Das Amtsgericht Böblingen verurteilt einen 50-Jährigen zu zwei Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Er soll seine damalige Ehefrau vergewaltigt haben.
Vergewaltigung oder einvernehmlicher Geschlechtsverkehr? Zwei völlig unterschiedliche Versionen ein und desselben Abends Ende Januar 2024 bekamen Richter und Schöffen am Donnerstagvormittag vor dem Amtsgericht Böblingen von den beiden einzigen Beteiligten präsentiert. „Die Aussage der Zeugin war schlüssig und ohne Widersprüche“, folgte die Kammer schließlich der Darstellung, die das Opfer im nicht-öffentlichen Teil gemacht hatte. Deren 50-jähriger Ex-Ehemann wurde schließlich zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt.
Es war das Bild einer toxischen Beziehung und einer am Ende krachend gescheiterten Ehe, das sich vor Richter Werner Kömpf und den beiden Schöffen ausbreitete. Über eine Internet-Plattform hatten sich die mittlerweile geschiedenen Eheleute vor mehr als zehn Jahren kennen gelernt, und recht schnell zog die zuvor schon zweimal verheiratete Frau und fünffache Mutter zum Angeklagten nach Stuttgart. Was harmonisch begann, kippte angesichts zunehmender Streitereien wegen Geld und Sex bald ins Tragische. Das Paar trennte sich zwar zeitweise, zog dann in Dagersheim aber wieder in eine gemeinsame Wohnung – ohne, dass sich etwas änderte. „Unsere Beziehung war schon nicht normal“, räumte der Angeklagte vor Gericht ein, „sie rastete aus und warf mit Sachen, es gab immer mehr Gewaltexzesse.“
Hinzu kamen bei ihr eine Privatinsolvenz, Bürgergeldbezug und zunehmende gesundheitliche Probleme bis hin zur Bettlägerigkeit, bei ihm zeitweise Arbeitslosigkeit und übermäßiger Alkoholkonsum. Eine Gemengelage, die auch dem gemeinsamen Vermieter nicht verborgen blieb, der versuchte zu schlichten und zu einer wenigstens zeitweisen räumlichen Trennung riet.
Die sollte Ende Januar dieses Jahres erfolgen. Zuvor wolle er sie noch einmal „vögeln“, drohte der Angeklagte in einem als Beweismittel zugelassenen Internet-Chat Mitte Januar. Was an diesem Tag noch ausblieb, geschah dann nach Auffassung von Staatsanwaltschaft und Gericht als „angekündigte Vergewaltigung“ zehn Tage später. Erst die benachrichtigte Schwester der Geschädigten rief die Polizei, die den schlafenden Beschuldigten im Schlafzimmer überwältigte.
Frau beherrscht Kampftechniken
Wer war Opfer? Am Ende wohl beide. Der Angeklagte zumindest schilderte Szenen ausufernder häuslicher Gewalt, bestätigt durch die Aussage eines Psychotherapeuten, den er bereits vier Jahre vor der jetzt verhandelten Tat aufsuchte. Beide Seiten schreckten wohl vor übelsten Beleidigungen nicht zurück und die Ehefrau – als frühere Türsteherin ausgebildet in der israelischen Kampftechnik Krav Maga – sogar nicht einmal vor Schlägen gegen ihren Mann.
„Das spielt für den heutigen Fall keine Rolle“, ließ das Gericht diese Umstände nicht gelten. Ebenso wenig, dass sie ihn mit einer erfundenen Vergewaltigung loswerden wollte, wie der Angeklagte vorbrachte. Zumal die 49-jährige Geschädigte seit einer Rückenoperation zum Tatzeitpunkt nur noch eingeschränkt bewegungsfähig war.
„Sie haben nur mit Geständnis noch eine Chance auf Bewährung“, machte Werner Kömpf am Ende der Urteilsbegründung klar, als der Angeklagte ankündigte, Berufung gegen das Urteil einlegen zu wollen.