Städte wie Bietigheim-Bissingen oder Großbottwar ächzen unter achtlos weggeworfenem Abfall. Ein Phänomen, das den Steuerzahler auch richtig Geld kostet.
Das Team des Bietigheimer Bauhofs kommt bei seinen Touren über die Gemarkung wahrscheinlich manchmal aus dem Kopfschütteln nicht mehr heraus. Mal stoßen die Mitarbeiter mitten in der Landschaft auf achtlos weggeworfenen Unrat, mal klauben sie Pizzakartons oder Pappbecher vom Boden auf, obwohl direkt daneben ein Abfalleimer steht. Dreist auch, dass der eine oder andere Bürger prall gefüllte Tüten mit Hausmüll in Grünanlagen oder an Spazierwegen entsorgt, wie die Stadt mitteilt, die von „Verwahrlosungstendenzen“ spricht. Eine Entwicklung, die die Kommune an Enz und Metter nicht exklusiv hat.
Die Gastronomen helfen mit
Unschöne Bilder von überquellenden Abfalleimern prägten zuletzt auch die Altstadt von Großbottwar. Insbesondere die örtliche CDU war alarmiert, sah die Aufenthaltsqualität „erheblich beeinträchtigt“ und forderte ein Konzept, wie das Problem behoben werden könnte. Letztendlich verständigte man sich im Gemeinderat darauf, zu beobachten, ob die kurzfristigen Gegenmaßnahmen dauerhaft helfen. Zum einen hatte die Stadt das Gespräch mit den Gastronomen am Marktplatz gesucht, die nun verstärkt weggeworfene Verpackungen und Zigarettenstummel in Eigenregie beseitigen, wie Bürgermeister Ralf Zimmermann ausführte. Ferner wurde beim Rathaus ein Mülleimer mit größerem Fassungsvermögen installiert, ein ähnliches Kaliber ließ man etwas später bei der evangelischen Kirche am Rande der Altstadt montieren. „Der neue Mülleimer am Marktplatz hat nicht dazu geführt, dass es gar keinen Müll mehr gibt, aber dazu, dass die Vermüllung hier wesentlich geringer ist“, resümierte Zimmermann jetzt.
Brennpunkte in Kornwestheim
Entspannter als in Großbottwar oder Bietigheim-Bissingen scheint die Lage in Kornwestheim zu sein. „Im Vergleich zu den durch die Coronapandemie bedingten Lockdown-Phasen kann die Stadt Kornwestheim zwischenzeitlich eher einen Rückgang an Müll verzeichnen, der wahllos weggeschmissen wird“, berichtet Pressesprecherin Isabell Binder. Gleichwohl ist man in der Salamanderstadt weit davon entfernt, Entwarnung geben zu können. Im Freizeitpark, auf dem Holzgrundplatz oder dem Bahnhofsvorplatz werde vermehrt und in einer Weise, die nicht ordnungsgemäß sei, Unrat entsorgt, erklärt Binder.
Hausmüll landet in öffentlichen Tonnen
Auch in Ludwigsburg gibt es solche Brennpunkte. „Wilder Müll wird oftmals an schwer einsehbaren Stellen wie zum Beispiel in Hoheneck am Freibad beziehungsweise am Neckar, am Hungerberg oder am Römerhügel zur freien Landschaft hin abgelagert“, erklärt Susanne Jenne, Pressesprecherin der Stadt. Auch werde immer wieder Hausmüll in öffentliche Tonnen geworfen – aber nicht häufiger als früher. Unterm Strich sei keine zunehmende Vermüllung zu erkennen.
Landratsamt hat mehr als 400 Fälle bearbeitet
Treffe man auf ein Schwarzes Schaf, das sich seines Unrats unsachgemäß entledigt hat, werde der Übeltäter wegen Verstoßes gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz beim Landratsamt angezeigt. „Dies kann je nach Schwere des Verstoßes von einem Verwarnungsgeld bis hin zu einem Bußgeld im vierstelligen Bereich geahndet werden“, erklärt Jenne. Rund 250 solcher Fälle wurden 2020 beim Landratsamt bearbeitet, sogar 430 Ordnungswidrigkeiten im vergangenen Jahr, teilt Pressesprecher Markus Klohr mit.
Aufwand wird immer größer
Die drohenden Strafen scheinen allerdings einige Unverbesserliche in Bietigheim-Bissingen nicht abzuschrecken. „Der Aufwand zur Sauberhaltung der Stadt wird von Jahr zu Jahr höher und teurer“, teilt die Kommune mit. „2021 fielen fast 10 000 Arbeitsstunden dafür an, die über 600 Papierkörbe im Stadtgebiet regelmäßig, an vielen Stellen sogar täglich zu leeren, wilden Müll aus der Landschaft einzusammeln sowie die Straßen, Treppen und Gehwege zu kehren“, heißt es in einer Mitteilung. Vor fünf Jahren hätten 7400 Stunden gereicht. Das hat auch finanzielle Auswirkungen, die letztlich der Steuerzahler zu tragen hat. Knapp 1,3 Millionen Euro musste Bietigheim-Bissingen alles in allem für die Beseitigung des Unrats investieren, rund 350 000 Euro mehr als noch vor fünf Jahren.
Sinn und Unsinn von mehr Mülleimern
Bürgermeister Michael Wolf appelliert vor diesem Hintergrund an die Bevölkerung, den Abfall ordnungsgemäß zu entsorgen. Das Team des Bauhofs sei nicht in der Lage, häufiger auf Leerungstour zu gehen oder sich um weitere Mülleimer zu kümmern. Wobei sich die Gelehrten auch darüber streiten, ob das Problem mit zusätzlichen Abfalleimern in den Griff zu bekommen ist. Auf Ludwigsburger Gemarkung seien bereits 1600 Behältnisse montiert, konstatiert Pressesprecherin Susanne Jenne. „Die Zahl oder Größe der Mülleimer weiter auszubauen, führt nach Erfahrung der Technischen Dienste nicht zum gewünschten Erfolg“, erklärt sie. Dagegen zählt die Stadt Kornwestheim „das Aufstellen von mehr oder größeren Behältnissen sowie eine häufige Leerung durch den städtischen Bauhof“ zu den Maßnahmen, die im Kampf gegen die Vermüllung zum Einsatz kommen. Einig ist man sich in Ludwigsburg und Kornwestheim, dass speziell auch eines helfen kann: die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren.
Die Normalisierung nach dem Corona-Effekt
Essen to go
Die Lockdowns während Corona haben zu einem Aufschwung beim Essen to go geführt – allerdings mit der unschönen Konsequenz, dass in vielen Städten mehr Verpackungsmüll in der Landschaft landete. Dieser Effekt scheint glücklicherweise mehrheitlich wieder verpufft zu sein. Oder wie Susanne Jenne, Pressesprecherin der Stadt Ludwigsburg, konstatiert: „Momentan hat sich das Aufkommen wieder ,normalisiert`“.
Das kann das Landratsamt Ludwigsburg auch für illegale Müllablagerungen im Wald bestätigen. „Im Wald hat das Problem in der Coronazeit tatsächlich zugenommen, inzwischen ist die Situation wieder ungefähr auf dem Niveau des Vor-Corona-Zeitraums“, teilt Pressesprecher Andreas Fritz mit.