Die Mauern unterhalb des Kelterplatzes bleiben: An dieser Stelle hätte der geplante Gehweg Platz gefunden. Foto: factum/Archiv

Der Kelterplatz wird auf Beschluss des Gemeinderats saniert – ein neuer Gehweg an der Weilimdorfer Straße aber nicht gebaut. Bürgermeister Georg Brenner und die Verwaltung unterlagen mit ihrem behindertenfreundlichen Vorschlag.

Gerlingen - Drei Stimmen für den Antrag der Verwaltung, zwei Enthaltungen und 14 Gegenstimmen: der Bürgermeister Georg Brenner und das Gerlinger Stadtbauamt mussten im Gemeinderat eine Niederlage einstecken. Damit war ihr Vorschlag abgelehnt, parallel mit der Sanierung des Kelterplatzes eine Gehweg-Verbindung von der Innenstadt zum Römerareal zu schaffen, die auch für Menschen mit Bewegungseinschränkung problemlos gewesen wäre. Bisher geht das nur mit zweimaligem Queren der Weilimdorfer Straße. Brenner verhehlte sein Unverständnis über diese Entscheidung nicht. Die Sache wird den Technischen Ausschuss (TA) teils nochmals beschäftigen: Denn die Stadträte akzeptierten nicht, dass der Granitbelag für den Kelterplatz aus China kommt. Ein Stein aus Europa kostet aber 67 000 Euro mehr. Der neue Gehweg hätte indes 75 000 Euro gekostet.

Der Ursprungsgedanke für die Sanierung des Kelterplatzes war, Stolperfallen zu beseitigen. Denn etliche ältere Menschen sind schon gestürzt. Viele Fußgänger nutzen den Platz, um zum Einkauf, zur Petruskirche, auf den Friedhof oder ins Gemeindezentrum zu kommen. Seit etwa anderthalb Jahren wurde die Sanierung mit immer neuen Varianten geplant. Dabei brachte die Verwaltung den Gehweg mit ein. Dieser ist, als Rampe bezeichnet, vom TA im Mai 2015 beschlossen worden. Vor drei Wochen, als Brenner mit dem Argument Barrierefreiheit dafür warb, drehte sich die Stimmung, und eine Ablehnung zeichnete sich ab. Daraufhin verwies der Bürgermeister das Thema an den Gemeinderat.

Mehr als ein Dutzend Argumente

Brenner führte am Mittwoch nochmals gut ein Dutzend Argumente an: Das Wichtigste war ihm die barrierefreie Verbindung für alle von der Innenstadt zum Einkaufs- und Dienstleistungsbereich Römerareal – diese entspreche den Verpflichtungen der öffentlichen Hand und einer UN-Konvention. Ohne Barrieren komme man von der Seite des Kelterplatzes nur dorthin, wenn man die viel befahrene Weilimdorfer Straße doppelt quere. Der neue Gehweg trage auch zur Attraktivität und Kundenfreundlichkeit der Innenstadt bei. „Ich bitte Sie, aufgrund aller Argumente, der Veränderung zuzustimmen“, sagte Brenner.

Christian Haag (CDU) begründete die Ablehnung seiner Fraktion und anderer Stadträte. Die Kosten seien nur ein Faktor, „aber nicht der entscheidende“. Saniere man den Platz und baue den neuen Gehweg, „dann werden die Menschen am Platz vorbei, aber nicht über den Platz geführt“. Aus der ursprünglichen Sanierung des Kelterplatzes sei ein Großprojekt gemacht worden, sagte Sebastian Moll. Die SPD werde für den Verwaltungsvorschlag stimmen, „wir sehen nicht so sehr das Problem, dass die Menschen am Platz vorbei geführt werden“. Für die Grünen, so Rolf Schneider, stehe die Verbesserung des Platzes an; die Geschäfte am Römerareal gehörten nicht mehr zur Innenstadt.

„Ich stoße scheinbar nicht auf große Zustimmung“

Dies, so Brenner, „beurteile ich deutlich anders“. Der Gehweg sei eine sichere und einfache Möglichkeit, zum Römerareal zu gelangen; zum Friedhof, zur Kirche und zum Gemeindehaus komme man über den Platz. „Ich stoße scheinbar nicht auf große Zustimmung was ich nicht verstehe.“ Nach der Abstimmungsniederlage sagte der Bürgermeister unserer Zeitung: „Es wäre eine Chance gewesen, eine Verbesserung zu erreichen. Diese Chance ist vertan.“ Aber er werde nun „nicht nachkarten“.

Eine Gruppe von Rollstuhlfahrern um die frühere Rathausmitarbeiterin Barbara Riethmüller ist mit der Entscheidung kontra Gehweg einverstanden. Wichtiger sei es, dass die Pflastersteine und Schlaglöcher verschwänden. Man könne doch mit dem gesparten Geld den Gehweg beim Museum verbessern. Dies werde ihre Fraktion vorschlagen, so Petra Bischoff (Freie Wähler) zu unserer Redaktion. Das Wichtigste sei, dass die Stolperfallen wegkämen.