DB-Schenker-Transporte sind in der ganzen Welt unterwegs. Im Bild: ein Lastwagen vor dem Zuckerhut in Rio. Foto: DB

Durch die Absage des Börsenganges hat die Politik im Wahljahr zwar erst einmal Ruhe. Doch die überfällige Korrektur der vielen Fehlentwicklungen bei der Bahn und in der Verkehrspolitik bleibt so weiter offen, meint Wirtschaftskorrespondent Thomas Wüpper.

Berlin - Zwischen Schein und Sein liegen bei der Deutschen Bahn AG meist Welten. Vorstandschef Rüdiger Grube ist ein Verpackungskünstler, wenn es gilt, die Turbulenzen beim größten deutschen Staatskonzern zu beschönigen. Nun hat der Chef von mehr als 300 000 Mitarbeitern den Börsengang der DB-Töchter Arriva und Schenker Logistics auch offiziell vorerst abgeblasen, angeblich, weil wegen des Brexit ein Verlustgeschäft drohen würde.

Die wahren Hintergründe liegen tiefer. Fakt ist, dass Grube binnen Monaten eine 180-Grad-Wende vollzogen hat. Noch im Mai hatte er dem Aufsichtsrat sein Konzept zur Teilprivatisierung des internationalen Bus- und Logistikgeschäfts präsentiert, die dem klammen Konzern 4,5 Milliarden Euro bringen und auch die Finanzierungsprobleme bei Großprojekten wie Stuttgart 21 mildern sollte.

In der Koalition laufen die Drähte heiß

Die einflussreiche Gewerkschaft EVG machte im Schulterschluss mit der ihr eng verbundenen Regierungspartei SPD aber erst einmal Front gegen die heiklen Börsenpläne, die privaten Investoren Tür und Tor zum hoch subventionierten Staatskonzern und seinen Gremien geöffnet hätten. Damit waren Grubes Pläne, ähnlich wie sein Sanierungskonzept „Zukunft Bahn“, blockiert. Seither liefen in der Koalition die Drähte heiß. Es drohte im kommenden Wahljahr heftiger Streit um die Bahnpolitik, zumal der Staatskonzern tief in der Krise steckt, zuletzt einen Milliardenverlust bilanzierte und riesige Schulden hat.

Die politische Lösung: Verkehrsminister Dobrindt versprach der Bahn schließlich 2,4 Milliarden Euro Entlastung auf Staatsrechnung, quasi als Nothilfe und Ersatz für den Börsenverzicht. Das war ein ebenso fragwürdiger wie für die Steuerzahler teurer Schachzug der Regierung. Damit hat die Koalition zwar bis zur Wahl Ruhe. Doch die überfällige Korrektur der vielen Fehlentwicklungen bei der Bahn und in der Verkehrspolitik bleibt so weiter offen.

Grube darf auf eine Vertragsverlängerung hoffen

Der faule Kompromiss des Weiterwurstelns nützt auch Grube. Der wendige Manager wird die angestrebte Verlängerung seines millionenschweren Vorstandsvertrags nun bekommen. Und sein Vertrauter im Vorstand, der frühere CDU-Kanzleramtschef Ronald Pofalla, kann bis zum Sprung an die Spitze weiter im Hintergrund politisch die Fäden ziehen.