Jürgen Baumann startet bei der Cape Epic, dem wohl schwersten Mountainbike-Etappenrennen der Welt: Acht Renntage, 608 Kilometer mit Fels, Schotter, Staub und Schmerzen.
Jürgen Baumann steigt vom Mountainbike und lacht. Der steile Anstieg von Auenwald nach Sechselberg hat den 56-jährigen Backnanger bei seiner Trainingsrunde nicht wirklich ins Schwitzen gebracht. Ein gutes Zeichen. Die Form stimmt. Das sollte sie auch. Denn bereits am Sonntag startet der Berufsförster und Hobbyradfahrer bei der legendären „Absa Cape Epic“ – dem wohl schwersten Mountainbike-Etappenrennen der Welt: acht Tage, 608 Kilometer mit 16 500 Höhenmetern in der südafrikanischen Bergwildnis. Auf Felsen, Schotter und staubigen Pisten, schier endlose Anstiege und technisch hoch anspruchsvolle Abfahrten. Da kommen selbst Profis an ihre Grenzen, von Amateuren ganz zu schweigen. Jürgen Baumann freut sich. „Das wird geil! Es ist die Tour de France der Mountainbiker, da mitfahren zu dürfen, ist eine einzigartige Gelegenheit.“
Intensives Training: Baumanns Weg zur Cape-Epic-Herausforderung
Wie gut er mithalten kann, wird sich zeigen. Fleißig trainiert hat Baumann jedenfalls. Sport macht er schon immer. Erst Fußball, dann Laufen, jetzt Radfahren. Seit Dezember ist er hart im Training, sitzt jede freie Minute im Sattel, macht Strecke und möglichst viele Höhenmeter. Geeignete Anstiege bietet der Schwäbische Wald vor seiner Haustüre mehr als genug. „Wie oft ich den Berg von Aspach zum Warthof hoch geradelt bin, weiß ich schon gar nicht mehr“, sagt Baumann. Hoffentlich wissen es seine Beine noch, wenn er in der kommenden Woche am Cap der guten Hoffnung in die Pedale tritt. Der Startschuss fällt am Sonntag, 16. März. Zielankunft ist am 23. März – wenn es läuft, wie geplant.
Das „Absa Cape Epic“ gibt es seit 2004. Das Etappenrennen für Mountainbiker führt jährlich im März durch die rauen Gebirgslandschaften des Westkaps. Rund 650 Profi- und Amateurteams gehen an den Start. Letztere brauchen neben dem Startgeld von rund 4000 Dollar auf jeden Fall auch eine Menge Losglück. Weil mehr Amateure dabei sein wollen, als Startplätze zur Verfügung stehen, werden die meisten der Tickets vorab bei einer Lotterie verlost. Baumanns Freund Jörg Balle, der aus Oberweissach stammt und mittlerweile in Berlin wohnt, hatte sich – zunächst ohne Baumanns Wissen – um Tickets bemüht, dann tatsächlich gewonnen und sich und seinen Sportkameraden angemeldet. „Das war eine echte Überraschung“, sagt Baumann.
Teamgeist und Taktik: Gemeinsam zum Ziel bei der Cape Epic
Ungewöhnlich ist bei der Tour das Team-Format: Gestartet wird in Zweierteams, wobei beide Fahrer stets innerhalb von zwei Minuten zusammenbleiben müssen. Gewertet wird die Zeit des langsameren Fahrers – man kommt nur gemeinsam ins Ziel. Dieses Format erfordert nicht nur Kondition, sondern auch perfekte Abstimmung und Teamgeist. Dass Baumann und Balle nicht um den Sieg, sondern auf „Ankommen“ fahren, ist ihnen bewusst. „Es gibt bei jeder Etappe ein bestimmtes Zeitlimit, das jeder Fahrer erreichen muss, sonst fliegt er aus der Wertung – darf aber am nächsten Tag außer Konkurrenz weiterfahren“, erklärt Baumann. Verfehlt er die Zeit dann ein zweites Mal, ist die Tour für ihn ganz beendet. „Ich bin aber zuversichtlich, dass wir die Zeiten einhalten – wir sind beide fit.“
Mentale Stärke: Der Schlüssel zur Herausforderung Cape Epic
Doch die Cape Epic fordert nicht nur Kondition und Kraft – sie ist ein Rennen des Kopfes. Stundenlange Anstiege, schmerzende Muskeln und Erschöpfung, die an der Willenskraft nagt. Baumann weiß, wie es ist, sich durchzubeißen. Das hat er schon einmal bewiesen – zu Fuß, auf glühendem Wüstensand, unter einer erbarmungslosen Sonne. 2015, bei den „100 Kilometern del Sahara“, kämpfte er sich bei einem Extrem-Laufwettbewerb durch die endlosen Dünen von Lompoul im Senegal. Hitze, Wind, Staub – und immer wieder Sand in den Schuhen.
„Am zweiten Tag hatte ich blutige Blasen an den Füßen, unter denen sich schon wieder neue gebildet hatten – jeder Schritt ein Stich“, erzählt Baumann und lacht: „No pain, no gain!“ Das Durchhalten zahlte sich aus: Am Ende erreichte er als Gesamtsieger das Ziel – mit fast einer Stunde Vorsprung auf das restliche Feld. „Da war ich einfach nur überwältigt vor Erleichterung.“
Die Faszination der Herausforderung: Natur und Selbstfindung
Warum tut man sich das an? „Ich liebe Herausforderungen und die Natur“, sagt Baumann. Die Wüste, die Weite und die Kargheit hätten ihn schon immer fasziniert. „Beim Laufen komme ich ganz bei mir an, da fühle ich mich geerdet.“Jetzt, zehn Jahre später, stellt er sich einer neuen Herausforderung – diesmal auf dem Mountainbike und an der Seite von Jörg Balle, der selbst bereits mehrere Wüstenläufe und schon dreimal den Backnanger Silvesterlauf gewonnen hat. Beide sind erfahrene Extremsportler und wissen, dass mentale Stärke mindestens genauso entscheidend ist wie körperliche Fitness.
„Wir haben großen Respekt vor der Aufgabe, sind aber total angefixt und freuen uns auf die Etappen“, sagt Baumann. Das Wichtigste: keine schweren Stürze, keine technischen Defekte. Und falls doch etwas schiefgeht? „Dann ziehen wir es trotzdem gemeinsam durch – unsere Freundschaft steht über allem.“
Cape Epic 2025
Das Rennen
Die Strecke ist 608 Kilometer lang mit 16 500 Höhenmetern. Die Etappen sind 27 Kilometer lang (Prolog), danach folgen 96, 58, 90, 74, 103, 92 und 68 Kilometer.
Geschichte
Erstmals 2004 ausgetragen, geht das Rennen normalerweise über mehr als 700 Kilometer und dauert acht Tage. Das Cape Epic zieht Top-Fahrer aus der ganzen Welt an. Es dürfen auch Amateure teilnehmen, wobei die Teilnehmer ausgelost werden. Jeden Tag wird eine Etappe gefahren. Zur Ermittlung der Sieger werden zum Ende die Zeiten aller Etappen zusammengerechnet.