Runder Geburtstag: George Turner und seine Frau Edda Foto: Privat

16 Jahre lang stand George Turner der Uni Hohenheim als Präsident vor. Auch sonst war er beruflich eine prägende Gestalt. An diesem Mittwoch feiert er seinen 90. Geburtstag.

Ob Winfried Kretschmann ihm schon gratuliert hat? Anzunehmen ist es. Denn die beiden haben eine besondere Verbindung. Lange, sehr lange bevor Kretschmann Ministerpräsident wurde, war er George Turner aufgefallen – als „Idealist“ und „gelegentlicher Spinner“. Man schrieb die 1970er Jahre, Kretschmann war Asta-Vorsitzender an der Uni Hohenheim und gehörte einer maoistischen Gruppierung an. Turner stimmte damals dennoch für dessen Übernahme in den Staatsdienst. Ein Ausweis seiner „Liberalität, Gelassenheit und Menschenkenntnis“, wie die Uni später fand. Seine Menschenkenntnis trog Turner nicht. Während des Referendariats brach Kretschmann „radikal“ mit der linksradikalen Gruppierung, die ihm rückblickend selbst als „sektenähnlich“ erschien. Wie dessen weitere politische Laufbahn verlief, ist bekannt.

 

Als 35-Jähriger wurde er zum Uni-Präsidenten gewählt

Das kluge Abwägen und Vorausschauen ist kennzeichnend für den vor 90 Jahren, am 28. Mai 1935 in Insterburg in Ostpreußen geborenen George Turner. Auch die ihm eigene Zielstrebigkeit, die sich in seinem Werdegang spiegelt. Nach dem Abitur in Uelzen absolvierte der in der elterlichen Landwirtschaft aufgewachsene Turner ein Studium der Rechtswissenschaften, das ihn nach Göttingen, München und Würzburg führte und ihn im Agrarrecht promovieren ließ. Daran schloss sich ab 1963 eine Assistenten- und Dozententätigkeit an der TU Clausthal an, die er 1966 mit der Habilitation in Bergrecht abschloss, ehe er 1970 als erst 35-Jähriger zum ersten Präsidenten der Universität Hohenheim gewählt wurde – ein Amt, das er 16 Jahre lang bekleidete und prägte. In dieser Zeit saß Turner auch zwei Amtsperioden lang der Rektorenkonferenz vor.

1986 folgte ein Wechsel in die Politik. Eberhard Diepgen, der Regierende Bürgermeister von Berlin, holte den parteilosen Hochschullehrer in den von CDU und FDP gebildeten Senat. Turner war dort für Wissenschaft und Forschung zuständig. Sein hartnäckiges Drängen auf größere Effizienz an den Hochschulen, gepaart mit seiner Kritik an deren Umgang mit Geld und Personal, löste heftige Kontroversen aus. Nach der Abwahl Diepgens 1989 kehrte er als Professor an die Universität Hohenheim zurück, blieb Berlin jedoch durch eine Gastprofessor an der Ost-Berliner Humboldt-Universität verbunden.

Für seine hochschulpolitischen Anliegen ging er in die Bütt

Bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2000 lehrte Turner in Hohenheim Wirtschafts- und Agrarrecht sowie Wissenschaftsverwaltung – ein Thema, das ihm zeitlebens wichtig war. Turner ging es besonders um eine professionelle Leitung der Hochschulen, um die Anwendung betriebswirtschaftlicher Erkenntnisse im Hochschulalltag und die Verkürzung der Schul- und Studiendauer. Bereits in den 1970er Jahren hatte er für „mehr Wirtschaftlichkeit an den Universitäten“ geworben und ein „Management nach dem Muster von Unternehmen“ gefordert.

Für diese und andere ehrgeizige Ziele ging Turner immer wieder in die Bütt. Der 2024 verstorbene Rektor der Universität Hohenheim, Stephan Dabbert, bescheinigte ihm zum 80. Geburtstag, er habe, „wie nur wenige andere ein halbes Jahrhundert lang hochschulpolitische Debatten mitgeprägt.“ Bei der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse lobte Baden-Württembergs damaliger Wissenschaftsminister Klaus von Trotha: „George Turner erkannte viele Konfliktpotentiale in der Wissenschaftspolitik früh.“ Seine Thesen seien Grundlage für wichtige Hochschulreformen gewesen. Nach seiner Emeritierung war Turner vor allem publizistisch tätig.

Bis heute hat er alte Gerichtsurteile präsent

Seinen 90. Geburtstag erlebt George Turner „geistig hellwach“, wie Sebastian Turner, einer seiner drei Söhne, Medienunternehmer und früherer Stuttgarter OB-Kandidat, wissen lässt. „Er hat Gerichtsurteile aus den 1970er Jahren präsent und verfolgt intensiv das Zeitgeschehen – mit dem ihm eigenen Humor.“ Gefeiert wird auch, mit seiner Frau Edda und der ganzen „über den Erdball verstreuten“ Familie.