Drei Monate nach seiner unrechtmäßigen Abschiebung ist ein Flüchtling aus Afghanistan zurück in Deutschland. Ob der junge Afghane in Tübingen bleiben kann, soll ein Asylverfahren entscheiden.
Frankfurt/Main/Tübingen - Der zu Unrecht abgeschobene afghanische Flüchtling Haschmatullah F. ist nach drei Monaten zurück in Deutschland. „Ich will allen Organisationen, allen Freunden und der deutschen Regierung herzlich danken, die mir geholfen haben“, sagte der 23-Jährige am Donnerstag in Frankfurt am Main einem Dolmetscher zufolge. Mit einem Visum der deutschen Botschaft in Pakistan ausgestattet, war F. am frühen Nachmittag gelandet. Ob er in Deutschland bleiben kann, soll ein Asylverfahren entscheiden.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) hatte die Abschiebung des Mannes irrtümlich erlaubt, obwohl dagegen am Verwaltungsgericht Sigmaringen ein Eilantrag anhängig war. Solche Anträge gewähren Schutz vor einer Abschiebung. Das Gericht hatte deswegen angeordnet, dass der Flüchtling zurückgeholt werden muss. Abschiebungen nach Afghanistan sind wegen der dortigen Gefahrenlage umstritten und werden von Menschenrechtsorganisationen kritisiert.
„Das war mein großer Wunsch, dass ich nochmal nach Deutschland kommen kann“, meinte F. nach der Landung. „Er fährt jetzt nach Tübingen“, sagte Andreas Linder vom Bündnis Bleiberecht. In der Universitätsstadt war für den Abend (19.30 Uhr) eine Pressekonferenz geplant. F. hatte im Sommer mehrere Monate in Tübingen gelebt.
Am 14. September nach Bulgarien abgeschoben, dann weiter nach Afghanistan
Er war ursprünglich am 3. Juni in Deutschland angekommen. Am 8. Juni hatte er Asyl beantragt, war aber abgelehnt worden mit dem Hinweis, dass er über Bulgarien in die EU gekommen sei - und damit gemäß der sogenannten Dublin-Vorschriften Bulgarien für ihn zuständig sei.
Gegen diese Entscheidung hatte der Anwalt Markus Niedworok am 2. August Einspruch eingelegt. Dennoch war F. am 14. September von Tübingen nach Bulgarien und von dort am 3. Oktober nach Afghanistan abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hatte das Bamf am 22. September aufgefordert, den Mann zurückzuholen.
„Wir begrüßen, dass das Bamf die Vorgaben des Verwaltungsgerichts Sigmaringen eingehalten und Hashmatullah F. von Afghanistan nach Deutschland zurückgeholt hat“, erklärte Linder. Das Bündnis forderte aus diesem Anlass generell einen fairen Umgang mit afghanischen Asylsuchenden in Deutschland. Kritik kam auch von der Organisation Pro Asyl, die dem Bamf „Pannen“ bei F.s Asylverfahren vorwarf. Diese hätten zur „rechtswidrigen Abschiebung“ geführt.
Zeitnaher Anhörungstermin in Aussicht
Der migrationspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion in Stuttgart, Daniel Lede Abal, forderte vom Bamf eine „bessere Qualität“ bei Entscheidungen. „Es kann nicht sein, dass amtliche Schlampereien über menschliche Schicksale entscheiden“, sagte er. F. sei in ein Flugzeug gesetzt worden, obwohl er unter Abschiebeschutz gestanden habe. „Das ist unerhört und muss aufgearbeitet werden“, sagte Abal.
F. droht nach seiner Rückkehr keine Abschiebung nach Bulgarien, wie es die Dublin-Verordnung eigentlich vorsieht. „Da die Einreise mit einem Visum erfolgt, welches die deutsche Botschaft in Islamabad ausgestellt hat, ist Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden“, teilte das Bamf mit. „Der Antragsteller wird zeitnah einen Anhörungstermin erhalten, in dem er seine verfolgungsrelevanten Gründe darlegen kann.“