Eines der ersten Fahrzeuge des THW Stuttgart. Das Bild stammt aus den 1950er Jahren. Foto: privat/THW

Im Sommer 1952 wurde der Stuttgarter THW-Ortsverband gegründet. Seitdem sind die Männer und Frauen mit blauer Uniform und gelbem Helm zu unverzichtbaren Helfern geworden. Am Sonntag stellen sie sich und ihre Aufgaben beim Tag der offenen Tür vor.

Wer in Deutschland vom „Blauen Engel“ spricht, der meint in erster Linie den gleichnamigen Film, der Marlene Dietrich berühmt machte. Seit dem Orkan Lothar im Dezember 1999 hat der Begriff freilich auch eine andere Bedeutung: „Als wir damals in Frankreich halfen, nannten uns die Franzosen voller Dankbarkeit ‚blaue Engel‘“, erzählt Jürgen Löhmann. Seit 38 Jahren ist er Mitglied im THW-Ortsverband Stuttgart, seit 18 Jahren ist er als Ortsbeauftragter dessen Chef. In diesem Jahr feiern die Helfer mit den blauen Uniformen und den gelben Helmen ihr 70-jähriges Bestehen. Am Freitag, 16. September, gibt es auf dem Gelände an der Burgholzstraße 31 ein Rockkonzert mit Liveband, am Sonntag folgt dort dann ein Tag der offenen Tür.

 

Zivil, nicht militärisch

Als der Stuttgarter Ortsverband im Sommer 1952 ins Leben gerufen wurde, waren die schrecklichen Ereignisse des Zweiten Weltkriegs noch in starker Erinnerung, und der Kalte Krieg war im Anfangsstadium. Zwei Jahre zuvor hatte der damalige Bundesinnenminister Gustav Heinemann den Auftrag erteilt, einen zivilen Ordnungsdienst aufzustellen. Dabei stand vor allem der Katastrophenschutz im Mittelpunkt, es sollte sich um eine zivile und keine militärische Behörde handeln.

„In Stuttgart begann die THW-Geschichte mit einem Lkw und zehn Mann“, erzählt Löhmann. Standort sei zunächst die Funker-Kaserne (Theodor-Heuss-Kaserne) in Bad Cannstatt gewesen. Fünf Jahre später zog man nach Stuttgart-West, wo das THW fast vier Jahrzehnte lang untergebracht war. 1996 kam der Ortsverband in der Reiterkaserne (Hallschlag) unter, seit Juli 2011 schließlich nutzt man den Neubau an der Burgholzstraße 31 in Münster.

Hilfskonvoi nach Russland

Seit 1954 sind die Helfer regelmäßig auch international im Einsatz. Ob Hochwasser, Orkan oder Erdbeben, die Aufgaben sind vielschichtig. Ebenso wie die Einsatzorte: „1992 und 1993 brachten wir Hilfsgüter nach Russland“, erzählt Löhmann. Damals war die Sowjetunion zusammengebrochen, es herrschte ein großer Mangel an Nahrung, Kleidung und Sanitätsmaterial. „Man hat uns mit offenen Armen empfangen“, erinnert er sich. Das dürfte in Kolumbien zumindest bei gewissen Leuten anders gewesen sein. Dort mussten die Stuttgarter Waffen der Farc-Rebellen unschädlich machen beziehungsweise vernichten. Auch Haiti, Ruanda und andere Länder am anderen Ende der Erde zählten zum Einsatzgebiet. „Besonders schwierig war es für mich, meine Leute während der Ebola-Epidemie nach Ghana zu schicken“, sagt Löhmann. Gott sei Dank sei niemand zu Schaden gekommen – weder in Ghana noch bei einem anderen Einsatz. Auch nicht vergangenes Jahr im Ahrtal. Dort waren die Stuttgarter vom ersten Tag an mit insgesamt rund 70 Männern und Frauen vor Ort. Es war ihr bislang größter Einsatz. „Das war sehr bewegend“, sagt Patrick Holuba, einer der beiden Stellvertreter von Löhmann. Den Anblick von übel zugerichteten Leichen müsse man erst einmal verkraften. Dennoch sagt der 37-Jährige: „Solche Einsätze machen klar, warum ich beim THW bin. Das gibt mir Motivation.“

Großeinsatz im Ahrtal

125 aktive Helfer hat der Ortsverband momentan, dazu kommen nochmals rund 80 Reserve- beziehungsweise Althelfer. Nachwuchssorgen gibt es nicht, dennoch werden Fachleute wie beispielsweise Elektriker oder Installateure gesucht. Auch materiell ist man gut gerüstet, vor allem in den vergangenen beiden Jahren gab es kräftige Finanzspritzen, der Wagenpark umfasst rund 30 Fahrzeuge und ist sehr modern. Die Finanzierung des THW erfolgt durch den Bund. 15 500 Dienststunden leistete der Ortsverband im Jahr 2020, mit 33 000 waren es 2021 mehr als doppelt so viele – fast die Hälfte davon im Ahrtal.

Die THW Rock Night findet am Freitag, 16. September, ab 19 Uhr statt, es spielen Rabbit Food. Am Sonntag, 18. September, gibt es an der Burgholzstraße 31 von 11 bis 17 Uhr einen Tag der offenen Tür. Der Eintritt ist jeweils frei.