Die Landfrauen Leinfelden-Echterdingen werden 50 Jahre alt. Mit welchen Klischees sie heute noch kämpfen, und was die Landfrauen eigentlich ausmacht, das erzählen sie hier.
Die Klischeevorstellungen sind schwer loszuwerden. Das wissen sowohl die älteren als auch die jüngeren Landfrauen in Leinfelden-Echterdingen. „Die meisten denken, bei den Landfrauen geht es immer noch nur ums Backen und Kochen“, sagt Tina Simmendinger und lacht. Das hat vielleicht mit dem großen Einsatz der Landfrauen beim jährlichen Krautfest zu tun: Da sind sie am Backhaus schwer beschäftigt, produzieren Echterdinger Deien, Kraut- und Zwiebelkuchen. Alle packen mit an beim Backen, Vorbereiten und Bewirten.
Das Krautfest ist zwar ein großer Teil des Vereinslebens – aber eben nicht alles. Und war es auch noch nie. Aber dass alle mit anpacken, ist schon immer selbstverständlich. Das wird auch so sein, wenn die Die Landfrauen Leinfelden-Echterdingen im April mit einem großen Fest ihr 50-Jahr-Jubiläum feiern. Derzeit setzt sich der Verein aus den älteren Landfrauen, den Jungen Landfrauen und den Junior-Landfrauen zusammen. Die ersten beiden Gruppen gehören zusammen, machen aber jeweils ein eigenes Programm, mit einigen Überschneidungen: Während sich die Älteren – unter der Regie der beiden Vorsitzenden Inge Holzäpfel und Erika Krieg – zu Singabenden, Vorträgen und kleineren Ausflügen treffen, überlegen sich Tina Simmendinger und Claudia Hertig ein vielfältiges Programm, um die Interessen der Jüngeren abzubilden: Erste-Hilfe-Auffrischung, Familienausflug, Pralinen herstellen, Weinwanderung, Türkränze oder Windlichter basteln, ein Selbstverteidigungskurs beim TSV Leinfelden oder eine Führung bei Kessler-Sekt in Esslingen. Alle Altersgruppen treffen sich bei Angeboten wie Vorträgen zu Nachhaltigkeit oder dem Adventskranzbasteln. „Diese Vielfalt ist es auch, die mir besonders gut gefällt bei den Landfrauen“, sagt Simmendinger. Auch neue Freundschaften seien bei den Jungen Landfrauen entstanden, erzählt Hertig.
Über die Mütter sind sie dazu gekommen
„Ich bin über meine Mutter dazu gekommen“, berichtet Inge Holzäpfel. Sie war Gründungsmitglied. Erika Krieg hatte Familienmitglieder, die bei den Landfrauen in Filderstadt waren, „und ich dachte immer: das kann ich immer noch irgendwann mal auch machen“. Dann habe sie ein Vortrag interessiert, sie kam dazu – und ist geblieben. Auch Tina Simmendinger kam über ihre Mutter zu den Landfrauen – sie ist die Tochter von Inge Holzäpfel. Gemeinsam mit Claudia Hertig war sie schon länger Mitglied, als die Bestrebungen Fahrt gewannen, jüngere Frauen ins Boot zu holen – vom Verband auf Bundes- und Landesebene, aber auch ganz konkret im Ortsverein. „Uns war klar: wenn wir die Jungen Landfrauen machen wollen, dann gehen keine Termine alle paar Wochen“, erzählt Claudia Hertig. Schließlich seien alle eingespannt mit Beruf, Familie und Kindern. „Die Landfrauen-Termine sollen ja keine weitere Belastung sein.“ So gibt es bei den Jungen Termine mit größeren Zeitabständen, die abends oder am Wochenende stattfinden.
Und während sie sich nicht aufs Backen reduzieren lassen wollen, so ist das Krautfest doch ein wichtiger Bestandteil. „Wir wollten mit den Jungen Landfrauen auch die Älteren beim Krautfest unterstützen und von ihnen das Handwerk lernen“, sagt Claudia Hertig. So sind alle Altersgruppen der Landfrauen beim Fest dabei und bewältigen die Bewirtung gemeinsam. Auf diese Weise sind auch Claudia Hertigs beide Töchter dazu gekommen: „Meinen beiden Töchtern und meinem Sohn hat es immer viel Spaß gemacht, beim Krautfest mitzuhelfen, sie sind da reingewachsen“, erzählt Hertig. Die eine habe sogar das Krautfest dem Schullandheim vorgezogen: „Als es um den Termin ging, hat sie gesagt: Da kann ich nicht, da ist Krautfest.“ Die Töchter sind mittlerweile auch Mitglied bei den Landfrauen, sie sind die beiden „Junior-Landfrauen“ unter 18 Jahren.
Ende April stehen Vorstandswahlen an. Anlass für Inge Holzäpfel und Erika Krieg, für die nächste Generation Platz zu machen. „Wir sind Auslaufmodelle“, sagt Inge Holzäpfel im Scherz, „wir freuen uns, dass es Jüngere gibt, die übernehmen können.“ Dabei schauen die beiden Claudia Hertig und Tina Simmendinger an – die zwei überlegen aber noch, ob sie sich aufstellen lassen wollen als erste Vorsitzende. Auf jeden Fall solle „der Zusammenhalt erhalten bleiben“, das wünschen sich Erika Krieg und Inge Holzäpfel. Und: „Heute definieren wir uns als Frauen, die auf dem Land leben und wohnen“, sagt Inge Holzäpfel – wider die Klischees und bald in der nächsten Generation.
Die Landfrauen Leinfelden-Echterdingen
Der Anfang
Im Frühjahr 1975 sind die Landfrauen Leinfelden-Echterdingen gegründet worden, 52 Frauen waren dabei. „Damals wie heute waren es Frauen aus allen Stadtteilen von Leinfelden-Echterdingen“, sagt Inge Holzäpfel. „Das ist schon ein bisschen besonders.“ Damals hat man sich nachmittags getroffen, denn abends mussten die Landwirtinnen in den Stall. Und weil im Sommer jede helfende Hand auf den Feldern gebraucht wurde, fanden die Treffen nur von Herbst bis ins Frühjahr statt. Aber schon damals ging es nicht nur ums Backen, sondern auch um den Bildungsaspekt, also Vorträge oder Gespräche zu unterschiedlichen Themen.
Der Verein
Die erste Vorsitzende war Hedwig Steinke, die nach 29 Jahren den Stab an Waltraud Böhmler und Inge Holzäpfel weitergab. Seit 2014 stehen Inge Holzäpfel und Erika Krieg dem Verein vor, insgesamt sind es sieben Vorstandsmitglieder. 132 Mitglieder hat der Verein derzeit. Wer die Landfrauen kontaktieren will, kann sie per E-Mail an landfrauen-le@freenet.de oder jungelandfrauen@web.de erreichen.