Fit oder auf Hilfe angewiesen? Esslingen betrachtet die vielen Facetten des Alters. Foto: dpa/Klose

2030 wird in Esslingen jeder vierte Bürger über 65 Jahre sein. Damit verbunden sind große Herausforderungen für die Kommune. Mit zahlreichen Akteuren hat die Stadt nun Handlungsempfehlungen für ein „gutes Alter in Esslingen“ zusammengetragen.

Im Jahr 2030 wird in Esslingen voraussichtlich jeder Vierte über 65 Jahre alt sein. Für die Kommune bringt das große Herausforderungen mit sich, denn vor allem der Pflege- und Unterstützungsbedarf dürfte weiter steigen. Allein der Ausbau der ambulanten Pflegekapazitäten und stationären Pflegeplätze werde eine Herkulesaufgabe, die nur gemeinsam mit den Trägern geleistet werden könne, heißt es bei der Stadt.

Um sich für die großen Aufgaben zu wappnen, hat der Sozialausschuss die Verwaltung im Frühjahr 2021 mit einer „Kommunalen Planung für Seniorinnen und Senioren bis 2030“ beauftragt. Jetzt liegt unter dem Titel „Ein gutes Alter in Esslingen“ der Abschlussbericht vor. Es gibt ihn in Kurzfassung, die stolze 70 Seiten umfasst und auch als Broschüre gedruckt ist, sowie in einer mehr als doppelt so langen Version. Beide sind auf der Homepage der Stadt abrufbar.

In dem Bericht geht es um viel mehr als Pflege und Hilfe. „Das Alter ist bunt“, sagt Renate Fischer, die Abteilungsleiterin Inklusion, Jugend und Senioren. Viele Ältere seien fit und erlebten eine aktive Phase. Diese Vielfalt spiegelt sich auch bei den Akteuren und Zielgruppen für die Planung wider. So wurden über 100 Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Verbänden, Pflegeeinrichtungen, Vereinen, Kirchen, bürgerschaftlichem Engagement, dem Stadtseniorenrat und die Betroffene selbst beteiligt.

„Das Alter ist bunt“

Es gab neben Stadtteilrundgängen insgesamt 16 Fachgespräche mit diesen Expertinnen und Experten zu Themen wie Mobilität, Infrastruktur, Wohnen, Pflege oder Beratung. Zu elf Feldern liefert der Bericht eine Analyse der Ist-Situation und den angestrebten Zielen. Letztere orientieren sich alle an dem Leitbild für ein altersfreundliches Esslingen, das zuvor in einem Workshop entwickelt wurde. Die Planung wurde durch einen Lenkungskreis begleitet, in dem auch die Gemeinderatsfraktionen und Bürgerausschüsse vertreten waren. „An dem Bericht sind praktisch alle beteiligt, die etwas mit Älteren zu tun haben“, sagt Sozialamtsleiter Marius Osswald. Das sei seine Stärke und hebe ihn von früheren Altenhilfeplänen und denen anderer Kommunen ab.

Der Bericht liefert 171 Handlungsempfehlungen, wie die Ziele und in welchem Zeithorizont sie erreicht werden sollen. Bewusst sei nicht von „Maßnahmen“ die Rede, betont Renate Fischer. Denn in der konkreten Umsetzung haben die städtischen Ämter mit den Beteiligten eigene Optionen. „Es wird Situationen geben, in denen man wegen fehlender Ressourcen etwas nicht oder noch nicht tun kann“, sagt Marius Osswald. Der Bericht sei aber eine wichtige Richtschnur. Allein stemmen könne die Stadt dies ohnehin nicht. „Gutes Altwerden ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, betont Sozialbürgermeister Yalcin Bayraktar. Gefragt seien auch andere Netzwerke wie etwa Nachbarschaftshilfe oder Vereine.

200 Pflegeplätze bist 2030

Mehr Barrierefreiheit oder mehr seniorengerechte Wohnformen und eine gute Nahversorgung im Stadtteil sind nur einige wenige Beispiele, die Osswald schlaglichtartig als Beispiele aufführt, wo es Handlungsbedarf gibt. Auch die Senioren selbst seien gefragt, man wolle sie etwa zu ehrenamtlichem Engagement motivieren. Wichtig sei künftig zudem mehr Aufklärung. „Viele informieren sich erst, wenn sie bereits pflegebedürftig sind“, sagt Osswald aus Erfahrung. Das sei viel zu spät.

Wichtig sei auch die Entlastung pflegender Angehöriger, ohne die das Pflegesystem kollabieren würde. Zudem sollen rund 200 Pflegeplätze bis 2030 geschaffen werden. Künftig werden bei allen Einrichtungen jährlich die Kapazitäten abgefragt. Daraus soll sich eine Langzeitanalyse der Esslinger Pflegesituation entwickeln. Personal zu finden, dürfte besonders herausfordernd werden.