Der Leiterwagen der New Yorker Feuerwehrkompanie 3 im 9/11-Museum: Aus dieser Einheit starben die meisten unter den Ersthelfern am 11. September 2001. Feuerwehrhauptmann Patrick Brown und viele seiner Männer wurden zuletzt im 35. Stock des Nordturms gesehen, bevor die Zwillingstürme zusammenbrachen. Foto: Feyder/Feyder

Deutschland ist einem Terroranschlag islamistisch, links oder rechts motivierter Täter kaum gewachsen, kommentiert Franz Feyder den 21. Jahrestag der Terroranschläge in New York und Washington.

2977 Menschen starben an diesem sonnigen 11. September 2001, als in New York und Washington 19 Al-Kaida Terroristen drei Flugzeuge in das World Trade Center und das US-Verteidigungsministerium stürzten. Ein viertes sollte das US-Parlament, das Kapitol, attackieren. Mutig versuchten einige Passagiere, die Entführer zu überwältigen. Das Flugzeug stürzte so auf ein Feld bei Shanksville nahe Pittsburgh ab. Mehr als 3900 Menschen sind bisher an den Spätfolgen der Anschläge verstorben, weil beim Einsturz der Zwillingstürme giftige Dämpfe freigesetzt wurden, die bei Ersthelfern und den Bewohnern Manhattans Krebs auslösten. Mehr als 25 000 Menschen wurden beim Anschlag verletzt oder erkrankten in der Folge.

Das sind die nüchternen Fakten zu einem der verheerendsten Terroranschläge der Geschichte, der bis in diese Tage hineinwirkt. Denn: Die Gefahr, die weltweit von islamistisch motivierten Terrorgruppen und Einzeltätern ausgeht, ist nicht gebannt. Das zeigt nicht zuletzt der mutmaßliche Anschlag am vergangenen Donnerstagabend im bayrischen Ansbach. Und: Immer hat die US-Regierung Erkenntnisse als streng geheim eingestuft, die sich mit den Finanziers und Hintermännern der 9/11-Angriffe auseinandersetzen. So hält sie unverändert wesentliche Teile von 28 Seiten eines Untersuchungsbericht des Kongresses unter Verschluss, die sich mit der Rolle und der wahrscheinlichen Verwicklung des saudi-arabischen Königshauses in die Terroranschläge befassen.

Das in einer Zeit, in der in diesem Frühjahr die Terrororganisation Islamischer Staat zur größten, weltumspannenden Offensive seiner achtjährigen Geschichte antrat, in der Al-Kaida dank der Machtübernahme der fundamentalislamischen Taliban in Afghanistan wieder über seine alte Machtbasis verfügt. In der sich der Dschihad, der Heilige Krieg, zunehmend afrikanisiert. Und vor allem in einer Zeit, in der der Westen, besonders die USA, Westeuropa und Israel, unverändert das Hauptziel islamistisch motivierter Terroristen sind.

Zeitgleich ist das Thema Terrorismus für viele Politiker, für die meisten Menschen unwirklich, abstrakt geworden. Anschläge wie der in Ansbach werden allenfalls als einzelnes Ereignis wahrgenommen. Die Folge: Gelder, beispielsweise in den kommenden drei Jahren alleine für die Bundespolizei 497 Millionen Euro, werden gestrichen. Das umfasst auch Mittel für die Aus- und Weiterbildung im Anti-Terror-Kampf.

Viele Spezialeinheiten der Polizei, auch in Baden-Württemberg, leiden – auch wegen mangelnder politischer Wertschätzung – unter Personalmangel. Unterstützungseinheiten werden nicht aufgestellt. Analyse- und auf Cyberterrorismus spezialisierte Einheiten, in den USA und Israel üblich, sind unterbesetzt oder fehlen gänzlich. Dabei sind gerade in Deutschland in den vergangenen Jahren Anschläge nur deshalb verhindert worden, weil vor allem die USA mit den Erkenntnissen dieser Einheiten warnten.

Deutschland würde ein zeitgleich an mehreren Orten eines Bundeslandes von kleinen Gruppen oder Einzelnen ausgeführter Angriff – ob islamistisch, links oder rechts motiviert – überfordern, es an und über seine Grenzen bringen. Dabei ist noch nicht die Rede davon, dass es Anschläge verhindern könnte. Wie schon bei der Bundeswehr verlocken die Etats für die innere Sicherheit Politiker dazu, sie zu kürzen, um vermeintlich bessere, sicher aber imageträchtigere Projekte zu finanzieren. Das rächt sich, wenn Deutschland angegriffen wird. Dem Vermächtnis der mehr als 6800 Toten, der 25 000 Verletzten und Erkrankten des 9/11 wird Deutschland nicht gerecht.