Der halbe Käfer an der frischen Luft in Wiesloch Foto: Martin Tschepe

Vor fast 38 Jahren haben die Abiturienten des Otto-Hahn-Gymnasiums in Ludwigsburg ein halbes Auto ins Foyer geschraubt. Weil der Neubau des Schulgebäudes ansteht, muss der VW Käfer jetzt umziehen.

Jetzt ist er weg. Der halbe VW-Käfer, der fast vier Jahrzehnte im Foyer des Otto-Hahn-Gymnasiums (OGH) Ludwigsburg stand, hat Asyl gefunden. In Wiesloch. Das Fahrzeug musste weg, weil der Neubau des Schulgebäudes ansteht. Einlagern und im Neubau aufstellen: das sei keine Option, heißt es seitens der Stadt Ludwigsburg. Obwohl einige Schüler, Lehrer und Eltern diesen Wunsch wohl geäußert hatten.

Schüler und Pädagogen sind traurig

Der Käfer im OGH hat ungezählte Schüler und Lehrer überdauert. Viele Kinder aus Ludwigsburg und dem Umland haben den Wagen aus Wolfsburg als Fünftklässler bei ihrer Einschulung mit leuchtenden Augen entdeckt. Und Jahre später, nach dem Abitur, stand er nach wie vor an seinem Platz. Jetzt ist der Käfer also umgezogen, manche Schüler und ein paar Pädagogen sind sogar ein bisschen traurig. Für sie gehörte der Käfer halt zum OHG wie das Pausenbrot.

Warum Wiesloch? Jens-Peter Schneider ist schuld. Der Betriebswirt und Sozialarbeiter hatte vor ein paar Wochen von dem Käfer, der 1985 von den OHG-Abiturienten während einer Nacht- und Nebelaktion im Schulhaus aufgestellt worden ist, in unserer Zeitung gelesen: halber Käfer sucht Asyl, hieß es da. Der Mann, der sich augenzwinkernd als einen „Freund von Mobilität“ bezeichnet, hat das halbe Auto(im)mobil jetzt abgeholt. Mit Hilfe der Hausmeister wurde das Fahrzeug auf einen Anhänger gehievt.

Der Oldtimer kostete den neuen Besitzer keinen Cent

Was in aller Welt macht Herr Schneider mit dem halben, altrosafarbenen Auto nur? Eigentlich, sagt er, habe er erwartet, dass sich viele Interessenten melden würden. Doch weit gefehlt. Als der Mann, der in Speyer wohnt und in Wiesloch arbeitet, beim OHG angerufen hat, hieß es: „Sie sind der einzige Interessent.“ Der Käfer, so der neue Besitzer, sei viel zu schade für den Schrottplatz. Schneider musste für das Stehzeug übrigens keinen Euro bezahlen. Das Motto der Schule: Hauptsache weg! Der halbe OHG-Käfer steht jetzt auf dem Gelände des Naturkindergartens von Wiesloch, den Schneider leitet.

Jens-Peter Schneider erzählt, dass er drei Autos besitze, einen Porsche, einen alten Mercedes-Sportwagen und ein altes Golf-Cabrio, wegen des Überrollbügels Erdbeerkörbchen genannt. Jetzt sind es dreieinhalb. Zudem gehören dem Sammler rund 120 Fahrräder. Ein wahrere Freund der Mobilität eben. Der Mann ist ein Freak, er betreibt ein online-Geschäft „für die schönen Dinge“, wie er sagt. „Und für große Jungs.“ Autos und Uhren. Seinen Lebensunterhalt verdiene er aber als Leiter des Waldkindergartens.

Uwe Mallwitz, heute Ingenieur, war vor fast 38 Jahren an der Nacht- und Nebelaktion, dem Abischerz, beteiligt. Mallwitz hat kürzlich noch mal vorbeigeschaut bei dem alten Käfer. Erstaunlich gut erhalten, sagte Uwe Mallwitz bei der Stippvisite Ende 2022 – und er meinte damit den Käfer und die Fotos der Abiturienten von damals, die in den Fenstern des Autos kleben. Die Abzüge sind kaum vergilt: junge Leute, die unverkennbar in die 1980er-Jahre gehören. Männer mit Schnauzbärten zum Beispiel und bunten Klamotten mit extravaganten Schnitten.

Uwe Mallwitz freut sich, dass der halbe Käfer gerettet worden ist. „Allemal besser als die Schrottpresse“, sagt er. Jens-Peter Schneider hat übrigens zugesagt, dass Interessenten aus Ludwigsburg den alten Käfer gern besuchen dürften. Das Gelände des Naturkindergartens sei frei zugänglich. Gut möglich, dass Uwe Mallwitz mit ein paar Abi-Kumpels bald mal vorbei schaut in Wiesloch.