Seit mehr als 20 Jahren wird in der Alten Ziegelei in Frickenhausen nicht mehr produziert. Mit dem verwunschenen Charme des Industriegeländes könnte es bald vorbei sein. Foto: Horst Rudel

Ein Stuttgarter Investor hat das Gelände der Alten Ziegelei gekauft und will dort 70 Reihenhäuser errichten. Die Stadt muss allerdings noch formell auf ihr Vorkaufsrecht verzichten.

Frickenhausen - Das Immobilienunternehmen Baustolz Stuttgart hat das Gelände der Alten Ziegelei in Frickenhausen gekauft und will dort 70 Reihenhäuser und Doppelhaushälften errichten. Über den Kaufpreis für das immerhin 35 000 Quadratmeter große Grundstück spricht das Unternehmen, das zur Strenger Holding GmbH mit Stammsitz in Ludwigsburg gehört, nicht. Wohl aber über den voraussichtlichen Baubeginn: Frühjahr 2020.

Mit dieser Ankündigung hat der Investor, der eigenen Angaben zufolge in den vergangenen zwölf Jahren an 80 Standorten in den Regionen rund um Frankfurt, Stuttgart und München mehr als 1500 Eigenheime gebaut hat, im Frickenhausener Rathaus erhebliche Irritationen ausgelöst. Der lang erwartete Prinz mag zwar eine Bresche in die Dornenhecke geschlagen haben, doch so leicht will sich Dornröschen nicht wachküssen lassen.

Gemeinderat entscheidet nicht öffentlich

„Noch hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht auf das Gelände. Ob wir das ziehen oder ob wir darauf verzichten, muss der Gemeinderat erst noch entscheiden“, sagt der Frickenhausener Bürgermeister, Simon Blessing. Dem Projekt stehe man vor Ort zwar grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, aber unabhängig davon, wie die Abstimmung in nicht öffentlicher Sitzung ausgehe, sei auch der Zeithorizont von Baustolz sehr sportlich gesteckt. „Im Genehmigungsprozess sind viele Fachbehörden an Bord. Außerdem ist ein Teil des Geländes noch als Gewerbegebiet ausgewiesen. Da muss erst der Flächennutzungsplan geändert werden“, gibt der Schultes zu bedenken. Blessing verweist auch darauf, dass die Gemeinde Frickenhausen in den vergangenen Jahren mit einer Reihe von Gutachten zu Umwelt, Boden und Altlasten in Vorleistung gegangen ist. „Die Kosten für die Gutachten haben sich inzwischen auf rund 50 000 Euro aufsummiert“, rechnet er vor. Das Geld werde man zurückfordern.

Ziegelei ist im Jahr 1904 gegründet worden

Das Anliegen dürfte beim Ex-Eigentümer schon allein angesichts des Kaufpreises – der Quadratmeter Gewerbefläche kostet in Frickenhausen derzeit 150 Euro, für Wohnfläche liegt der Bodenrichtwert bei 370 Euro – ein müdes Lächeln hervorrufen, selbst wenn die Produktion in den inzwischen verfallenen Gebäuden vor mehr als 20 Jahren eingestellt worden ist. Tatsächlich hat im Jahr 1997 der letzte Ziegelstein die Fabrikationshalle der Firma Th.Mayer & Co. verlassen. Damit endete eine Tradition, die im Jahr 1904 begründet worden war. Die Ziegelei war dem schleichenden Verfall preisgegeben. Lediglich der MSC Frickenhausen brachte noch Leben auf das Areal. Die Motorsportler nutzen die in die Mochenhalde gegrabenen Abbauterrassen als Parcours für ihre Ausdauer- und Zuverlässigkeitswettbewerbe. „Der Verein spielt eine wichtige Rolle im Dorfleben. Dem muss die Planung auch Rechnung tragen“, sagt denn auch Blessing.

Kommt Baustolz zum Zuge, dann dürfte der Motorenlärm allerdings bald von Kinderlachen locker übertönt werden. Das Unternehmen spricht mit seinen weitgehend standardisierten Häusern und dem Versprechen, die regionalen Marktpreise um bis zu 20 Prozent zu unterbieten, gezielt junge Familien an. „Wir gehen davon aus, dass dort dann bis zu 350 Menschen leben werden“, sagt Blessing. An Nachfrage für Wohnraum mangele es in der 9100 Einwohner zählenden Tälesgemeinde nicht. „Gerade haben wir sechs Bauplätze ausgeschrieben. Da sind bisher mehr als 70 Bewerbungen eingegangen – und die Frist läuft noch“, sagt Blessing.

Es fehlen noch 140 Kindergartenplätze

Wird erst einmal gebaut, dann muss die Gemeinde schleunigst ihre Infrastruktur anpassen. „Da würden dann 140 Kinder wohnen, die in Kindergärten untergebracht werden müssten. Die Plätze haben wir bisher nicht“, sagt der Bürgermeister.

„Wir bauen nicht irgendwo auf dem Berg. Wir achten darauf, dass bei unseren Projekten die Infrastruktur vor allem für junge Familien stimmt – soziale Anbindung, nah zum Zentrum und zum öffentlichen Nahverkehr“, bestätigt Daphne Demetriou, die Pressesprecherin von Baustolz. Ihren Worten zufolge hat das Unternehmen das „Aldi-Prinzip“ erfolgreich auf den Wohnungsbau übertragen. „Freches Produkt, geringe Auswahl, Top-Qualität, bester Preis“, fasst sie das Markenversprechen zusammen. Das Unternehmen habe lediglich drei Haustypen mit geringem Individualisierungsgrad im Angebot. „Das ist ein standardisiertes Angebot, das Online noch konfigurierbar ist“, sagt Daphne Demetriou. In Maßen, denn allenfalls könnte die ein oder andere Eigenleistung herausgenommen werden. Am Ende stehe dann ein Festpreis, auf den Verlass sei. Ob die Verlässlichkeit auch den Baubeginn einschließt, will die Unternehmenssprecherin nicht unterstreichen. „Der Zeitplan ist schon sehr ambitioniert“, gibt sie zu.