Weil der Stadts Bürgermeister Christian Walter (Dritter von links) sowie der Erste Landesbeamte Martin Wuttke, Siegfried Zenger, Leiter der Stabstelle Regionalentwicklung und Tourismus im Landratsamt Böblingen, und der Kurator Günter Baumann (von rechts) stehen mit den Kunstschaffenden vor den noch unbehauenen Steinquadern. Foto: Stefanie Schlecht

Inzwischen ist der Freiluft-Kunst-Radweg „Sculptoura“ weit über die Grenzen Böblingens bekannt. Nun bekommt er ein weiteres Kunstwerk: eines, das für Diversität steht. Acht Kunstschaffende verarbeiten acht Steinblöcke, die bald zwischen Schafhausen und Weil der Stadt Platz finden – und keiner weiß, was der andere herstellt.

Die „Scultoura“ wächst und verändert sich stetig weiter. Der vom Landkreis Böblingen initiierte Kunstradweg erstreckt sich mittlerweile von Weil der Stadt bis nach Waldenbuch. Die entlang der Wegstrecke platzierten Skulpturen und Objekte sind ein Blickfang für Radfahrer und Spaziergänger. Immer wieder werden Kunstwerke durch andere ersetzt oder es kommen neue hinzu – so wie in den kommenden Wochen am nördlichen Ende der knapp 40 Kilometer langen Strecke.

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Die bisher 60 Arbeiten der „Sculptoura“-Schau haben den Landkreis Böblingen als Kulturstandort über die Landesgrenzen hinaus bekanntgemacht. Diese Freizeit-Kunst-Tour zählt zu den bekanntesten im Land und hat bereits Nachahmer gefunden. Jetzt wird der Weg erneut verändert und bereichert durch zwei große Steinarbeiten aus acht Quadern. Diese stehen am Rad- und Feldweg zwischen Schafhausen und Weil der Stadt.

„Internationaler Tag der Diversität“ als Inspiration

Der stellvertretende Landrat Martin Wuttke und Weil der Stadts Bürgermeister Christian Walter haben jetzt den acht Mitwirkenden ihr tonnenschweres Material symbolisch übergeben. Der Kunsthistoriker und Galerist Günter Baumann ist der Kurator der „Sculptoura“. Er erläuterte die Grundidee, die von ihm und einigen der Mitwirkenden entwickelt wurde: Diversität, also den bewussten Umgang mit der Vielfalt in der Gesellschaft.

Die Inspiration dafür lieferte der „Internationale Tag der Diversität“ am Dienstag, 31. Mai, weswegen das Projekt an diesem Tag der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Die acht Steinrohlinge reckten sich bei dem Fototermin in zwei Vierer-Türmen in den Himmel und dort sollen sie später als reliefartige Skulptur wieder aufgestellt werden. Zunächst wurden sie aber in die jeweiligen Ateliers transportiert. Die Idee dahinter: die Künstlerinnen und Künstler wissen nicht und sollen es auch nicht wissen, was die jeweils anderen herstellen. Absprachen über Stil, Inhalte oder Konzeption sind verboten. So dürfte beim erneuten Zusammenfügen der beiden Türme aus den dann bearbeiteten Steinquadern wohl mit manchen Überraschungen zu rechnen sein – oder kurz gesagt: mit Diversität, Vielfalt.

Aleatorik: das kreative Zufallsprinzip

Und Steine sind geschlechtsneutral und es dürfte ihnen egal sein, ob sie von einer männlichen oder weiblichen Hand bearbeitet werden oder gar von einer Maschine.

Dieses Prinzip des freien Zusammenfügens erinnert an die Knickbilder, wie man sie auch mit Kindern herstellen kann, wobei jeder eine andere Fläche des zusammen gefalteten Papiers bemalt und erst beim Auseinanderfalten die ganze Zeichnung ersichtlich wird. Sowohl in der Bildenden Kunst als auch in der Musik ist dieses kreative Zufallsprinzip als Aleatorik geläufig.

Die acht grob behauenen Quader stammen aus einem Steinbruch bei Maulbronn, was man an der charakteristischen dunkelbraun-roten Färbung erkennt. Bereits jetzt strotzen sie vor Expressivität und man darf gespannt sein, wie sie sich im Lauf des schöpferischen Prozesses verändern.

Es arbeiten mit: Gernot Zechling aus Weil der Stadt, Stefan Reiser aus Bad Teinach, Thomas Dittus aus Herrenberg, Marie-Elaine Boos aus Tübingen, Claudia Dietz aus Gerlingen, Alexandra Klimesch aus Weil der Stadt, Howard Schwämmle aus Magstadt und Karsten Woywodt aus Calw. Viele von ihnen sind gelernte Steinmetze und Bildhauer.

Überregional beachtete Freiluftausstellung

Zum Teil haben sie bereits in der einen oder anderen Form bei der „Sculptoura“ mitgewirkt, darunter Gernot Zechling, Stefan Reiser und Karsten Woywodt, die bei verschiedenen Bildhauersymposien im Rahmen des Kunstradwegs teilgenommen und dabei vor aller Augen ihre Werke geschaffen haben. Einige der dabei entstanden Skulpturen sind bis heute Teil dieser überregional beachteten Freiluftausstellung.

40 Kilometer Radfahren und Kunst genießen

Dauerläufer
 Im Sommer 2014 hat der Landkreis Böblingen einen Skulpturen-Radwanderweg auf einer Teilstrecke entlang des Museumsradwegs von Grafenau bis Waldenbuch eröffnet. Das ursprünglich auf ein Jahr befristete Projekt hat sich mittlerweile verstetigt und dabei auch in Länge und Breite ausgedehnt.

Kunst im roten Quadrat
Vom Marktplatz Weil der Stadt bis zum Museum Ritter in Waldenbuch präsentiert die Freiluftgalerie in der aktuellen Streckenführung auf rund 40 Kilometern Radweg mehr als 60 Skulpturen von über 50 Künstlerinnen und Künstlern. Wie ein roter Faden dienen dabei die entlang des Pfads in Bäumen platzierten roten Holzkuben von HD Schrader.

Mit oder ohne Strom
Entlang der „Sculptoura“ sind einige Höhenmeter zu bewältigen. Wer mag, kann sich dafür auf ein E-Bike steigen (Ausleihmöglichkeiten gibt es zum Beispiel an den Bahnhöfen in Herrenberg und Holzgerlingen).