Die Krauthalle von Bernhausen, 1930 erbaut und 1961 abgerissen. Heute befindet sich auf diesem Gelände die Filharmonie. Foto: Stadtarchiv Filderstadt

Um an die Stadtgründung vor 50 Jahren zu erinnern, hat der Filderstädter Gemeinderat das Theater Lindenhof aus Melchingen beauftragt, ein Jubiläumsstück auf die Bühne zu bringen. Jetzt gibt es erste Einblicke in die Produktion „Hin und Weg“, die am 11. Juli Premiere hat.

Als vor 50 Jahren die Stadt Filderstadt gegründet wurde, war niemandem wirklich nach feiern zumute. Das ist jetzt im Jubiläumsjahr 2025 anders. Auch in Leinfelden-Echterdingen und Ostfildern, den ebenfalls in dieser Zeit entstandenen Nachbarstädten, gibt es zahlreiche Aktionen und Festivitäten, um an den anfangs mühsamen Weg von gestern nach heute zu erinnern. Die Stadt Filderstadt hat dazu ein Theaterstück beim Theater Lindenhof in Auftrag gegeben. Das kennt sich schon aus mit dieser Aufgabe, bereits einige Stadtjubiläen hat es in den vergangenen Jahren theatralisch aufbereitet mit Beteiligung der Bevölkerung und diversen Spielorten an markanten Stellen in den jeweiligen Städten.

 

Theaterstück „Hin und Her“

Nun hat das Leitungs- und Produktionsteam erstmals öffentlich vorgestellt, was die Filderstädter unter dem Namen „Hin und her“ erleben werden im Sommer. Denn mehr als 200 Bürger haben sich gemeldet aus Neugier, mal bei einem Schauspiel nicht nur Zuschauer, sondern Beteiligter zu sein. Etwa 150 davon sind in die Filharmonie gekommen, was auch vollkommen in Ordnung war, da sie ihre Vereine, Theater-AGs und andere Zusammenschlüsse vertreten haben, die im weiteren Verlauf detailliert auf ihre Aufgaben vorbereitet werden.

Der erste Filderer

Und die Theaterleute gehen nun mal gründlich zur Sache. Eine Frage beschäftigte sie etwa: Wer war eigentlich der erste Filderer überhaupt? Die richtige Antwort lautet: der Lößboden. Und weil der so fruchtbar war, schloss sich daran eine gut 5000 Jahre währende intensive landwirtschaftliche Nutzung an, also so ungefähr von der Jungsteinzeit an, mit entsprechender Besiedelung.

Und wie bringt man so etwas auf die Bühne? Erste Gespräche und Ideensammlungen haben schon stattgefunden mit Grundschülern, so die Regisseurin Claudia Rüll Calame-Rosset. Sie lacht viel an diesem Abend, auf sympathische, offene Weise. Aber sie hat auch ganz klare Vorstellungen, wie dieses Theaterereignis verlaufen soll.

Klar ist: Der zentrale Aufführungsort ist die Filharmonie, hier ist die Eröffnung und der Abschluss von „Hin und Weg“. Die Musikschule Filum gleich daneben spielt ebenso eine große Rolle. Hier wird beispielsweise die historische Gemeinderatsversammlung nachempfunden, in welcher die Gründung von Filderstadt rechtskräftig beschlossen wurde. Dabei wird auch daran erinnert, dass dieser Ort, an dem sich die Filharmonie heute befindet, bis in die 1960er Jahre hinein eine andere wichtige Bedeutung hatte für das damalige Bernhausen: Dort stand bis zu ihrem Abriss im Dezember 1961 die Krauthalle, die lokale Börse für den Handel mit Kraut. Um zu verdeutlichen, wie wichtig diese Halle als Handelsplatz und Ort des gesellschaftlichen Lebens war, wird dort eine Art Jahrmarkt stattfinden.

Die Zeitmaschine

Die Lindenhöfler installieren auch eine Zeitmaschine in Filderstadt. Die soll in die Vergangenheit führen. Das macht sie auch, doch aufgrund eines Programmierfehlers macht sie erst einen Sprung nach vorne zur 100-Jahr-Feier-Filderstadt. Die Besucher erfahren also, was den Filderstädtern des Jahres 2075 so alles einfällt zur 50-Jahr-Feier 2025. Das sind eben Kapriolen, die man am Theater gut anstellen kann. Und wenn es gut gemacht ist, haben auch alle viel Spaß daran.

Und der Spaß kam auch nicht zu kurz bei dieser Publikumsveranstaltung. Zu besprechen gab es viel und wird es auch noch weiter geben, aber Theater ist auch Bewegung. Und so gab es an diesem Abend auch etliche Bewegungsübungen mit dem Choreografen Roberto Krieg: Laufen im Foyer, Entspannungsübungen, Bewegen im Kreis, Grundschritte des Polka-Tanzes – das waren willkommene Elemente der Abwechslung. Und Krieg, der für diese Jubiläumsproduktion auch einige Choreografien entwickeln wird, bekam so erste Einblicke, was die Freiwilligen alles schon mitbringen für einen theaterwirksamen Auftritt.

Filderstadt als Partner des Theater Lindenhof

Am 2. April gibt es wieder so eine Veranstaltung. Dann zeigen einzelne Gruppen, wie weit sie mit den Proben gediehen sind. An den Gesamtproben am 26., 27. und 30. Juni sowie am 5., 6., 9. und 10. Juli sollten dann aber schon alle teilnehmen. Und selbstverständlich dann bei den Aufführungen selbst am 11. bis 13. Juli sowie am 18. bis 20. Juli.

Die Katze im Sack hat der Filderstädter Gemeinderat mit dieser Produktion „Hin und weg“ also nun wirklich nicht bestellt. Da kommen verlässliche Partner wieder zusammen. Denn das Theater Lindenhof und die Stadt Filderstadt sind seit 30 Jahren, also mit Eröffnung der Filharmonie, in Partnerschaft verbunden, Filderstadt ist Partnerstadt des Regionaltheaters Theater Lindenhof in Melchingen. Eigentlich sind die Lindenhöfler das Haustheater der Filharmonie. Da gab es sogar mal ein Lindenhof-Abonnement für mehrere Gastspiele der Melchinger in einer Spielzeit. Das konnte aber irgendwann nicht mehr bedient werden, auch in anderen Städten im Ländle wuchs die Nachfrage nach Lindenhof-Gastspielen. Und den Spielkapazitäten dieses Ensembles sind nun mal Grenzen gesetzt. Heute sind sie immerhin noch ein- bis zwei mal pro Spielzeit im Spielplan der Filharmonie vertreten.

Theater Lindenhof in Filderstadt und in Melchingen

Filderstadt
Zum Produktionsteam zählen derzeit Claudia Rüll Calame-Rosset (Buch, Regie), Stefan Hallmayer (Intendanz Theater Lindenhof, Roberto Krieg (Choreografie), Katharina Müller (Kostüme), Georg Kistner (Dramaturgie), Nikolaus Back (Stadt Filderstadt / Buch), Alexander Frey (Filharmonie Filderstadt). Im weiteren Verlauf werden noch fünf bis sechs Schauspielprofis vom Theater dazukommen.

Unterwegs
Theaterprojekte mit Bürgerbeteiligung zu Stadtjubiläen oder zu Stadtthemen sind ein bedeutendes Standbein vom Theater Lindenhof. 2016, 2022 und 2025 in Riedlingen, zuletzt „Donaustrand und Meeresrauschen“. 2025 gibt es dort das Projekt „Handel und Händel“. In Mössingen gab es „Ein Dorf im Widerstand“ und 2019 „Aufstieg und Fall einer Firma“ zur Geschichte des Textilunternehmens Pausa vor Ort. Seit 1999 gibt es alle vier Jahre Bürgertheater in Stetten am kalten Markt.

Melchingen
Das Theater Lindenhof führt jährlich rund 350 Veranstaltungen durch, davon über 200 in Burladingen-Melchingen und 120 an Gastspielorten in ganz Baden-Württemberg, aber auch überregional in München, Hamburg, Berlin oder Recklinghausen. Damit haben sich die Theatermacher den in Deutschland einzigartigen Förderstatus „Regionaltheater“ erspielt. Mit seinen Aufführungen erreicht das Theater jährlich 45 000 Zuschauer, davon 20 000 allein in Melchingen. Dafür hat es viele Preise bekommen, hier in Baden-Württemberg, aber auch außerhalb: Drei Mal wurden Inszenierungen mit dem Monica-Bleibtreu-Preis der Privattheatertage Hamburg ausgezeichnet. (dl)