Um die Zukunft eines maroden Hauses in Aichtal (Kreis Esslingen) wird weiter gerungen. Nun haben Experten das Gebäude begutachtet. Ist das Gebäude wirklich nicht mehr zu retten?
Auch ein Vor-Ort-Termin hat keine Annäherung der Positionen gebracht: Das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) stuft das 1948 erbaute Reihenhaus im Höhenweg in Aichtal-Grötzingen nach der Besichtigung am vergangenen Donnerstag weiterhin als bedeutsames Kulturdenkmal ein. Die Behörde teilte im Anschluss mit: „Nach aktueller Einschätzung halten die Fachleute das Gebäude für erhaltungsfähig.“
Die Stadt Aichtal wiederum hält dies angesichts des maroden Zustandes für nicht zumutbar und will das Haus abreißen lassen. An dessen Stelle soll dringend benötigter neuer Wohnraum geschaffen werden. Der Aichtaler Gemeinderat hatte sich bereits im Dezember 2016 für den Abbruch entschieden. Das Landratsamt Esslingen erteilte daraufhin 2017 die entsprechende Genehmigung, die das Regierungspräsidium allerdings wieder kassierte. Denn die Behörde hatte das von Kriegsflüchtlingen mit einfachsten Mitteln erbaute Gebäude kurz zuvor in das Verzeichnis der unbeweglichen Bau- und Kunstdenkmale aufgenommen. „Zu diesem Zeitpunkt befand es sich definitiv in einem erhaltungsfähigen Zustand“, betont das RP.
Total- oder Teilschaden, das ist hier die Frage
Seit gut fünf Jahren steht es nun schon leer und ist nach Einschätzung der Stadt nicht mehr zu retten. Fachleute aus der Aichtaler Bauverwaltung sind nach einer Begutachtung zu dem Schluss gekommen, dass das Gebäude einsturzgefährdet ist. Ein Wasserschaden im Winter 2016/17 habe massive Schäden angerichtet. „Es sind bereits Wände eingestürzt, Schimmel hat sich ausgebreitet, tragende Balken sind morsch“, heißt es in einer Mitteilung der Stadt. Laut dem Regierungspräsidium handelt es sich jedoch lediglich um einen „Teilschaden“. Der Großteil des Mehrfamilienhauses sei trocken, das Dach sowie die Fenster seien dicht und die Fundamente sowie die grundsätzliche Tragstruktur im Gebäude intakt.
Für ihren Antrag zum Abriss des Gebäudes muss die Stadt Aichtal als Eigentümerin nun nachweisen, wie stark die Schäden tatsächlich sind. Die Expertise muss von einem externen Gutachter erstellt werden, den die Stadt beauftragen muss. Sollte das Gebäude in diesem Gutachten als erhaltungsfähig bewertet werden, müssten in einem zweiten Schritt die erforderlichen Sanierungskosten ermittelt werden, informiert das Regierungspräsidium. Erst wenn diese Punkte geklärt seien, könne letztendlich über Erhalt oder Abbruch entschieden werden.
Im Aichtaler Rathaus zweifelt man generell die Kulturdenkmaleigenschaft des Gebäudes an. Bürgermeister Sebastian Kurz zeigt sich fest entschlossen: „Wenn Regierungspräsidium, Landratsamt und Stadtverwaltung zu keiner Einigung kommen, wird sich ein Gericht mit der Angelegenheit befassen müssen.“