Bosch-Chef Denner setzt sich für eine Versachlichung der Diesel-Diskussion ein. Foto: dpa

Volkmar Denner, Chef des weltgrößten Automobilzulieferers, fordert angesichts des Skandals um Abgastests an Menschen und Tieren eine Transparenzoffensive. Bei Bosch hängen 50 000 Arbeitsplätze am Diesel.

Stuttgart - Volkmar Denner, der Chef des weltgrößten Automobilzulieferers mahnt die Autoindustrie angesichts des Skandals um Menschen- und Affenversuche zur Selbstkritik. „Ich bin über die Tests genauso entsetzt wie alle anderen“, sagte Denner am Montagabend vor Journalisten. „Ich setze mich seit Langem massiv für eine Versachlichung der Diskussionen um den Diesel ein und nun erleben wir wieder einen erheblichen Rückschlag.“ Es sei jetzt an der Industrie, neues Vertrauen aufzubauen: „Ich plädiere für Selbstkritik und eine ganz andere Transparenz als sie in der Vergangenheit praktiziert wurde.“ Dabei gehe es um die Fragen, wie die Industrie entwickle, wie sie teste und wie schließlich die Freigabeprozesse erfolgten. Er sprach sich auch für einen kooperativeren Umgang mit Umweltorganisationen aus. „Und es ist völlig klar, dass Fahrzeuge künftig auf der Straße die gleichen Werte zeigen müssen wie im Labor“, sagte Denner. „Und genau das wird mit den neuen Dieselfahrzeugen möglich sein.“

Als Zulieferer wollte er sein Plädoyer nicht als Distanzierung von den Autoherstellern verstanden wissen: „Bosch kann im Kraftfahrzeugbereich kein Geschäft machen, wenn wir auf Distanz zu den Kunden gehen“, sagte er. „Wir können uns bei der Frage nicht auseinanderdividieren lassen.“ Eine Transparenz- und Vertrauenoffensive könne nur gemeinsam gelingen. Derzeit liefen Gespräche, wie solch eine Offensive aussehen könnte.

Nachfrage aus China kompensiert Rückgang des Dieselanteils in Europa

Am Wochenende hatten Journalistender New York Times und der Stuttgarter Zeitung enthüllt, dass der Lobbyverein EUGT Abgasversuche an Menschen und Affen durchgeführt hat. Denner bekräftigte, dass Bosch an den Tests nicht beteiligt war. „Bosch war neben VW, Daimler und BMW eines der Gründungsmitglieder des EUGT“, sagte Denner . Damals – im Jahr 2007 – sei die Branche zu dem Schluss gekommen, dass es zu wenige wissenschaftlich untermauerte Erkenntnisse gibt im Hinblick auf die Schadstoffe, die Verbrennungsmotoren emittieren wie zum Beispiel Stickoxide. „Darum hat man diese Forschungseinrichtung ins Leben gerufen. Daran kann ich eigentlich nichts Verwerfliches finden.“ Bosch habe sich 2013 jedoch aus dem Verein zurückgezogen. „Das hatte aber nichts mit den Tierversuchen zu tun“, so Denner. Die Versuche fanden erst später statt. Vielmehr hätte der Verein die Erwartungen von Bosch nicht erfüllt.

Bei Bosch hängen rund 50 000 Arbeitsplätze am Diesel. „Wir sehen einen signifikanten Rückgang des Dieselanteils in Europa“, sagte Bosch-Geschäftsführer Rolf Bulander. 2017 hätte eine extrem starke Nachfrage aus der chinesischen Nutzfahrzeugbranche den Rückgang kompensiert. „Wir wissen aber nicht, wie lange dieser Boom anhält“, so Bulander. „Wenn es zu einem Rückgang kommt, werden wir in unseren Werken ein Beschäftigungsthema haben, das wir dann gemeinsam mit unseren Sozialpartnern lösen werden. Das könnte auch dieses Jahr bereits ein Thema werden.“