Lothar Dräger (1927-2016) hat die beliebtesten Comics der früheren DDR gestaltet. Foto: dpa

Die DDR hatte ein eigenes Comic-Magazin, um deren Helden es schon mal politischen Ärger gab. Absolute Publikumslieblinge waren die „Abrafaxe“. Deren Schöpfer Lothar Dräger ist jetzt im Alter von 89 Jahren gestorben.

Berlin - Im Westen hat man sich das Leben in der DDR gerne als gänzlich humor- und freudlos vorgestellt. Comics schienen im Mauerstaat gänzlich unvorstellbar, allenfalls linientreue Strichmännchen mit Sprechblasen voller Propagandagedöns hätte der durchschnittliche Asterix“-Leser West dem roten Osten zugetraut. Aber dort gab es eine eigenen Comiczeitschrift namens „Mosaik“, deren beliebstete Serie „Die Abrafaxe“ hieß. Deren Schöpfer Lothar Dräger ist am 9. Juli im Alter von 89 Jahren in Potsdam verstorben, wie der Mosaik Steinchen für Steinchen Verlag erst am Donnerstag in Berlin mitteilte.

Angefangen hatte der Künstler Dräger nicht mit Papier und Stift. Der am 19. Januar 1927 in der Nähe von Stettin geborene Dräger war ursprünglich Opernsänger; erst an der Bühne der Stadt Nordhausen, dann am Hans-Otto-Theater Potsdam. Wegen seiner offenen, kritischen Art sei er in den 50er Jahren in Konflikt mit den Chefs der Potsdamer Bühne geraten - und habe sich daher 1957 beim „Mosaik“ beworben. Durch ihn habe sich die Zeitschrift dann zu einem Puzzle aus Hunderten versteckten, zu verschlüsselnden Anspielungen und Zitate entwickelt, heißt es im Nachruf des Verlages.

Die sozialistische Antwort auf „Micky Maus“

Um 1950 hatten die DDR-Oberen nach einer sozialistischen Antwort auf West-Comics wie „Micky Maus“ gesucht. Am 23. Dezember 1955 erschien das erste „Mosaik“-Heft - mit den drei Helden „Dig, Dag und Digedag“, geschaffen vom Grafiker Hannes Hegen (1925-2014). Nach einem Streit um die politische Ausrichtung des Heftes stieg Hegen 1975 aus. Dräger hatte zunächst als Text- und Ideenmitarbeiter bei „Mosaik“ gearbeitet und „Dig, Dag und Digedag“ mitgestaltet. Von 1976 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1990 war er künstlerischer Leiter des Heftes.

Gemeinsam mit der Grafikerin Lona Rietschel entwickelte Dräger die „Abrafaxe“. Die drei koboldartigen Wesen mit einer riesigen Muskete blickten zum Jahreswechsel 1975/76 vom Titel des DDR-Comic-Heftes. Ende vergangenes Jahres feierten die drei Knollen-Nasen-Helden mit ihrem 480. Abenteuer ihren 40. Geburtstag. Zu DDR-Zeiten waren die „Mosaik“-Hefte stets Mangelware. Heute werden von der Zeitschrift im Monat etwa 70 000 Exemplare verkauft, sie hat die Wende also besser als die meiste Literatur der DDR überstanden.