Klaus Zintz gibt sein Test-Pedelec beim Händler Michael Lausterer zurück Foto: Stoppel

Gern gibt unser Testfahrer Klaus Zintz aus Sillenbuch sein Pedelec nicht zurück. Er hat sich im vergangenen Monat arg an das komfortable Radeln gewöhnt. Viele Nachteile fallen ihm folglich am elektrischen Bike nicht auf.

Sillenbuch - Man soll es nicht glauben, wie anstrengend der leichte Anstieg von Sillenbuch zur Ruhbank sein kann. Vor allem wenn man einige Wochen mit dem Pedelec unterwegs war und dann wieder mit dem normalen Drahtesel durch die Gegend strampelt – und das direkt nach dem Mittagessen, wenn der Körper so gar nicht auf das Pedaletreten eingestellt ist. Aber dafür geht es dann auf der Ebene auch ohne elektrische Unterstützung locker voran. Und bei leichtem Bergabfahren ist man mit dem traditionellen Rad sogar schneller, weil das Pedelec jenseits der 25-Stundenkilometer-Grenze bauartbedingt die Unterstützung beendet. Das ist in Ordnung, weil man wegen der Begrenzung mit solchen Bikes auf Fahrradwegen und im Wald fahren darf. Allerdings ist es wenig attraktiv, auf einem Pedelec ohne Unterstützung zu radeln.

Solche Problemchen sind zu verschmerzen

Das ist aber auch schon der einzige wirkliche Nachteil, sieht man von dem etwas umständlichen Ladevorgang bei meinem Testrad ab. Da muss man zum „Tanken“ zunächst die Entriegelung des Akkus am Rad aufschließen, dann den Energiespeicher aus der Halterung nehmen und ihn schließlich an der Steckdose aufladen. Bei anderen Modellen ist dies direkt am Fahrrad möglich. Doch solche Problemchen sind angesichts der Vorteile zu verschmerzen. Die Antriebseinheit von Bosch arbeitet prima mit dem Fahrer zusammen. Und der Motor macht vor allem am Berg und beim Start an der Ampel Freude: Er leistet 250 Watt und sorgt mit einem Drehmoment von 60 Newtonmeter für einen bärenstarken Antritt. Da verlieren selbst steile Berge für einen Normalradler wie mich ihren Schrecken. Im Gegenteil: Es macht richtig Spaß, im Turbomodus etwa von Rohracker nach Alt-Sillenbuch hinaufzudüsen.

Nicht zuletzt weil das Testrad, ein Centurion E-Fire, eine halbhohe Mittelstange hat, fährt es sich sehr stabil. Selbst bei einer Geschwindigkeit von 60 Stundenkilometer den Berg hinab bereitet es keine Probleme. Dank Scheibenbremsen ist die Verzögerung prima, und nachts sorgt helles LED-Licht, das seinen Strom aus einem Nabendynamo erhält, für eine prima Ausleuchtung des Weges. Solche vermeintlichen Nebensächlichkeiten sind im Alltag sehr angenehm, sie heben zusammen mit der leistungsstarken Technik und dem stabilen Rad allerdings auch den Preis schnell über die 3000-Euro-Grenze.

Hinzukommt ein gutes Gefühl

Eine solche Investition will schon gut überlegt sein. Die Erfahrungen aus den Testfahrten und viele Gespräche mit – meist sehr zufriedenen – Pedelecbesitzern zeigen, dass die Bikes bei Alltagsfahrten etwa zur Arbeitsstelle in der Stadt mühelos mit öffentlichen Verkehrsmitteln mithalten können. Und selbst mit dem Auto ist man keineswegs immer schneller am Ziel, vor allem wenn man mit dem Fahrrad Abkürzungen fahren kann. Hinzukommt das gute Gefühl, beim Radeln etwas für den Körper zu tun. Und auch der Seele schadet es nicht, wenn man mit dem Rad im Wald unterwegs ist, statt im Stau zu stehen.

Während laut Umfragen zunehmend auch jüngere Menschen die Vorteile eines Pedelecs für die Fahrt zur Arbeit sehen, schätzen ältere Menschen die elektrische Unterstützung vor allem auch bei Fahrradtouren. Hier hört man immer wieder das Argument, dass man sich ohne E-Bike eigentlich gar nicht aufs Fahrrad setzen würde. Das ist auch gut nachvollziehbar, denn ein Pedelec hat durchaus ein gewisses Suchtpotenzial: Es macht einfach Spaß, damit zu fahren, vor allem wenn es den Berg hinaufgeht. Da werden dann auch Touren interessant, die nicht nur bequem an einem Fluss oder See entlang führen.

Verkehrsteilnehmer rechnen nicht mit schnellen Bikes

Allerdings – und auch das betonen insbesondere die älteren Fahrer – sind die Pedelecs doch schneller als normale Fahrräder. Und weil sie auch schwerer sind, sollte man vor allem auf unbefestigten Wegen vielleicht doch ein bisschen vorsichtiger unterwegs sein. Das empfiehlt sich auch für jüngere Fahrer insbesondere dann, wenn man sich den Fahrradweg mit Fußgängern teilt oder man mit dem Rad den Gehweg mitbenutzen darf. Vor allem bei Bergfahrten rechnen andere Verkehrsteilnehmer zumindest bisher nur begrenzt damit, dass Fahrräder so schnell unterwegs sein können.