Der Autohändler David Heß wartet seit Monaten auf die Fahrzeugpapiere. Foto: Werner Kuhnle

Autohändler David Heß aus Murr (Kreis Ludwigsburg) hat mehr als 40 Autos aufgekauft – jetzt steht er ohne Papiere da, beklagt einen Verlust von 500.000 Euro und spricht von Betrug.

Der Schlamassel begann vor einem Jahr. David Heß kaufte 45 Nissan Leaf, die ihm von der Firma Vivelacar angeboten wurden. Für den Autohändler in Murr im Kreis Ludwigsburg ein normaler Vorgang – der sich jedoch zum Albtraum entwickelte. „Für uns ist das eine einzige Katastrophe“, sagt der Geschäftsführer, denn die meisten der E-Fahrzeuge stünden perspektivlos wieder auf seinem Firmengelände herum, nachdem Verkäufe geplatzt seien. Das liegt jedoch nicht am Autohaus – die Firma Vivelacar gibt es nicht mehr, und es fehlen die Fahrzeugbriefe.

 

Zu Beginn habe alles noch nach einem sauberen Geschäft ausgesehen, erzählt der Nissan-Vertragshändler Heß. Der frühere Chef von Vivelacar sei ihm bekannt gewesen. Auch habe der Weiterverkauf der fünf ersten Fahrzeuge funktioniert. „Wir erhielten dafür ja auch die Papiere.“ Heß gibt an, weitere Verkäufe eingeleitet zu haben: nach Island, Norwegen, Dänemark, Finnland und die Ukraine sowie in andere Länder. Alle 40 Wagen fanden Abnehmer.

Die 40 Fahrzeuge blockieren die Geschäfte. Foto: Werner Kuhnle

Die vermeintliche Formsache entpuppte sich wenige Wochen später als großer Haken. Bereits auf den Weg geschickte Nissans scheiterten laut Heß an der EU-Außengrenze. Ein Händler in Finnland habe zudem moniert: Ohne Papiere könne er die Wagen nicht verkaufen. Eine Vielzahl von Beschwerden sei auf das Murrer Familienunternehmen eingeprasselt. Seitdem sitzt David Heß in der Klemme. Er habe an Vivelacar bezahlt, aber alle Weiterverkäufe rückgängig machen müssen. „Der absolute Worst Case – wir sind auf den Transportkosten hängen geblieben.“

Der Autohändler baute mit Anwälten Druck auf

Die unverkaufbaren Automobile blockieren nun zudem das Firmengelände im Murrer Gewerbegebiet, erklärt David Heß. Der Schaden läge bei etwa 500 000 Euro. Die Insolvenz drohe aber nicht, „dazu haben wir zu gut gewirtschaftet“. Das Autohaus verfüge jedoch über weniger Geld, um größere Wagenkäufe abzuwickeln – was andere Geschäfte verhindere. Das beunruhige ihn: „Die Liquidität wird im Zusammenspiel mit den Banken immer wichtiger.“

Was hat die Firma Vivelacar davon, die Papiere nicht auszuliefern? „Sie haben unser Geld“, sagt David Heß, der ernüchtert habe feststellen müssen, dass das Unternehmen Vivelacar aufgelöst wurde. „Wir hatten mit unseren Anwälten Druck aufgebaut und klagten vor einem Mahngericht.“ Letztlich seien alle Bemühungen erfolglos geblieben, weil die Nachfolgefirma x-Mobility laut Heß ihre Zuständigkeit bestreite. „Sie haben zwar die Geschäftsanteile übernommen, haften aber nicht dafür.“

In den Monaten des Zuwartens fühlte sich Heß immer mehr hingehalten, denn insgesamt vier Geschäftsführer von Vivelacar hätten ihm immer wieder Lösungen des Problems in Aussicht gestellt. „Die Fahrzeugpapiere der bereits verkauften Nissan Leafs sollten geliefert werden – die Wagen, die in Deutschland verkauft worden waren, wollte Vivelacar zurückkaufen.“ Passiert sei jedoch nichts. Zwar habe ein neuer Geschäftsführer 40 Gutschriften auf die Wagen ausgestellt, aber diese Boni seien nie gezahlt worden.

Wo aber stecken die Papiere? „Wir vermuten, dass sie bei der Bank sind, bei der die Fahrzeuge einfinanziert sind“, sagt David Heß. Er gehe davon aus, dass Vivelacar die Wagen, von denen eigentlich jeder rund 20 000 Euro wert sei, für weniger Geld bei der Bank finanzierte, die damit auch Eigentümerin sei. Die Bank habe jedoch wegen des Datenschutzes eine Herausgabe von Informationen verweigert. Die Sorge von David Heß: „Irgendwann steht die Bank vor mir und sagt, ihr gehören die 40 Wagen.“

An die Papiere zu kommen, wäre für David Heß ein Lösungsansatz. „Dann könnten wir die Fahrzeuge doch noch verkaufen.“ Dass es aber überhaupt so weit kommen konnte, dass sein Vertrauen in die Vorfinanzierung so ausgenutzt worden sei, bedeute für ihn Wirtschaftsbetrug. Gegen jeden der wechselnden Vivelacar-Geschäftsführer hat er Strafanzeige erstattet. Verantwortlich für den Missstand ist aus seiner Sicht aber auch die Muttergesellschaft von x-Mobility.

Die 40 Fahrzeuge will die Firma jetzt zurücknehmen

Auf Anfragen an die Gesellschafter und x-Mobility meldete sich einer der ehemaligen Vivelacar-Geschäftsführer am Mittwoch telefonisch zu Wort, nachdem er am Dienstag noch ein Gespräch abgelehnt hatte. Er habe die Geschäftsführung von Vivelacar nach eigenen Angaben erst im November 2024 übernommen und im Juni 2025 wieder abgegeben. „Der Vorgang mit dem Autohaus Heß war deutlich vor meiner Zeit“, sagt der Ex-Geschäftsführer. Er sei nur noch beratend in der Abwicklung des Unternehmens tätig.

Im Rahmen dieser Tätigkeit werde er mit der Bank und dem Autohaus Heß zeitnah alle offenen Fragen klären, kündigt der Geschäftsmann an, der früher ehrenamtlich als Murrer Gemeinderat fungierte. „Ich kann Herrn Heß vollkommen verstehen, ich war selbst einmal im Autohandel tätig.“ Die dem Autohaus angebotenen 40 Fahrzeuge werde man zurücknehmen. Er hoffe, den Vorgang binnen zwei Wochen abschließen zu können. Über den Finanzierungsmechanismus im Zusammenspiel mit der Bank will der Abwickler vorerst keine Auskünfte geben.