Foto: Hörner

Im Oktober 2010 kann die Stadt den Bebauungsplan auf dem Stuttgart-21-Gelände hinter dem Bahnhof ändern und so ein Mega-Einkaufszentrum verhindern. Investoren warnen vor diesem Schritt.

Stuttgart - Im Oktober 2010 kann die Stadt den Bebauungsplan auf dem Stuttgart-21-Gelände hinter dem Bahnhof ändern und so ein Mega-Einkaufszentrum verhindern. Investoren warnen vor diesem Schritt. Sie könnten sich mit einem Baugesuch das heutige Planrecht sichern.

Die Hamburger ECE der Versandhausfamilie Otto hatte 2009 ein Baugesuch für die umstrittenen 47.500 Quadratmeter Einkaufsfläche an der Wolframstraße eingereicht. Der europäische Marktführer wollte eine Ausnahmegenehmigung für 2200 statt der 1350 vorgesehenen Stellplätze. Der Gemeinderat sprach dagegen, weil er Zuschüsse für den Stadtbahnbau gefährdet sah.

In den Wirren der Kommunalwahl im Juli 2009 drängte ECE bewusst nicht auf eine Entscheidung. Nach der Wahl zogen die Hamburger, die zum Beispiel die Breuningerländer in Sindelfingen und Ludwigsburg bewirtschaften, ihre Pläne zurück.

Nun wollen sie einen neuen Anlauf wagen. "Wir überarbeiten unser Konzept und glauben weiter an den Standort Stuttgart und an die Realisierung", sagt Jens Jäpel, bei ECE Leiter der Projektentwicklung. Mit im Boot ist die Strabag-Tochter Züblin. Würde ECE eine plankonformes Baugesuch stellen, müsste es genehmigt werden. So könnte der Investor Änderungen drei Jahre lang verhindern.

Ein Kaufinteresse an den drei insgesamt 29.800 Quadratmeter großen Grundstücken der Bahn hat auch die Procom in Hamburg angemeldet. Sie betreibt bundesweit Einkaufscenter. "Das hier ist eines der letzten Filetstücke in der City", sagt Detlef Samland, bei Procom Leiter für die Entwicklung der Shopping-Center. Samland zeigt sich offen gegenüber den Wünschen von Stadtverwaltung und Rat und kann sich "Wohnungen, Büros und Handel" vorstellen. Weniger als 25.000 Quadratmeter Verkaufsfläche seien allerdings unsinnig. "Sonst ist das Zentrum nicht lebensfähig", warnt er.

Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) hält auch diese Fläche für zu groß. "Ich glaube nicht, dass der Gemeinderat nach dem Quartier S an der Paulinenstraße im Süden im Norden noch mal 20.000 Quadratmeter Handel zulässt", senkt Hahn den Daumen. Er will "drei Baublöcke mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Wohnungen, Büros und sonstige Dienstleistungen". Hahn ultimativ: "Auf dem Grundstück hinter dem Bahnhof wird es endgültig kein großes Einkaufszentrum geben. "

Einen neuen Bebauungsplan, der den Handel stutzt, kann die Stadt frühestens im November angehen. Bei einem Schnellschuss könnte die Bahn AG als Grundstückseigentümer nämlich Schadenersatz von der Stadt fordern, heißt es im Baurechtsamt.

Hahns Lavieren verärgert die Investoren. Bisher gibt es im Gebiet nur Büros. Die Monokultur könnte weiter zementiert werden.

Wer mehr Wohnungen fordere, müsse diese "ordentlich mit Einkaufsmöglichkeiten versorgen", sagt Samland.

Vergrätzt zeigt sich auch Tobias Fischer. Seine Schwäbische Wohnungs AG hat das Eckgrundstück an der Heilbronner-/Wolframstraße gekauft. Ein Fünf-Sterne-Hotelturm ist entworfen, hängt aber wegen der gemeinsamen Erschließung und Tiefgarage mit dem Einkaufszentrum in der Warteschleife. "Ich bin für den Handel, er sichert ein lebendiges Quartier. Nur Büros und Wohnen ergeben einen toten Stadtteil. Und ich glaube auch nicht an nur 10.000 oder 20.000 Quadratmeter Handel", kritisiert Fischer den Schwebezustand. Ein Gutachten, das nur kleine Handelsflächen im Gebiet als stadtverträglich ansieht, "können Sie in den Ofen werfen", sagt Fischer.

"Um Urbanität zu erreichen, braucht man Läden", findet auch Jürgen Klein vom Investor Reiß (München). Der startet im März den Bau von 243 Mietwohnungen und 8800 Quadratmeter Büros im Gebiet. Da die Königstraße nahe liege, sieht Klein den Reiß'schen Neubau bei einem Eindampfen der 47.500-Quadrameter-Pläne allerdings nicht betroffen.