Für Verschwörungstheoretiker ist klar: die Mondlandung hat nie stattgefunden. Foto: dpa

Viele Menschen sind in Filterblasen gefangen. Zeit, sie da herauszuholen. Die Frage ist nur wie.

Stuttgart - Im Internet könnte man sich so umfassend wie nie zuvor informieren. Unzählige Fakten und Standpunkte zu jedem erdenklichen Thema sind dort nur wenige Mausklicks entfernt. Doch in Wirklichkeit wollen es viele Nutzer gar nicht so genau wissen. Sie igeln sich lieber in Filterblasen ein – in digitalen Paralleluniversen, deren Bewohner sich gegenseitig in ihrer Meinung bestätigen. Abweichende Äußerungen oder Fakten, die nicht zum Weltbild passen, müssen leider draußen bleiben. Schon länger fragen sich Soziologen und Psychologen, wie man die in solchen Blasen Gefangenen dazu bringen könnte, andere Sichtweisen an sich heranzulassen oder gar eigene Annahmen im Angesicht von Fakten zu hinterfragen. Weil das verdammt schwer ist, können sich im Netz auch noch die abstrusesten Theorien verbreiten. Manche Zeitgenossen sind zum Beispiel überzeugt davon, dass reptilienartige Außerirdische die Welt regieren, die sich als Politiker verkleidet haben.

Keine Lust auf fremde Meinungen

In der Marktwirtschaft gilt es als probates Mittel, Individuen mit materiellen Anreizen zu erwünschten Verhaltensweisen zu animieren. Kann Geld vielleicht auch dabei helfen, die eine oder andere Filterblase zum Platzen zu bringen? Glaubt man einer Studie im „Journal of Experimental Social Psychology“, lautet die Antwort Nein. Forscher der Universitäten von Illinois und Winnipeg boten Versuchskandidaten eine Belohnung von zehn Dollar, wenn diese sich bereit erklärten, eine Liste mit Argumenten durchzulesen, die ihrer Meinung widersprachen. Dabei ging es um kontrovers diskutierte, aktuelle Themen wie Klimawandel, Waffen, Abtreibung oder gleichgeschlechtliche Ehen. Ergebnis: Zwei von drei Studienteilnehmern weigerten sich, Aussagen, die sich nicht mit ihrer eigenen Meinung deckten, auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Und das, obwohl ihnen dadurch die versprochene Belohnung von zehn Dollar entging.

Aus der Psychologie ist schon lange bekannt, dass wir gerne Informationen ignorieren, die im Widerspruch zu unserer eigenen Weltanschauung stehen. Stattdessen suchen wir nach Belegen für unsere eigene Meinung, umgeben uns mit Gleichgesinnten oder konsumieren Medien, in denen wir das lesen können, was wir ohnehin schon immer wussten. Sich mit Menschen auseinandersetzen zu müssen, die anderer Meinung sind, kann ja auch ziemlich unangenehm sein. So berichteten Teilnehmer der genannten Studie, dass ihnen die Beschäftigung mit gegnerischen Argumenten etwa so viel Freude bereitet wie das Hantieren mit vollen Müllsäcken oder 20-minütiges Anstehen in einer Schlange.

Wer argumentiert verliert

Etliche Untersuchungen haben gezeigt, dass es meist nicht möglich ist, die Anhänger einer bestimmten Meinung mit noch so brillant vorgetragenen Gegenargumenten umzustimmen oder zum Nachdenken über die eigene Position zu bringen – im Gegenteil: Sie werden in ihrer Haltung sogar noch bestärkt. Wer argumentiert, verliert. Statt Andersdenkende vollzulabern, sollte man ihnen Gelegenheit geben, ihren eigenen Standpunkt und seine Konsequenzen bis ins letzte Detail zu erklären, empfehlen Experten. Dabei verwickeln sie sich leicht in Widersprüche und revidieren möglicherweise ihre Meinung.

Mit dieser Technik bringt man vielleicht sogar manche Anhänger aberwitziger Verschwörungstheorien ins Grübeln – und zu der Einsicht, dass unsere Politiker höchstwahrscheinlich doch keine verkleideten außerirdischen Reptilien sind. Sie sind natürlich Menschen aus Fleisch und Blut. Was noch lange nicht heißt, dass mit ihnen alles in Ordnung ist. Erinnern Sie sich an die Zitterattacken, von denen die Bundeskanzlerin diesen Sommer heimgesucht wurde? Die sind Kennern der Materie zufolge ein klarer Beleg dafür, dass die Fernsteuerung, mit der Angela Merkel von dunklen Mächten gelenkt wird, kurzzeitig versagt hat. Aber das darf nie jemand erfahren.