Michael Heckhoff, Zweiter von rechts, spricht am Donnerstag den 20. Mai 2010, im Gerichtssaal des Landesgerichts in Aachen mit seinem Anwalt Rainer Dietz, rechts. Links sitzt der Mitangeklagte Peter Paul Michalski. Foto: apn

Seit Donnerstag müssen sich Peter Paul Michalski und Michael Heckhoff vor Gericht verantworten.

Aachen - Mit ihrer spektakulären Flucht aus dem Hochsicherheitsgefängnis Aachen hielten sie Deutschland fünf Tage lang in Atem: Seit Donnerstag müssen sich die Schwerverbrecher Peter Paul Michalski und Michael Heckhoff vor Gericht verantworten. Staatsanwalt Alexander Geimer warf den Verbrecher zum Prozessauftakt vor dem Aachener Landgericht schwere räuberische Erpressung und erpresserischen Menschenraub vor.

Auf ihrer Flucht hätten sie immer wieder unbeteiligte Personen in ihre Gewalt gebracht und sie gezwungen, ihnen Unterschlupf zu bieten oder sie mit dem Auto in die nächste Stadt zu fahren, sagte der Staatsanwalt. Mit auf der Anklagebank sitzt auch der 40-jährige JVA-Beamte, der den Verbrechern bei der Flucht geholfen haben soll. Während Heckhoff und der Wärter sich vorerst nicht einlassen wollten, räumte Michalski die Vorwürfe "im Kern" ein. In einer von seinen Anwälten verlesenen Erklärung erklärte Michalski: "Bei Personen, die ich in Angst und Furcht versetzt habe, entschuldige ich mich." Bei der Flucht habe er nicht die Absicht gehabt, seine Waffe einzusetzen. "Es sollte niemand verletzt werden", sagte Michalski.

Ausbrecher hatte angeblich Angst vor Verlegung

Auslöser für den Ausbruch sei das Gerücht gewesen, er werde in ein anderes Gefängnis verlegt. "Völlig verzweifelt" sei er gewesen in der Angst, alle Hafterleichterungen zu verlieren, erklärte Michalski. "Ich sah nur zwei Möglichkeiten: Entweder ich begehe Selbstmord oder ich versuche das Unmögliche - ausbrechen."

Nach Überzeugung der Anklage planten Heckhoff, Michalski und der Beamte der Justizvollzugsanstalt Aachen die Flucht vom 26. November vergangenen Jahres gemeinschaftlich. Michael K. habe Heckhoff bereits Mitte November eine Schreckschusspistole übergeben. Dafür habe ihm dieser illegale Geschäfte mit anderen Gefangenen mit einem Wert von 3000 Euro vermittelt. Außerdem ebnete der Wärter demnach den Ausbrechern nicht nur den Weg aus dem Gefängnis, sondern versorgte sie auch mit zwei scharfen Dienstpistolen samt Munition. Im Gegenzug sollte er laut Staatsanwaltschaft an der Beute geplanter Banküberfälle beteiligt werde. Der zweite Ausbrecher Heckhoff kündigte an, sich zu einem späteren Zeitpunkt im Verfahren einlassen zu wollen. Er wolle dem Gefängniswärter, der "von uns am meisten zu verlieren hat, die Chance geben sich zu äußern", sagte Heckhoff.

Antrag auf Verfahrenseinstellung abgelehnt

Einen Antrag des Verteidigers des JVA-Beschäftigten auf Einstellung des Verfahrens lehnte das Gericht ebenso ab, wie einen Antrag, die nordrhein-westfälische Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter als Zeugin zu laden. Der Rechtsanwalt hatte geltend gemacht, durch die mediale Vorverurteilung seines Mandanten sei ein faires Verfahren gegen ihn nicht mehr möglich. Die spektakuläre Flucht der beiden Gangster hatte heftige Debatten über die Sicherheit in den Gefängnissen Nordrhein-Westfalens ausgelöst und unter anderem zu Rücktrittsforderungen an die Adresse der Justizministerin geführt. Erst nach dreitägiger fieberhafter Fahndung gelang es der Polizei, den Geiselgangster Heckhoff in Mülheim festzunehmen. Zwei Tage später wurde auch der verurteilte Mörder Michalski gefasst, der zu diesem Zeitpunkt auf einem Fahrrad in Schermbeck im Kreis Wesel unterwegs war.

Für den Prozess sind zunächst 17 Verhandlungstage anberaumt. Mit einem Urteil wird für den 17. Juli gerechnet.