Landrat Dietmar Allgaier überreichte Bürgermeisterin Birgit Hannemann die offizielle Abschiedsurkunde mit Abstand. Foto: Werner Kuhnle

Bürgermeisterin Birgit Hannemann wurde im Rahmen einer Sitzung des Gemeinderats verabschiedet.

Erdmannhausen - Wenn ein Bürgermeister aus dem Amt verabschiedet wird, so geht das meist mit einer Feier und vielen Gästen einher. Doch in Zeiten von Corona gibt es kein „normalerweise“ mehr. Und so war die Verabschiedung von Birgit Hannemann im Kreis der Gemeinderäte am Donnerstag der finale Tagespunkt ihrer letzten Gemeinderatssitzung.

„Der Unterschied zwischen Reden zur Verabschiedung und Grabreden ist der, dass der Betroffene noch stehen muss“, erklärte Birgit Hannemann zunächst mit einem Schmunzeln vom Rednerpult vor der Bühne in der Halle auf der Schray aus. Das Gremium war dorthin umgesiedelt, um den Abstand von 1,50 Meter einhalten zu können. Doch auch auf Distanz und ohne Handschlag kann so ein Abschied nahegehen. Und so kämpfte Hannemann auch immer wieder gegen Tränen, etwa als sie ihrem Team im Rathaus für die Loyalität dankte: „Ich wünschte einfach, ich könnte euch alle an meine neue Stelle mitnehmen.“ Sie startet ab dem 1. Juni als Geschäftsführerin beim Verein Zukunft Familie.

Dem Nachfolger Markus Kohler hinterlässt sie dabei ein „bestelltes Feld“, wie es die Bürgermeister-Stellvertreterin und Rätin Vanessa Gruber (CDU) bestätigte. Ganz besonders sei das auch jetzt in der Krise deutlich geworden, als Hannemann zur „Höchstform“ aufgelaufen sei: „Und das ist gegen Ende einer Amtszeit wirklich keine Selbstverständlichkeit.“ Es sei eine Amtszeit gewesen, in der viele Projekte auf den Weg gebracht oder abgeschlossen worden sind. Gruber erinnerte sich dabei auch an den Wahlkampf der damaligen Birgit Flaig zurück. Den habe die damals 32-Jährige unter den Leitsatz „Mit Engagement für Erdmannhausen“ geführt: „Und das haben Sie wirklich zu 100 Prozent erfüllt.“ Die Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, sei daher wie ein Paukenschlag gewesen.

„Das kam für viele überraschend, die Entscheidung ist aber nachvollziehbar“, stellte auch Landrat Dietmar Allgaier fest. Zentraler Punkt war es dabei gewesen, dass Ehemann und Kinder nicht länger hintenanstehen sollen. Einmal musste die Familie von Birgit Hannemann aber an diesem Abend noch auf sie verzichten – auch sie konnten nicht vor Ort dabei sein. Wichtig war es Dietmar Allgaier daher zu betonen, dass der Entschluss der Bürgermeisterin „keine Entscheidung gegen die Gemeinde war, sondern für die Familie“. Birgit Hannemann werde aber besonders auch im Kreis der Bürgermeister fehlen. Dort hatte er selbst sie kennengelernt, als er noch Rathauschef in Kornwestheim war. Die Meinung der Erdmannhäuserin sei immer gefragt gewesen: „Sie haben sich innerhalb kürzester Zeit in einer männerdominierten Berufswelt Respekt erarbeitet.“ Beim Bürgermeister-Schießen beim Göckelesfest sei sie dann obendrauf auch noch stets die Beste gewesen.

Der Beruf der Bürgermeisterin habe ihr viel Spaß gemacht, insbesondere auch aufgrund der Vielfalt, so Hannemann. Auch den Räten dankte sie noch einmal „für das gute Miteinander, gegenseitigen Respekt und auch für die Tatsache, dass Themenkonflikte nicht zu Konflikten im persönlichen Bereich wurden“. Denn trotz der freundschaftlichen Stimmung und der lustigen Anekdoten aus acht Jahren hat es auch ernste Worte gegeben. Wie Landrat Dietmar Allgaier in seiner Rede auch anmerkte, hat sich in jüngster Zeit das Klima generell verändert: „Es gibt eine gesteigerte Erwartungshaltung und ein Anspruchsdenken an Bürgermeister.“ Der Umgangston sei vor allem im Internet deutlich rauer geworden. Daher nutzte er den Abschied von Birgit Hannemann auch für einen Appell: „Es ist eine Aufgabe der Gesellschaft, dem Trend entgegenzuwirken.“ Die Kandidatensuche werde schwieriger, „mit Markus Kohler ist sie hier vor Ort aber zum Glück gelungen“.

Bevor Trompeter Wolfgang Bauer und Pianist Eberhard Leusner schließlich noch „Time to say goodbye“ anstimmten, richtete auch Birgit Hannemann selbst noch gute Wünsche an ihren Nachfolger: „Einen guten Start, viel Freude, Kraft und gute Nerven für das Amt.“ Dabei ging auch eine Bitte an die Bürger, aus der durchaus die Schattenseiten des Amtes herauszuhören waren: „Geben Sie Ihrem neuen Bürgermeister zunächst die Zeit zum Ankommen.“ Der Start sei durch die Pandemie eh schon nicht ganz einfach. Und: „Gönnen Sie ihm bitte ein bisschen Privatheit. Auch ein Bürgermeister ist ein Privatmensch.“ Normalerweise wäre dann mit Sekt angestoßen worden, stattdessen hatte Birgit Hannemann Tüten mit Sekt und Gebäck gepackt, ehe sie ihre letzte Sitzung mit den Worten schloss: „Passen Sie auf sich und meine Gemeinde auf.“

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