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Der Brandschutz des Fernsehturms kann laut SWR so nachgerüstet werden, dass die von der Stadt verfügte Zwangsschließung bis Mitte 2014 aufgehoben werden könnte. Voraussetzung ist, dass die Stadt das Nachrüstung akzeptiert – und sich an den 750.000 Kosten beteiligt.  

Stuttgart - Am späten Dienstagnachmittag hat die SWR Media Services GmbH der Stadt das komplettierte Brandschutzgutachten zur Nachrüstung des Fernsehturms übermittelt. „Auf dieser Grundlage wollen Stadt und SWR gemeinsam entscheiden, ob der Turm wieder für die Besucher geöffnet wird“, sagte am Dienstagabend Siegfried Dannwolf, Geschäftsführer der Tochterfirma des Südwestrundfunks, die den Turm betreibt.

Auch im eigenen Haus liege das Gutachten der renommierten Firma Halfkann und Kirchner erst seit Montag vor, sagte Dannwolf im Bezirksbeirat Degerloch, wo er zusammen mit Kirsten Rickes, Leiterin des städtischen Baurechtsamts, einen Sachstandbericht abgab. „Wir werden zunächst intern prüfen, ob die vom Gutachter vorgeschlagenen Maßnahmen technisch umsetzbar sind“, sagte Dannwolf. Genauso entscheidend sei die „wirtschaftliche Tragfähigkeit“ des Konzepts. Die Öffnung des Turms für Besucher müsse sich auch rechnen. Dazu müsse der Turm wieder auf allen Ebenen für bis zu 320 Besucher gleichzeitig genehmigungsfähig und alle Flächen nutzbar sein.

„Nach der fachlichen und wirtschaftlichen Prüfung können OB Fritz Kuhn und SWR-Intendant Peter Boudgoust Anfang November über das Gesamtpaket verhandeln“, sagte Dannwolf. Nach einem ersten Blick ins Gutachten müsse man von Investitionen von 750.000 Euro ausgehen. „Dazu brauchen wir die Hilfe der Stadt“, sagte Dannwolf. Bisher hatte der SWR erklärt, dass er – weil Quersubventionierungen über Rundfunkgebühren nicht zulässig sind– maximal 500.000 Euro selbst aufbringen kann.

Gemeinsames Ziel von SWR und Stadt sei es, den Turm „wieder baldmöglichst zu öffnen“, sagte Dannwolf. Trotzdem werde man den ersten Cent für Planung und Umsetzung des erweiterten Brandschutzes erst dann ausgeben, wenn die „komplette Genehmigung“ für den öffentlichen Betrieb vorliege. Der Turm könne darum frühestens Mitte 2014 wieder geöffnet werden.

Überraschung bei Vor-Ort-Termin

Der Brandschutz in der Kanzel des Turms ist nach aufwendigen Nachrüstungen der letzte Jahren kaum noch verbesserungsfähig. Als Risiko gelten aber die zahlreichen Strom- und Sendekabel im Turmschaft. Als Gegenmaßnahmen haben die Experten bereits im Juni eine intelligente Lüftung, sensiblere Brandmelder und eine Abtrennung und Eindämmung der Kabelschächte vorgeschlagen. Dadurch soll die enge Treppe im Turminneren so sicher werden, dass sie im baurechtlichen Sinne als Fluchtweg dienen kann. Weil der Turm bisher keinen solchen Fluchtweg hat, hatte OB Kuhn am 27. März 2013 die sofortige Schließung angeordnet.

Amtsleiterin Rickes verteidigte im Bezirksbeirat den harten Kurs der Verwaltung. Man sei bei einem Vor-Ort-Termin „selbst überrascht“ gewesen, dass der 1956 erbaute Turm ohne Rettungsweg betrieben wurde, sagte sie. „In dem Moment, wo man das erkennt, muss man handeln“, sagte Rickes. Nur unter der Voraussetzung, dass dieser Rettungsweg künftig sicher sei, könne man auf den gesetzlich vorgeschriebenen zweiten Rettungsweg verzichten. „Eine solche Befreiung ist für eine Versammlungsstätte normalerweise undenkbar“, betonte Rickes. Den Fernsturm rette diesbezüglich seine denkmalgeschützte Einzigartigkeit.

Ob die kritischen Brandlasten im Turmschacht beseitigt werden können, hängt im Wesentlichen von der Dämmung der Kabelschächte ab. Die Gutachter schlagen vor, Glasfasern in die Hohlräume einzublasen. Weil das Verfahren neu ist und keine Erfahrungen beim Einsatz in bis zu 150 Meter Höhe vorliegen, sollen Spezialisten das Verfahren bewerten. Von dem Ergebnis hängt ab, ob Stadt und SWR auf das neue Brandschutzkonzept setzen oder nicht. Falls nicht, droht dem Turm die dauerhafte Schließung.