Sabina Pal (links) und Nele Offner, die beiden Gründerinnen des Modelabels Pal Offner. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Das Stuttgarter Modelabel Pal Offner schließt nach elf Jahren seine Türen. Warum die Gründerinnen aufhören und Profitdenken nicht an erster Stelle steht.

Sabina Pal und Nele Offner, die beiden Gründerinnen des Stuttgarter Modelabels Pal Offner geben auf. Die Herbst-/Winterkollektion war die letzte des kleinen Unternehmens, das die beiden vor elf Jahren gegründet haben. Jetzt ziehen die Frauen einen Schlussstrich und planen ein großes Abschiedsevent.

 

„Wir schließen unser Modelabel nicht, weil wir keine Ideen mehr haben, sondern weil wir so nicht mehr wollen“, sind sich die beiden Frauen einig, die viel Herzblut und Kreativität ins Unternehmen gesteckt haben. Mit ihren Designs bedienen sie nicht den Mainstream-Geschmack, sondern haben sich mit Avantgarde Unisex-Mode, vorwiegend in Schwarz, in einer Nische etabliert und sind international in Boutiquen in New York, Toronto, Oslo, Shanghai oder etwa Auckland zu finden. Eigentlich eine Erfolgsgeschichte, denn die Mode aus Stuttgart stößt auf viel Interesse. Das Produkt scheint zu passen, nur der Preis oft nicht.

„Don’t kill small brands“

„Wieso kostet eine schlichte schwarze Jacke 554 Euro. Ihr habt sie doch nicht mehr alle!“, zitiert Sabina Pal einen Kommentar in den sozialen Medien. Sicher, viele können sich Mode in diesem Preissegment nicht leisten. Wer glaubt, dass sich die beiden Frauen mit hohen Preisen üppig die Taschen füllen, liegt aber falsch. Im vergangenen Jahr machte das Unternehmen Verluste, 2023 wurden noch rund 40 000 Euro Gewinn ausgewiesen – und das auch nur, weil man keine marktgerechten Gehälter zahle und nur ein kleines Team sei, sagt Pal. Die ersten Jahre haben die zwei 40-Jährigen, beides zweifache Mütter, alles zu zweit gestemmt, später im vierköpfigen Team mit ein bis zwei Praktikantinnen.

Ihre Entscheidung aufzuhören nehmen Sabina Pal und Nele Offner zum Anlass, Einblicke in die Branche, das schnelllebige Geschäft mit Mode und ihr Unternehmen zu geben und verbinden dies gleichzeitig mit einem Appell, kleine Marken und unabhängige kreative Unternehmen zu unterstützen. „Don’t kill small brands“, haben sie auch in den sozialen Medien gepostet – und bekommen viel positive Rückmeldung.

Im Wettbewerb mit Massenanbietern

Lamentieren ist ihre Sache nicht. „Wenn ein Business es erfordert, dauerhaft 24/7 für ein unterdurchschnittliches Gehalt zu arbeiten, dann stimmt entweder etwas mit dem Geschäftsmodell nicht oder es gibt ein strukturelles Problem“, sagt Pal. Alles stehe und falle mit der Stückzahl und der Art und Weise, wie und wo man produziere. Kleine Labels hätten es schwer im Wettbewerb mit Massenanbietern – angefangen von Kostenaufschlägen bis zur Umverteilung hoher Entwicklungskosten auf wenige Teile.

Bei Pal und Offner steht nicht Profitdenken an erster Stelle, ihnen geht es auch um ideelle Werte. „Wie nachhaltig ist die Kleidung, wie fair wird sie produziert, wie viel wird weggeworfen, warum will man so unglaublich viel produzieren?“, nennt Nele Offner Beispiele. Fast Fashion – schnelllebige Mode, die kostengünstig produziert und zu günstigen Preisen verkauft wird – auf diesen Trend wollten die beiden nicht setzen.

Mode von Pal Offner wird in Handarbeit genäht. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Ihr Weg steht nach ihrer Aussage für Werte und eine Vision, die Modebranche nachhaltig zu verändern und einen Dialog zu starten und so möglicherweise den Weg für andere unabhängige Labels ein wenig zu ebnen. Als Verbraucherschelte wollen sie das aber nicht verstanden wissen.

Bei Pal Offner gibt es zwei Kollektionen im Jahr mit rund 40 Teilen. Genäht werden die Kleidungsstücke in kleinen inhabergeführten Betrieben in Europa – wegen der geringen Mengen in Handarbeit. Entsprechend hoch sind die Kosten. Die Entwicklung eines Schnittes etwa kostet rund 360 Euro, das Nähen der Musterteile 384 Euro. Dabei werden im Durchschnitt nur etwa 30 Stück pro Design produziert. Hinzu kommen auf den Meterpreis Mindermengenzuschläge von 30 Prozent für den Stoff, rechnen die Frauen unter anderem vor. Die betrieblichen Kosten, die bei kleinen Stückzahlen deutlich zu Buche schlagen, beziffern Pal und Offner auf mehr als 355 000 Euro – das reicht von Raum- und Personalkosten über Messekosten, Fotoshootings ober beispielsweise Zollgebühren.

Geringe Margen im Geschäft mit Händlern

Je nach Absatzkanal und Rabattierung bleibt unterm Strich wenig, am meisten im Direktverkauf übers Internet. Bei einem Teil mit einem Verkaufspreis von 425 Euro bleiben im Onlinehandel 197 Euro (46 Prozent) als Gewinn vor Steuern, rechnen sie vor. Doch oft werden im Direktverkauf noch Rabatte von 30 bis 50 Prozent gewährt, was den Gewinn vor Steuern auf 90 beziehungsweise 19 Euro drückt. Im Händlergeschäft, das den Großteil bei Pal Offner ausmacht, waren die Margen deutlich geringer, zuletzt legte man drauf.

2025 sehen die beiden Unternehmerinnen keine Besserung. Inflation, steigende Produktionskosten, anhaltende politisch-wirtschaftliche Unsicherheiten dämpften die Kauflaune, sagt Offner. Und wie steht es mit Zukunftsplänen? „Wir haben ein Unternehmen aufgebaut, geführt und uns viele Kompetenzen erworben“, sagt Sabina Pal. „Jetzt heißt es erst mal Gas rausnehmen und abbiegen von der Autobahn“, sagt Nele Offner. Beide schauen trotz ihrer Entscheidung, das Modelabel zu schließen, zuversichtlich nach vorn. „Wir sind stolz, das alles mit einem so kleinen Team gestemmt zu haben.“

Mit einem Abschluss-Event wollen die beiden Firmeninhaberinnen das Ende ihrer elfjährigen unternehmerischen Reise feiern: Vom 21. bis 23 November mit einem Pop-Up Event am Label-Standort Stuttgart in der Tübinger Straße 71 – inklusive Fashion Show und Abverkauf.