Debatte um Lärmschutz hat den Ausbau der A 81 bei Böblingen verzögert. Foto: Kraufmann

Der sechsspurige Ausbau der A 81 bei Böblingen ist so gut vorbereitet wie kaum ein anderes Straßenbauprojekt im Land. Trotzdem liegt er auf einer Vorschlagsliste des Landes nicht auf einer Spitzenposition. Das hat laut dem Verkehrsminister gute Gründe.

Der sechsspurige Ausbau der A 81 bei Böblingen ist so gut vorbereitet wie kaum ein anderes Straßenbauprojekt im Land. Trotzdem liegt er auf einer Vorschlagsliste des Landes nicht auf einer Spitzenposition. Das hat laut dem Verkehrsminister gute Gründe.

Stuttgart/Böblingen - Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) weist Kritik an seiner Vorschlagsliste für Autobahnen und Bundesstraßen, die in den nächsten zehn Jahren gebaut werden sollen, zurück. „Die A 81, die B 27 und der Albaufstieg der A 8 sind so wichtig, dass sie während der Laufzeit des nächsten Bundesverkehrswegeplans angegangen werden“, sagte der Minister jüngst beim Redaktionsbesuch unserer Zeitung. Den Plan soll der Bundestag bis 2015 verabschieden, und er soll bis etwa 2025 gelten.

Insbesondere im Kreis Böblingen ist der Unmut groß darüber, dass der sechsspurige Ausbau der A 81 von Sindelfingen-Ost bis Böblingen-Hulb nur auf Platz acht unter Baden-Württembergs Autobahn-Ausbauprojekten gelandet ist, während etwa die B 27 auf Platz fünf locker vorbeizog. Nach der bisherigen Finanzplanung des Bundesverkehrsministeriums durfte das Land bei der A 81 mit einem Baubeginn nicht vor 2025 rechnen. Dabei waren die Pläne für die 7,1 Kilometer schon 2007 so gut wie fertig, bevor in Böblingen und Sindelfingen die Debatte um einen bessern Lärmschutz mittels einer Einhausung der Autobahn losbrach. Sieben Jahre später sollen Bund, Land, Kreis und die beiden Städte noch in diesem Winter eine Vereinbarung über die Finanzierung des gut 68 Millionen Euro teuren 850-Meter-Deckels unterzeichnen. Die Übereinstimmung ist so groß, dass sogar der Sprecher der Bürgerinitiative Leise A 81, Hans Ambros, davon ausgeht, dass „mit neuen Einsprüchen nicht zu rechnen ist“.

Die Planung weit fortgeschritten, die Bürger im Boot, der Lärmschutz geklärt: Klingt nach guten Voraussetzungen für einen baldigen Ausbau des täglich von rund 125 000 Autos befahrenen Abschnitts. Dass dieser in der Beurteilung des Landes trotzdem nicht ganz oben landet, hat auch Straßenbauexperten in Behörden überrascht. „Wenn man so lange plant, will man doch auch bauen“, sagt einer, der nicht namentlich genannt werden will. Die Platzierung liegt laut Verkehrsminister Hermann aber an objektiven Kriterien. Die Planer in seinem Ministerium haben alle Ausbauprojekte danach analysiert, wie viel Verkehr vorhanden ist, wie oft es sich staut, wie viele Unfälle passieren, wie groß Lärm und Luftverschmutzung sind, wie viel Fläche verbraucht wird und was das Ganze kostet. „Ein fast schon wissenschaftliches Verfahren“, räumt der Experte ein.

Schlechte Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses

Die Kosten sind es, die die A 81 zurückwerfen. Bei einem Gesamtaufwand von voraussichtlich 231,2 Millionen Euro und gut 32 Millionen Euro pro Kilometer fiel die Bewertung des Kosten-Nutzen-Verhältnisses eher schlecht aus – obwohl sehr viel Verkehr, Lärm und Schmutz da ist. Deshalb ist der sechsspurige  Ausbau der B 27, der seither unter ferner liefen rangierte und den Hermann zumindest mittelfristig schon abgeschrieben hatte, auf Platz fünf hinter vier Autobahnstücken im Bereich Karlsruhe und Heilbronn katapultiert worden. Und auch der neu ins Spiel gebrachte achtspurige Ausbau der A 81 zwischen Ludwigsburg-Nord und Stuttgart-Zuffenhausen liegt direkt dahinter auf Platz sechs noch vor der A 81 bei Böblingen und Sindelfingen.

„Wenn wir Kriterien nach dem Stand der Planung machen, haben wir keine Transparenz“, sagte Winfried Hermann beim Redaktionsgespräch. Übrigens laute auch die Vorgabe vom Bundesverkehrsministerium, bei der Vorschlagsliste „keine Erbhöfe“ zu berücksichtigen. „Die B 27 ist nun mal die meist befahrene Bundesstraße Deutschlands mit mehr als 80 000 Fahrzeugen täglich“, sagte der Minister, dem bewusst ist, dass der Ausbau nicht leicht ist, da es auf den 8,2 Kilometern zwischen Aichtal (Kreis Esslingen) und der A 8 viele Brücken gibt, unter denen keine Standstreifen sind. Wegen der vielen Staus habe man sogar geprüft, ob man morgens drei Spuren Richtung Stuttgart und nachmittags drei Richtung Tübingen öffnen soll. Diese Wechsel-Verkehrsführung sei aber zu kompliziert. Dass es noch keine Feinplanung gibt, liege an der Kategorie „weiterer Bedarf“, unter der die B 27 bisher eingruppiert war. Hermann: „In diesem Fall darf nicht geplant werden.“

Winfried Hermann geht jedoch davon aus, dass beide Vorhaben angegangen werden – ebenso wie der Ausbau des Albaufstiegs der A 8, dessen Planung seit 2006 auf Eis liegt und für den es bis heute noch kein Finanzierungsmodell gibt. Die große Koalition hat jedoch angekündigt, mehr als eine Milliarde Euro zusätzlich in den Verkehr stecken zu wollen, weshalb nun wieder die Hoffnung blüht. Minister Hermann schränkt aber umgehend ein: „Ob alle Vorhaben bis 2025 fertig werden, weiß ich nicht.“