Einer der illustren Gäste beim Gala-Abend anlässlich des 70. Geburtstages der Stuttgarter Nachrichten ist Gotthilf Fischer gewesen. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Ein Abend voller Überraschungen: Die „Stuttgarter Nachrichten“ werden 70 Jahre alt – und viele Gäste feiern mit in der Sparda-Welt in Stuttgart.

Stuttgart - Ist er’s – oder ist er’s nicht? Zugegeben: Die Ähnlichkeit mit seinem großen Vorbild deutet die Perücke nur an, die StN-Kolumnist Tom Hörner trägt, als er die Bühne betritt. Doch zum Glück währt die Verwunderung der gut 300 Gäste nur kurz, denn auch das Original ist da: Gotthilf Fischer, der König aller Chorleiter, springt dem Moderator des Abends zur Seite und übernimmt das Kommando. Fischer dirigiert, das Publikum singt ein herzhaftes „Zum Geburtstag viel Glück“ und „Oh wie ist das schön“. „Ganz spontan“ sei das, sagt Fischer, Lieder wähle er immer nach Stimmung und Publikum aus. In diesem Fall: Heiter bis fröhlich.

Jubiläum: Es bleibt nicht die einzige Überraschung, die die Besucher an diesem Abend im Eventcenter der Sparda-Welt am Hauptbahnhof erleben. Die Stadtprominenz präsentiert sich im fliegenden Wechsel. Kein Wunder, 70 Jahre sind schließlich ein Wort. Gerade in Zeiten, in denen auch die Tageszeitung einen Wandel erlebt. Ein Wandel, der viele Informationsmöglichkeiten, aber häufig keine Orientierung bringt. Und der deshalb mehr denn je ein verlässliches Medium braucht. Oder wie Gastgeber Andreas Küchle, Marketingchef der Sparda-Bank, es formuliert: „Fakten sammeln, nachdenken, abwägen, eine Meinung bilden. Als Anker in einer eiligen Zeit.“ Die Leser sehen eine gute Zeitung so: informativ, lokal, unparteiisch – und morgens pünktlich im Briefkasten.
Gute Gesellschaft I: Die findet sich nicht nur im Saal. Denn die Stuttgarter Nachrichten sind nicht der einzige wichtige Jubilar. Viele andere Errungenschaften feiern ebenfalls ihren Siebzigsten: der Bikini zum Beispiel oder die Waschmaschine. Nicht zu vergessen der Unimog oder Panik-Rocker Udo Lindenberg. Und natürlich die Sprühsahne.
Elefantenrunde: Ja, das ist ein bisschen unverschämt. Aber auch wahr. Schließlich stehen da 33 Jahre StN auf der Bühne. Jürgen Offenbach hat zwischen 1979 und 2007 das Blatt als Chefredakteur gelenkt. Christoph Reisinger tut es seit 2011. Ganz einig sind sie sich nicht in jedem Punkt an diesem Abend, aber doch in einem: dem Lob für die Leistungen der Redaktion. Offenbach erinnert an die Aufdeckung der gefälschten Hitler-Tagebücher, Reisinger an die Themen Salafismus oder Schlecker. Oder anders formuliert: Gut war, wenn andere bei uns abschreiben.
Wirtschaftsgipfel: Das darf man wörtlich nehmen, denn ein waschechter Wirt sitzt auf der Bühne. Burhan Sabanoglu stammt aus der Türkei, überzeugt die Schwaben aber seit Jahrzehnten mit Maultaschen und Spätzle. Der Murrhardter Hof am Stuttgarter Wilhelmsplatz ist sein Revier. Wie das geklappt hat? „Mit Herz und Fleiß.“ Für Gorbatschow hat er gekocht und Lothar Späth. Mit dem war Matthias Kleinert, früherer Staatssekretär und Daimler-Botschafter, auf der ganzen Welt unterwegs. Die eine oder andere Geschichte gibt es da zu erzählen. Und eine Gemeinsamkeit mit Sabanoglu: Kleinert ist zugewandert. Aus Berlin.
Die ganze Welt: Der Abend bietet einen Streifzug durch das Leben in all seinen Facetten. Zum Beispiel in die Kultur. Ballett-Intendant Reid Anderson berichtet über sein Verhältnis zu den Kritikern und gesteht: „Mein Leben ist voller Stuttgart, wo immer ich bin.“ Konzertveranstalter Michael Russ dagegen erinnert sich schmunzelnd an eine Zeitungskritik über ein Konzert, das gar nicht stattgefunden hat. Er fordert gleich noch eine neue Konzerthalle. Der angesprochene Oberbürgermeister Fritz Kuhn redet lieber über dicke Luft im Kessel, aber auch über die Vorzüge seiner Stadt. In puncto Verkehr, das weiß der frühere StN-Kommunalpolitikchef Gert Fach, hätte alles noch viel schlimmer kommen können, denn es waren einst sogar doppelstockige Stadtautobahnen geplant. Beim Thema Sport findet Ex-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger Platz zwei seines Vereins VfB Stuttgart schon mal ganz gut – es ist halt die falsche Liga. Von Erfolgen erzählt Karin Reichert-Frisch: ihren Medaillengewinnen in der Leichtathletik.
Blick in die Zukunft: Plötzlich steht eine kleine Heldin auf der Bühne. Giulia Micolani hat ihre 96-jährige Nachbarin nach einem Sturz gerettet. Die Zwölfjährige verkörpert die Zukunft. Wie sie sich die vorstellen, erzählen weitere Kinder im Video: „weniger Abgase“, „neue Techniken“, keine Krankheiten mehr, schwebende Häuser – und „dass man sein Gehirn nicht mehr so anstrengen muss, weil das ein Computer übernimmt“.
Gute Gesellschaft II: Neben vielen Lesern unter den Gästen: Thomas Bopp, Vorsitzender des Verbandes Region Stuttgart, Polizeipräsident Franz Lutz, Andreas Schwarz, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag, Joachim Dorfs, Chefredakteur der „Stuttgarter Zeitung“, sowie mit Alexander Paasch, Herbert Dachs und Bernhard Reese ein guter Teil der Führungsriege aus dem Stuttgarter Pressehaus.
Lektüre: Am Ende gibt’s für die Gäste die große Sonderbeilage zum runden Geburtstag. Ebenso wie heute für Sie, liebe Leserinnen und Leser. Um die Brücke in die Zukunft zu schlagen, halten wir zudem digital eine Multimedia-Reportage parat. Sie ist zu finden unter der Adresse www.stn.de/70jahre. Gotthilf Fischer betätigt sich übrigens noch als Wahrsager: Er kündigt die deutsche Meisterschaft für den VfB an. Bleibt nur zu hoffen, dass das nicht 70 Jahre dauert. Darauf ein herzhaftes „Oh wie ist das schön“.