Private, im Internet veröffentliche Sex-Aufnahmen beschäftigen immer öfters die Gerichte Foto: dpa

Was nach Aktenlage zunächst wie ein ganz klarer Fall aussah, hat sich in der Verhandlung als ein klarer Freispruch ergeben. Am Amtsgericht Böblingen wurde ein 40-Jähriger vom Vorwurf der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Sex-Bildaufnahmen freigesprochen.

Böblingen - „Was nach Aktenlage zunächst wie ein ganz klarer Fall aussah, hat sich in der Verhandlung als ein klarer Freispruch ergeben“, so der Richter am Donnerstag in seiner Urteilsbegründung. Am Amtsgericht Böblingen wurde ein 40-Jähriger vom Vorwurf der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen freigesprochen. Der Herrenberger hatte sich Ende 2013 über das Internet mit einer jungen Frau zum Sex verabredet. Damit, dass er das Geschehen mit einer Videokamera aufzeichnete, war die 23-Jährige einverstanden, nicht aber damit, dass er das Video weitergab. Deshalb zeigte sie ihn an.

Gegen den daraufhin erlassenen Strafbefehl legte der Mann Widerspruch ein, so kam es zum Prozess. Hier legte er gleich zu Beginn der Verhandlung Bildschirmausdrucke vor von Dialogen zwischen den beiden bei Whats-App, einem Programm für Smartphones, mittels dessen Nachrichten, aber auch Fotos und Videos verschickt werden können. Damit wollte er belegen, dass die Frau mit einer Veröffentlichung der Aufnahmen einverstanden war. „Sie hat sogar gesagt, sie möchte das Video verkaufen“, liest der Angeklagte aus einem Chat-Dialog vor.

Für die junge Frau stellt sich das Geschehen ganz anders dar: „Das war ein Scherz“, was man an den Lach-Smileys auch erkennen könne. Zu lachen war ihr aber nicht mehr zumute, als der Mann androhte, die Aufnahmen ins Internet zu stellen. „Ich habe nächtelang nicht geschlafen“, so die Frau, sie habe einen Suizidversuch hinter sich und nehme heute noch Beruhigungstabletten.

Kennengelernt hatte sie den verheirateten Herrenberger schon vor längerer Zeit über das Internet. Man verabredete sich gelegentlich zum Sex. So auch im Dezember 2013. Zum vereinbarten Treffpunkt erschien er in Begleitung eines Bekannten und mit einer Videokamera. Die 23-Jährige war einverstanden – sowohl mit dem Liebesspiel zu dritt, als auch damit, Filmaufnahmen zu machen.

Im Januar kam es dann zum Zerwürfnis. Der Angeklagte sprach von einer „Auseinandersetzung, die eskaliert ist“, und in der er auch damit gedroht habe, das Video hochzuladen. Gemacht habe er das aber nie. Er habe die Aufnahmen nur per Whats-App an vier Frauen verschickt, „um zu zeigen, was wir gemacht haben, und was wir noch machen können“. Einerlei, befand der Richter: „Wenn das Video einmal draußen ist, dann ist es draußen.“ Und das wäre strafbar, wenn zweifelsfrei feststünde, dass dafür kein Einverständnis der Frau vorgelegen hätte.

Genau daran hatte er aber Zweifel. Denn die 23-Jährige hatte das Video selbst an eine Freundin gesendet – aus Verzweiflung und um sich Rat zu holen, nachdem der Angeklagte mit der Veröffentlichung gedroht hatte, erklärte sie. Allerdings konnte der Angeklagte dadurch, dass die Frau das Video weitergegeben hatte, davon ausgehen, dass er das auch tun könne, so die Staatsanwältin.

Entsprechend beantragte sie einen Freispruch. Dieser Auffassung folgte der Richter.