Ein Zebrastreifen am Marktplatz in Sindelfingen. Foto: dpa

Nach 60 Jahren wird immer noch diskutiert, ob der Zebrastreifen für sichereren Verkehr sorgt.

München - Im Juli 1952 wurde in München in der Neuhauser Straße der erste Zebrastreifen Deutschlands auf eine Fahrbahn gepinselt. Experimente zeigen aber, dass das Streifenmuster in der Tierwelt eher zur Tarnung dient.

Der berühmteste Zebrastreifen in Europa führt über eine Straße mitten in London. Von ihm gibt es eine legendäre Aufnahme: Vier Männer mittleren Alters überqueren vor den Abbey Road Studios mit zügigen Schritten die weißen Markierungen auf der Straße. Das Foto stammt aus dem Jahr 1969 und ziert das Cover der vorletzten Beatles-Platte.

Normalerweise ist der Zebrastreifen weniger spektakulär ins Licht gesetzt, und er ist vor allem in die Jahre gekommen. Seit 60 Jahren gibt es nun in Deutschland die schwarz-weißen Straßenmarkierungen. Der Juli 1952 gilt als die Geburtsstunde. Damals wurden in München an zwölf Stellen sogenannte Fußgänger-Brücken auf die Fahrbahnen aufgetragen. So jedenfalls lautete in der alten Bundesrepublik im Beamtendeutsch der 1950er Jahre der Zebrastreifen offiziell. In der DDR wiederum war vom „Fußgängerschutzweg“ die Rede.

Hauptgrund für seine Einführung war, dass schon seit den 1930er Jahren das wachsende Verkehrsaufkommen das Leben für die Fußgänger in den westlichen Metropolen zusehends gefährlicher werden ließ. Drei von vier Unfallopfern waren damals Radfahrer oder Fußgänger.

Damit die Leute die Fahrbahn sicherer überqueren konnten, ließ die britische Regierung schon 1948 an Kreuzungen in London spezielle Furten für Fußgänger kennzeichnen. Zwei parallel verlaufende und gepunktete Linien wiesen diese Schutzzone aus. Der Legende nach soll dann der spätere britische Premierminister James Callaghan den Namen Zebrastreifen erfunden haben. Ihn erinnerten die Balken offenbar an die Huftiere, so dass er die Fahrbahnmarkierung „zebra crossing“ getauft haben soll. Allerdings waren die Streifen in England zunächst blau und gelb. Erst später gab es die weißen Streifen auf schwarzem Asphalt.

ADAC: Fußgänger machen oft den Fehler, sich zu sehr auf eben diesen Vorrang zu verlassen

In Deutschland hatten die Autos auch nach der Einführung des Zebrastreifen noch zwölf Jahre lang Vorrang. Erst 1964 wurde das zugunsten der Fußgänger geändert. Ob der Zebrastreifen aber tatsächlich zu mehr Verkehrssicherheit führt, ist noch heute umstritten. Der ADAC verweist darauf, dass Fußgänger oft den Fehler machen, sich zu sehr auf eben diesen Vorrang zu verlassen. Das führe dazu, dass die Passanten oftmals nicht mehr richtig auf den Verkehr schauen. Auch der Auto Club Europa (ACE) kritisiert, dass innerorts fast jeder fünfte Unfall an einem Zebrastreifen passiert.

Denn ob die aus Sicht des Autofahrers längs aufgezeichneten schwarz-weißen Streifen tatsächlich zu erhöhter Aufmerksamkeit führen, ist nicht nachgewiesen. In der Tierwelt ist sogar das Gegenteil erwünscht. Eine verbreitete Theorie besagt, dass die Streifen bei den Zebras vor allem zur Tarnung dienen. Wenn sie im Gras der Savanne stehen und die Luft flimmert, verschwindet das einzelne Zebra in der weißen Masse.

Forscher aus Ungarn und Schweden haben nach einem Experiment weitere Erkenntnisse über das Streifenmuster der Zebras gewonnen. Die Wissenschaftler prüften, wie Insekten auf Streifen reagieren. Dazu reisten sie auf ungarische Pferde-Farmen und stellten dort schwarze, graue, weiße und gestreifte Plastikmodelle auf. Die Streifen waren unterschiedlich breit und verschieden zueinander angeordnet.

Ein Zebrastreifen kostet eine Kommune rund 6000 Euro

Um herauszufinden, auf welchem Muster die blutsaugenden Bremsen am liebsten landeten, bauten die Forscher Insekten-Fallen. Sie füllten wannenähnliche Skulpturen mit Salatöl. Zu ihrer Überraschung flogen die wenigsten Insekten auf die gestreiften Modelle. Und: Je schmaler die Streifen waren, desto weniger Insekten tappten in die Klebefalle. Das Muster mit der größten Ähnlichkeit zum echten Zebrafell zog die wenigsten Insekten an. Damit wurde auch der Wissenschaftler Jeffrey Waage bestätigt, der schon 1979 eine ganz ähnliche Theorie über das Tarnmuster der Zebras aufgestellt hatte. Sprich: In der Tierwelt zumindest dienen die schwarz-weißen Streifen keinesfalls dazu, besondere Aufmerksamkeit und Achtsamkeit zu erwecken.

Bleibt die Frage, wie Fußgängerüberwege wirken: In Bundesländern wie Sachsen jedenfalls werden nur noch wenige Zebrastreifen ausgewiesen. Das dortige Verkehrsministerium sieht etwa in Verkehrsinseln die bessere Variante. Dort haben die Fußgänger die Möglichkeit, zunächst die Hälfte der Straße zu überqueren. Dann können sie gefahrlos stoppen, sich neu orientieren und erst danach die zweite Straßenhälfte in Angriff nehmen.

Allerdings ist es wie immer: Ob ein Zebrastreifen, eine Verkehrsinsel oder eine Fußgängerampel gebaut wird, hängt auch vom Geld ab. Ein Zebrastreifen kostet eine Kommune rund 6000 Euro. Bei einer Fußgängerampel aber muss man mit der fünffachen Summe rechnen.