Nichts ist super: Die Spritpreise gehen durch die Decke und treiben das Inflationsniveau insgesamt hoch. Foto: imago images/Arnulf Hettrich

Hohe Energiepreise vor allem haben die Inflationsrate erstmals seit 1992 über die Marke von fünf Prozent getrieben. Waren und Dienstleistungen kosteten im November 5,2 Prozent mehr als ein Jahr zuvor, wie das Statistische Bundesamt bestätigt.

Stuttgart - Dieser Wert war zwar erwartet worden nach der ersten Schätzung Ende November – dennoch ist es für viele Menschen eine Schreckenszahl: Um 5,2 Prozent ist die Inflationsrate in Deutschland im November gegenüber dem Vorjahresmonat gestiegen. Im Oktober hatte der Zuwachs noch bei 4,5 Prozent gelegen. Es ist der sechste Anstieg in Folge. „Eine höhere Inflationsrate gab es zuletzt vor fast 30 Jahren, als sie im Juni 1992 5,8 Prozent lag“, sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Georg Thiel.

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Die Behörde verweist auf die unterschiedlichen Gründe des Anstiegs, die in den vergangenen Monaten immer wieder betont wurden – etwa auf die temporäre Senkung der Mehrwertsteuersätze im zweiten Halbjahr 2020 und auf die niedrigen Preise der Mineralölprodukte im Vorjahr, die im November Tiefststände erreichten. Zudem wirken sich nun immer stärker krisenbedingte Effekte wie Lieferengpässe und die Preisanstiege auf den vorgelagerten Wirtschaftsfeldern aus.

101,9 Prozent mehr für Heizöl

Die Preise für Waren insgesamt erhöhten sich von November 2020 bis November 2021 überdurchschnittlich um 7,9 Prozent. Vor allem das Plus bei Energieprodukten lag mit 22,1 Prozent deutlich über der Gesamtteuerung. Die Teuerungsrate für Energie hat sich den fünften Monat in Folge erhöht. Mit 101,9 Prozent, so das Bundesamt, verdoppelten sich die Preise für Heizöl binnen Jahresfrist, die Kraftstoffe verteuerten sich um 43,2 Prozent. Auch die Preise für andere Haushalt-Energieprodukte wie Erdgas (plus 9,6 Prozent) und Strom (plus 3,1 Prozent) kletterten. Ebenso wirkt die zu Jahresbeginn eingeführte CO2-Abgabe preistreibend.

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Die Preise für Nahrungsmittel erhöhten sich im November gegenüber dem Vorjahresmonat um 4,5 Prozent. Spürbar teurer für die Verbraucher wurden insbesondere Speisefette und Speiseöle (plus 11,9 Prozent) sowie Molkereiprodukte und Eier (plus 6,4 Prozent). Insgesamt verteuerten sich die Verbrauchsgüter um 9,9 Prozent. Die Preise für Gebrauchsgüter stiegen um 4,3 Prozent – darunter Fahrzeuge um 7,7 Prozent sowie Möbel und Leuchten um 5,3 Prozent.

2,9 Prozent mehr für Dienstleistungen

Die Preise für Dienstleistungen insgesamt lagen im November um 2,9 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Die wegen des großen Anteils an den Konsumausgaben der privaten Haushalte bedeutsamen Nettokaltmieten verteuerten sich um 1,4 Prozent. Auch die Preisentwicklung für Telekommunikation blieb mit 1,5 Prozent moderat. Hingegen erhöhten sich einige Dienstleistungen deutlicher, wie die Wartung und Reparatur von Fahrzeugen (plus 5,8 Prozent) sowie die Leistungen sozialer Einrichtungen (plus 4,7).

Höchster Wert seit Beginn der Währungsunion

Der Verbraucherpreisindex sank im Vergleich zum Oktober um 0,2 Prozent – vor allem wegen des saisonbedingten Preisrückgangs bei Pauschalreisen (minus 21,6 Prozent). Dagegen zogen die Preise für Energieprodukte um 1,8 Prozent an, und auch die Preise für Nahrungsmittel stiegen leicht.

Auch im Euroraum hat die Inflation einen neuen Rekordstand erreicht. Die Teuerungsrate stieg im November auf 4,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie die EU-Statistikbehörde Eurostat mitgeteilt hatte – den höchsten Wert seit Beginn der Währungsunion. Die Inflation liegt damit mehr als doppelt so hoch wie das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie strebt mittelfristig eine Rate von 2,0 Prozent an.

US-Präsident Biden rät zur Gelassenheit

Am Freitagnachmittag werden auch in den USA die Inflationsraten für November veröffentlicht. Einer Reuters-Umfrage unter Ökonomen zufolge ist der Verbraucherpreisindex voraussichtlich um 6,8 Prozent gestiegen, was den Anstieg von 6,2 Prozent im Oktober übertrifft, der schon der stärkste Anstieg seit 31 Jahren war.

US-Präsident Joe Biden warnte dennoch schon vor überzogenen Befürchtungen. „Die Informationen, die über die Energiepreise im November veröffentlicht werden, spiegeln nicht die heutige Realität wider“, sagte er am Donnerstag. Die Daten würden auch nicht die erwarteten Preissenkungen in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.

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