Enttäuschung bei Marine Le Pen. Die Chefin des rechtsextremen Rassemblement National muss einen Rückschlag auf ihrem erhofften Weg ins französische Präsidentenamt einstecken. Foto: AFP/GEOFFROY VAN DER HASSELT

Die Abstimmung in Frankreich gilt als Stimmungstest vor der Präsidentenwahl, wird aber überschattet von einer sehr hohen Wahlenthaltung.

Paris - Frankreich bewegt sich politisch nach rechts. Die konservativen Kräfte sind die Sieger bei den Regionalwahlen in Frankreich. Nicht profitieren konnten aber die extremen Kräfte. Dem rechtsextremen Rassemblement National (RN) gelang es entgegen vieler Prognosen nicht, eine der 18 Regionen für sich gewinnen. Die Abstimmung gilt auch als Stimmungstest für die Präsidentenwahl in zehn Monaten, Favoriten sind dafür Staatschef Emmanuel Macron und die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Für die Chefin des Rassemblement National ist der Ausgang deshalb ein herber Rückschlag. Aber auch Macron geht deutlich geschwächt in den anstehenden Wahlkampf. Seine Partei La République en Marche landete in allen Regionen weit abgeschlagen. „Diese Ergebnisse sind eine Enttäuschung für die Mehrheit des Präsidenten“, räumte der Parteivorsitzende Stanislas Guerini ein.

Eine katastrophal niedere Wahlbeteiligung

Größter Verlierer der Wahl ist allerdings die Wahlbeteiligung. Schon in der ersten Runde vor einer Woche haben Zweidrittel der Franzosen ihre Stimme nicht abgegeben. Auch im entscheidenden zweiten Durchgang war die Beteiligung nur unmerklich höher. In den vergangenen Tagen versuchten die Politiker ihre Landsleute eindringlich von der Wichtigkeit der Abstimmung zu überzeugen – offensichtlich vergeblich. Allerdings machten zwei konservative Politiker nach ihrer deutlichen Wiederwahl als Regionalpräsidenten deutlich, dass für sie selbst diese Abstimmung allenfalls eine Zwischenstation gewesen ist. Xavier Bertrand (Hauts-de-France) und Laurent Wauquiez (Auvergne-Rhône-Alpes), beides mögliche konservative Kandidaten für das Präsidentenamt, nutzen ihren Dank an die Wähler als unverhohlene Bewerbungsrede für höhere Aufgaben in Paris. Kritiker sahen in diesem Moment die Annahme bestätig, dass es Politikern nicht um den Wählerwillen, sondern allein um den eigenen Vorteil im Machtspiel der Parteien gehe.

Eine enttäusche Rechtspopulistin

Marine Le Pen war die Enttäuschung deutlich anzusehen. In den Umfragen vor der Abstimmung wurde dem rechtsextremen Rassemblement National noch zugetraut, fast die Hälfte der Regionen zu gewinnen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen. Schwer wiegt die Niederlage in der besonders umkämpften Region Provence-Alpes-Côte-d’Azur im Süden Frankreichs, wo ihr Kandidat Thierry Mariani vor der entscheidenden zweiten Abstimmung noch in Führung lag. Am Ende kam er allerdings auf nur gut 42 Prozent. Der bürgerlich-konservative Bewerber Renaud Muselier erreichte demnach mehr als 57 Prozent. Die beiden Politiker waren in der Endrunde die einzigen verbliebenen Kandidaten. Das Ergebnis überdeckt allerdings die Tatsache, dass der Rassemblement National in praktisch allen Regionen die zweitstärkste Kraft stellt und fest im politischen Gefüge Frankreichs verankert ist.

Marine Le Pen fürchtet um ihre Macht

Marine Le Pen selbst sieht sich als Opfer, da die Regierung nicht in der Lage gewesen sei, einen reibungslosen Ablauf der Wahlen zu organisieren. Tatsächlich hatte es in der ersten Runde einige Pannen gegeben. Allerdings war es der Parteichefin auch nicht gelungen, ihre Unterstützer für den Gang an die Urnen zu motivieren. Der Rassemblement National war der große Leidtragende angesichts der niederen Wahlbeteiligung, da ihre Anhänger in der Vergangenheit sehr treue Wähler waren. Aus diesem Grund muss sich die Rechtspopulistin auf dem anstehenden Parteitag Anfang Juli einige unangenehme Fragen gefallen lassen. Vor allem ihr Kurs, dem RN einen bürgerlichen Anstrich zu geben und so für breitere Schichten wählbar zu machen, scheint unerwartete Auswirkungen zu haben. Auf dem anstehenden Parteitag wollte sich Marine Le Pen eigentlich zur Präsidentschaftskandidatin küren lassen. Nach der herben Niederlage bei den Regionalwahlen gilt aber inzwischen sogar ihr Sturz als möglich.