Das mit abgelehnten Asylsuchenden besetzte Flugzeug rollt am Donnerstagabend vom Flughafen in München zur Startbahn. Foto: dpa

Wieder hat Deutschland afghanische Flüchtlinge abgeschoben - und wieder sind Menschen aus umkämpften Provinzen dabei. „Die würde nicht einmal die Bundesregierung als sicher betrachten“, kritisiert ein deutscher Experte, der die Ankunft beobachtet hat.

Kabul - Mit einem dritten Sammelflug hat Deutschland erneut afghanische Flüchtlinge in ihre Heimat abgeschoben. Das aus München kommende Flugzeug mit 18 Migranten an Bord erreichte die Hauptstadt Kabul am Donnerstagmorgen. Von den 18 abgelehnten Asylbewerbern waren nach Angaben des bayerischen Innenministeriums fünf aus Bayern, vier aus Baden-Württemberg, vier aus Hessen, zwei aus Hamburg, zwei aus Sachsen-Anhalt und einer aus Rheinland-Pfalz. Alle sind demnach alleinstehende junge Männer. Unter ihnen waren auch Straftäter.

Der deutsche Afghanistan-Experte Thomas Ruttig, der die Ankunft beobachtet hat, sagte, er habe mit mindestens sechs Flüchtlingen aus Provinzen gesprochen, „die auch die Bundesregierung nicht als sicher betrachten würde“. Darunter seien Menschen aus Kundus, Paktia, Chost, Daikundi, Nangarhar und Wardak gewesen. In Deutschland sind die Abschiebungen umstritten. Mehrere Bundesländer lehnen eine Beteiligung an Sammelabschiebungen ab.

Die Ankunft der Flüchtlinge verlief ruhig, aber viele Männer waren wütend. Naim Muradi (25) aus der nordafghanischen Provinz Baghlan, sagte, er habe seit 2010 in Deutschland gelebt. „Ich habe in Stuttgart als Koch gearbeitet“, erzählte er. Aber dann sei er ohne Warnung bei der Arbeit festgenommen und in Handschellen abgeführt worden. Nach zwei Tagen in Abschiebehaft habe die Polizei ihn dann zum Flughafen gebracht. Auf dem Flug hätten ihn gleich drei Polizisten bewacht. „Wie kann die deutsche Regierung mir das antun?“, fragte er.

Vertreter des Flüchtlingsministeriums bekamen erst am Morgen eine Passagierliste

Muradi will nun zu seiner Familie nach Sar-e Pul, eine Provinz, in der es seit Monaten regelmäßig Gefechte zwischen radikalislamischen Taliban und afghanischer Regierung gibt. Ein Vertreter der Internationalen Organisation für Migration (IOM), der den Rückkehrern am Flughafen Unterkunft und Transport anbietet, habe ihm Reisegeld gegeben. „Aber was ich da machen soll - ich weiß es nicht.“

Ein anderer Passagier, Mubares Safdari (24), erzählt, dass seine ganze Familie im Iran lebe. Keiner wisse, dass er abgeschoben worden sei. In den Iran wolle er nicht zurück, aber in seine Heimatprovinz Urusgan im Süden Afghanistans könne er auch nicht gehen. Urusgan zählt zu den am schwersten umkämpften Provinzen.

Der Krieg mit den radikalislamischen Taliban hat sich in den vergangenen zwei Jahren deutlich verschärft. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) argumentiert, dass manche Gegenden ausreichend sicher sein, um Flüchtlinge dorthin zurückzuschicken. Das Flüchtlingswerk der UNHCR in Afghanistan hatte dem Ministerium auf eine Anfrage hin geantwortet, die Sicherheitslage in Afghanistan verschlechtere sich und verändere sich regional zudem ständig. Bei einem „länger zurückliegenden“ negativen Bescheid bestehe deshalb „häufig Anlass, eine neue Ermittlung des Schutzbedarfs vorzunehmen“.

Wie bei den beiden ersten Sammelabschiebungen im Dezember und Januar waren afghanische Behörden bis zum Schluss nicht voll im Bild über die Zahl der Ankömmlinge. Vertreter des Flüchtlingsministeriums bekamen erst am Morgen eine Passagierliste. Die Flughafenpolizei ging noch nach Ankunft des Fluges von 30 Passagieren aus.

Mit den ersten beiden Flügen waren im Dezember und Januar insgesamt 59 Afghanen abgeschoben worden - weit weniger als die mit Afghanistan verabredete Obergrenze von bis zu 50 Passagieren pro Flug.