiert. „Die Menschen wollen wissen, was wir mit sozialer Gerechtigkeit meinen. Das müssen wir schnell beantworten.“ Uekermann beklagte: „In NRW hat sich gezeigt, dass es die falsche Strategie war, sich mit bundespolitischen Akzenten zurückzuhalten. Die Bundes-SPD und Martin Schulz müssen präsenter werden.“

Nach Einschätzung des Parteienforschers Oskar Niedermayer wird es immer wahrscheinlicher, dass die Union auch aus der Bundestagswahl als Sieger hervorgeht. „Die SPD hat an diesem Abend ihren Super-GAU erlebt“, sagte Niedermayer. „In ihrer Herzkammer zu verlieren und dann auch noch so stark, das ist natürlich ein ganz, ganz dramatischer Schlag auch für die Bundes-SPD.“ Wenn bis zur Bundestagswahl im Herbst „nichts Gravierendes mehr passiert, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Union die Wahl gewinnen wird, also vor der SPD landen wird, sehr hoch“.

Der Ausgang der NRW-Wahl war nach Ansicht des Politologen vor allen Dingen inhaltlich bestimmt – durch landespolitische Themen. „Es lag daran, dass die CDU auf die richtigen Themen gesetzt hat, und das war die Verkehrsproblematik, die Bildungsproblematik und die innere Sicherheit.“ Dagegen habe die SPD mit ihrem Slogan #NRWIR eher eine Art „Wohlfühlwahlkampf“ geführt, der an den Leuten vorbeigegangen sei.

Dass die SPD jetzt ihren Spitzenkandidaten Martin Schulz austauschen wird, erwartet der Parteienforscher nicht. „Das macht man natürlich nicht“, sagte Niedermayer. Aber die SPD werde ihre Strategie überdenken müssen. Das bedeute für Schulz: „Seine inhaltliche Unbestimmtheit, die am Anfang gut war, die fällt ihm immer mehr auf die Füße, weil die Leute jetzt immer mehr sagen: Wir wissen ja gar nicht, wofür er steht.“