Miss Herrenberg scheut ein wenig vor der Siegerehrung. Foto: factum/Weise

Die Jury kürt Miss Gäu und Miss Herrenberg – die schönsten Pferde der Zuchtstutenprämierung. Der Ruf des Vaters von Miss Herrenberg entspricht seinem Namen: Donnerhall. Die Veranstaltung geht zurück bis ins 17. Jahrhundert.

Herrenberg - Miss Herrenberg präsentiert sich leicht bekleidet. Nur eine blaue Decke und eine gelbe Schleife schützen die Schönheitskönigin vor dem böigen Wind. Ihre Beine ragen schlank darunter hervor, vier an der Zahl, geschützt von dichtem Haar. Donna heißt die Dame, Wilhelm Hiller ihr Eigentümer. Hiller betreibt in Bondorf seinen Reiterhof samt Pferdezucht und saß jahrelang im Vorstand des Herrenberger Pferdezuchtvereins. Seine Stute hat eben wieder bewiesen, dass es von Vorteil ist, aus gehobenem Kreise zu stammen, jedenfalls für Rösser.

Die Jury hat Donna zum besten Warmblüter der Herrenberger Zuchtstutenprämierung gekürt, die im Volksmund noch immer Pferdemarkt heißt, obwohl bei der Veranstaltung schon seit 1968 keine Pferde mehr gehandelt werden. Neben ihren Noten von 8,5 im Schritt und neun im Trab zeichnet sie ihr „wunderschöner, edler Gesichtsausdruck“ aus, wie die Juroren befanden. Neben ihren Äußerlichkeiten sind aber auch – ganz wie bei menschlichen Misswahlen – ihr Wesen und ihr Charakter gelobt. Und ihre Abstammung: Der Vater der Miss Herrenberg 2019 hieß Donnerhall. Die Stadt Oldenburg hat ihrem verstorbenen, weltberühmten Sohn gar ein Bronzedenkmal in ihrem Zentrum errichtet. Die Reiterin Karin Rehbein gewann mit dem Hengst mehr als 65 Grand-Prix-Wettbewerbe. Sein letztes Turnier waren die Weltreiterspiele in Rom im Jahr 1998. Donnerhall beendete es mit Mannschaftsgold.

Der weltbekannte Hengst Donnerhall starb an einer Darmvergiftung

Der damals längst weltbekannte Hengst starb im Jahr 2002 an einer Darmvergiftung. Seine Gene hat er allerdings in reicher Zahl weitergegeben. Donna hat 450 Halbschwestern. Außerdem ist Donnerhall Vater von 77 gekörten, was heißt: zur Zucht empfohlenen Söhnen. Donna ist wiederum schon selbst sechsfache Mutter und steht im Status der Staatsprämienstute, der höchsten Klasse der Zuchtempfehlung.

Der zweite zu vergebende Titel ist der der Miss Gäu. Für ihn sind nicht nur Warmblüter zugelassen, sondern alle Rassen bis hin zum Shetlandpony in der Größe eines Bernhardiners. Diesen Miss-Titel gewinnt Sarah Mona, eine Friesin. Die Rasse stammt aus Holland und ist überwiegend zum Kutschpferde gezüchtet. Die Jury lobt den Stolz und Anmut der Siegerin. Ihre Halterin zählt ebenfalls zu den Stammgästen beim Pferdemarkt: Angelika Wagner aus Eckenweiler.

Die erste Erwähnung des „Roß- und Viehmarkts“ stammt aus dem Jahr 1687

Der Oberbürgermeister Thomas Sprißler lobt die Qualität aller Tiere. 17 hatten es in die Endrunde geschafft. Nachher werden die Narren durch die Gassen der Altstadt ziehen. Diese Veranstaltung „hat im Vergleich einige Jahrhunderte aufzuholen“, sagt Sprißler. Sofern die örtlichen Geschichtsschreiber korrekt Buch geführt haben, ist dies bereits der 320. Herrenberger Pferdemarkt. Die erste Erwähnung des damaligen „Roß- und Viehmarkts“ stammt aus dem Jahr 1687. Schon damals war der Pferde- mit einem Krämermarkt verbunden. So ist es bis heute geblieben.

Gewiss dürfte sein, dass im 17. Jahrhundert das Leben der Zuchttiere noch freudvoller war. Insbesondere hochprämierte Hengste wie Donnerhall haben nie den Hals einer Mutter ihrer Töchter und Söhne beschnuppert. Der Ort ihrer Paarung ist keine Lichtung, sondern eine üblicherweise gekachelte Kammer. Die Partnerinnen sind auf Körpertemperatur erwärmte Kunststoffstuten. Das Sperma des Hengstes wird portioniert, tiefgefroren und verschickt, in Donnerhalls Fall weltweit. Am Bestimmungsort befruchten Besamungswarte die Stuten künstlich.