Das „Klick“ vor dem Losfahren ist vorgeschrieben. Foto: dpa/Bernd Settnik

Es ist genau 40 Jahre her, dass Gurtmuffel zur Kasse gebeten werden. Wer sich im Auto nicht anschnallt, muss bis heute mit einer Strafe rechnen. Aber ist der Griff zum Gurt darum inzwischen selbstverständlich?

Der Griff zum Anschnallgurt gehört wohl für die meisten Autofahrerinnen und -fahrer genauso dazu wie das Drehen des Zündschlüssels, beziehungsweise das Drücken des Startknopfs. Immerhin ist die Gurtpflicht in Deutschland mittlerweile fast 50 Jahre alt. Heute wird über das Anschnallen zwar nicht mehr so kontrovers diskutiert, Gurtmuffel gibt es aber immer noch: Die Polizei verzeichnet jährlich zahlreiche Anschnallsünder. Und das, obwohl es den Fahrerinnen und Fahrern von technischer Seite schwierig gemacht wird, das Anschnallen zu vergessen. Die meisten Autos piepsen zunehmend durchdringend, je länger der Gurt während der Fahrt nicht eingerastet ist. Eine Geldstrafe, wenn man sich nicht an die Gurtpflicht hält, gibt es auch, und das seit 40 Jahren, nämlich seit 1984.

 
1984 war die neue Geldstrafe in aller Munde. Foto: Kreiszeitung Böblinger Bote/the

40 Mark mussten Gurtmuffel damals zahlen, wenn sie ohne Anschnallgurt im Auto saßen. Neu war damals auch, dass der Fahrer oder die Fahrerin des Autos auch dafür haften musste, wenn seine oder ihre Mitfahrer nicht angeschnallt sind. Und wie reagierten die Menschen im Kreis seinerzeit auf die Einführung des „Gurtmuffelgesetzes“?

Anschnallen senkt das Risiko schwerer Verletzungen

Dazu wurde Anfang August 1984 von unserer Zeitung eine nicht repräsentative Umfrage durchgeführt. Der Redakteur Uwe Horn sprach dabei mit neun Männern und einer Frau. Einige gaben damals an, sich ohnehin schon anzuschnallen. Eine Böblingerin habe beispielsweise begonnen, den Gurt zu verwenden, nachdem sie Unfallstatistiken gesehen habe. Auch für einen damals befragten Taxifahrer sei „der Griff zum Gurt so selbstverständlich wie das Amen in der Kirche“, heißt es in der Zeitung. Andere wiederum sagten, der Anschnallgurt enge sie ein.

Für das Polizeipräsidium Ludwigsburg, das unter anderem für den Kreis Böblingen zuständig ist, sei die Reduzierung Schwerverletzter oder Getöteter ein Ziel – und das lasse sich durch Anschnallen erreichen. „Durch das Anlegen des Sicherheitsgurts wird bei einem Unfall das Risiko insbesondere schwerer Verletzungen um ein Vielfaches reduziert, insbesondere natürlich auch im Zusammenspiel mit anderen Sicherheitselementen wie zum Beispiel den Airbags“, sagt Polizeisprecher Steffen Grabenstein. Daher werde bei Verkehrskontrollen auch stets die Einhaltung der Gurtpflicht kontrolliert. Mit verschiedenen teils landesweiten Aktionen, etwa der Aktion „Gib Acht im Verkehr“ oder mit „Vision Zero“, soll über Strafen hinaus Bewusstsein für die Sinnhaftigkeit von Anschnallgurten geschaffen werden.

Doch immer noch verzeichnet das unter anderem für den Kreis Böblingen zuständige Polizeipräsidium jährlich etliche Verstöße gegen die Gurtpflicht. In den vergangenen fünf Jahren sank die Zahl der im Einzugsbereich des Polizeipräsidiums Ludwigsburg verzeichneten Gurtverstöße nur einmal unter die durchschnittliche Zahl von 10 000 – und zwar im Jahr 2020, dem ersten Jahr der Coronapandemie. Damals wurden 9854 Personen ohne Anschnallgurt festgestellt. Vergangenes Jahr waren es 10 947, gut 900 mehr als der von der Polizei errechnete Mittelwert.

Polizei verzeichnet 10 000 Verstöße jährlich

Doch woran liegt das? Sind die 30 Euro, die Gurtmuffel derzeit zahlen müssen, keine ausreichende Abschreckung? Oder sind einige Fahrerinnen und Fahrer für den Griff zum Gurt zu bequem? Dazu kann man wohl nur spekulieren. Grabenstein tut es nicht.

Allgemein gilt: Der Gurtpflicht unterliegen zunächst einmal alle, die in einem Fahrzeug mit Sicherheitsgurten fahren oder mitfahren. Ausnahmen gibt es für Busse, in denen stehende Fahrgäste erlaubt sind, oder für Lieferfahrende, die häufig aussteigen müssen. Wer Kinder mitnimmt, muss noch weitere Regeln beachten. Diese brauchen nämlich bis zum Alter von zwölf Jahren oder einer Körpergröße von 1,5 Metern einen passenden Kindersitz.