Sozialbürgermeister Werner Wölfle will im Amt bleiben. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Am Tag nach der Großrazzia verteidigt der Stuttgarter Sozialbürgermeister Werner Wölfle seine Rolle im Abrechnungsskandal ums Klinikum. Doch es tauchen neue Fragen auf.

Stuttgart - Die Luft wird immer dünner für den durch den Abrechnungsskandal am städtischen Klinikum in die Kritik geratenen Stuttgarter Sozialbürgermeister Werner Wölfle. Einen Tag nachdem SPD-Fraktionschef Martin Körner den Rücktritt des Grünen-Politikers gefordert hat, verlangt nun auch die CDU persönliche Konsequenzen des einstigen Krankenhausbürgermeisters, in dessen Amtszeit die dubiosen Auslandsgeschäfte des Klinikums getätigt wurden. „Ein Wegducken ist nun nicht mehr möglich“, ließ der CDU-Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann am Donnerstag verlauten. Nach der Großrazzia von Staatsanwaltschaft, Steuerfahndung und Polizei am Mittwoch erwarte die CDU „neben der juristischen Aufarbeitung der Angelegenheit auch persönliche Konsequenzen“. Bürgermeister Wölfle „sollte die politische Verantwortung für diesen Skandal übernehmen und zurücktreten“.

Ganz so weit wollte Kaufmanns Parteifreund Alexander Kotz zwar nicht gehen, aber auf Anfrage unserer Zeitung empfahl der CDU-Fraktionschef dem angezählten Wölfle, „dass er sich gut überlegen sollte, ob er sich im kommenden Jahr für eine weitere Amtszeit bewirbt“. Hintergrund der indirekten Drohung: Wölfles achtjährige Amtszeit als Bürgermeister endet am 14. August 2019. Vor acht Jahren ist der damalige Fraktionschef der Grünen in der Nachfolge des heutigen Staatsministers Klaus-Peter Murawski zum Verwaltungsbürgermeister gewählt worden. Nach dem Wechsel der Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) auf den Chefsessel im Kultusministerium nutzte OB Fritz Kuhn (Grüne) die Gelegenheit zu einer Umbesetzung der Bürgermeisterbank; Wölfle landete im Sozialen, seinem Wunschressort. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) übernahm das Klinikum.

Wölfles Amtszeit endet im August 2019

„Nur durch diese Rochade konnte das Problem angegangen werden“, sagte Alexander Kotz. Nach jetzigem Erkenntnisstand habe sich Wölfle zwar juristisch nichts zuschulden kommen lassen, den Skandal aber auch nicht erkannt. „Es gibt drei Möglichkeiten“, sagte Kotz, „entweder war er zu weit weg vom Klinikum, so dass er nichts von den Missständen mitbekommen hat. Oder er hat bewusst die Augen zugemacht. Oder er war überfordert.“ Alle drei Varianten seien nicht akzeptabel.

Werner Wölfle sieht das ganz anders. „Ich bin meiner Verantwortung als Krankenhausbürgermeister nachgekommen und tue dies jetzt als Bürgermeister für Soziales und Gesellschaftliche Integration auch weiterhin“, teilte er am Donnerstag über den offiziellen Pressedienst der Stadt mit. Bei ihm verfestige sich aber das Gefühl, dass die damalige Geschäftsführung „mich und auch den Rat hintergangen“ habe. Die seinerzeitige Führungsriege „trägt die Verantwortung für ihre Verfehlungen“. Als das Rechnungsprüfungsamt 2015 über Unregelmäßigkeiten berichtet hat, habe er „das einzig Richtige gemacht“ und umgehend die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Die Aufklärung der Ermittler habe er „nach bestem Wissen und Gewissen begleitet“. Es sei „gut, wenn die Staatsanwaltschaft nun für rechtliche Klarheit sorgt“.

Es gibt offenbar zwei Berichte des Rechnungsprüfungsamts aus dem Jahr 2015

Unterstützung erhält Wölfle von der Gemeinderatsfraktion der Grünen. Der Bürgermeister sei „seiner politischen Verantwortung längst nachgekommen. Dies wurde auch mehrfach vom heutigen Krankenhausbürgermeister bestätigt“, sagte die Stadträtin Silvia Fischer. Auch sie betonte, dass Wölfle und Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) den Bericht des Rechnungsprüfungsamts „vom Dezember 2015 umgehend der Staatsanwaltschaft“ übergeben hätten.

Nach Informationen unserer Zeitung soll allerdings auch ein Bericht des Rechnungsprüfungsamts vom Juli 2015 existieren, in dem bereits Hinweise auf Korruption in Verbindung mit dem Libyen-Geschäft der International Unit des Klinikums enthalten seien. Dieser Bericht trägt dem Vernehmen nach auch den Vermerk, dass er nicht nur dem Klinikum zugegangen sei, sondern auch dem Referat AK, das damals von Wölfle geleitet wurde. Auch Martin Körner weiß von dem Bericht. „Und seither“, so der SPD-Fraktionschef, „frage ich mich, zu welchem Zeitpunkt im Jahr 2015 Herr Wölfle die Staatsanwaltschaft informiert hat“. Zwischen Juli und Dezember lägen immerhin fünf Monate.