Bild des Anstoßes: Der frühere Formel-1-Pilot Heinz-Harald Frentzen vor Schloss Solitude Foto: dpa

Der Sportmanager Axel Watter versteht die Welt nicht mehr. Warum soll er für Fotos vor dem Schloss Solitude bezahlen, wenn er Promis mitbringt, die für die Sehenswürdigkeit werben? Das Bildverbot bei angeblich kommerziellen Zwecken wird in Stuttgart hart durchgesetzt und sorgt für Ärger.

Stuttgart - Wem gehören die Schönheiten der Stadt? Nicht erst seit dem Streit um Selfies vor dem Eiffelturm ist die sogenannte Panoramafreiheit ein Thema in Stuttgart. Europaweit wird das Fotografieren von öffentlichen Gebäuden nicht eingeschränkt. Das EU-Parlament hat unlängst mit großer Mehrheit gegen eine Erweiterung des Urheberrechts gestimmt. Der Rechtsausschuss des Hohen Hauses hatte empfohlen, für kommerziell genutzte Fotos von Sehenswürdigkeiten Gebühren zu kassieren – auch dann, wenn man ein privates Bild bei Facebook postet, weil dort schließlich Werbung geschaltet ist. Dagegen gab es heftige Proteste, was zum Stopp der Pläne führte.

Was viele Spaziergänger nicht wissen, die das Schloss Solitude mit Fotoapparat besuchen und die Idylle festhalten wollen: Wer beim Knipsen erwischt wird und nicht nachweisen kann, dass er die Aufnahmen für private Zwecke macht, muss Gebühren zahlen.

Der Sportmanager Axel Watter hat dies bereits mehrfach erlebt. Der Erfinder des Stuttgarter Bobclubs Solitude wollte mit Manuel Machata, dem Welt- und Europameister im Viererbob, ein Pressefoto vor dem Schloss machen, weil ihm der Club seinen Namen verdankt. Mit dem Bob hatte sich der Sportler schon positioniert. Lediglich ein Fotograf stand vor ihm, als die Verwalterin des Schlossen aufgeregt auf ihn zukam.

Bobclub-Chef Watter muss 275 Euro für Foto bezahlen

Das End’ vom Lied war, dass Bobclub-Chef Watter 275 Euro für das Foto bezahlen musste. Dies wiederholte sich, als der Sportmanager mit einem weiteren Schützling kam: Auch das Pressefoto mit dem früheren Formel-1-Piloten Heinz-Harald Frentzen, der sich vor einem Mercedes SLS ablichten lassen wollte, rief die Schlossverwaltung auf den Plan. Bei Watter stößt dies auf „Verwunderung und großes Unverständnis“, wie er sagt: „Es ist schade, wenn man derart gebremst wird.“ Andere zahlten, um an Promis zu kommen, die Werbung für ihre Einrichtung machten.

Geschäftsführer Michael Hörrmann, der in Baden-Württemberg für die Staatlichen Schlösser und Gärten verantwortlich ist, stellt sich vor seine Mitarbeiter auf Solitude. Er verweist auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs von 2013. Nach jahrelangem Rechtsstreit hatten die Richter entschieden, dass bei Aufnahmen von Gebäuden und Denkmälern in öffentlichen Parks oder entsprechendem Gelände nicht mehr von Panoramafreiheit und freier Fotografie auszugehen ist.

Das heißt: Auf einem Gelände, das nicht frei zugänglich ist, muss man sich für kommerzielle Zwecke auch für Außenaufnahmen eine Fotogenehmigung holen. Bei Innenaufnahmen war dies schon immer der Fall. Da der Hof des Schlosses Solitude außer von Linienbussen nicht frei befahrbar ist (man braucht einen Schlüssel dazu), können die Schlossverwalter Gebühren erheben. Von einer Position aus, an die jeder ohne Einschränkung gelangen kann, darf man aber weiterhin kostenfrei und ohne Genehmigung fotografieren.

Schlossverwalter bittet um Verständnis für Regelung

Geschäftsführer Hörrmann, der oberste Schlossverwalter des Landes, bittet um Verständnis für diese Regelung. „Die Kosten zur Instandhaltung der Schlösser sind hoch“, sagt er, „da sind wir auf Einnahmen angewiesen.“ Auch Bildjournalisten und Buchfotografen müssten sich eine Genehmigung holen, wenn sie Schlösser fotografierten. „In aller Regel wird diese bei Medien aber kostenfrei erteilt“, so Hörrmann. Private Hochzeitsbilder vor der traumhaften Schlosskulisse sollen auch weiterhin ohne Gebühren möglich sein.

Wie so oft ist alles eine Auslegungssache. Während bei anderen Schlössern und Sehenswürdigkeiten meist ein Auge zugedrückt wird, haben sich die Verwalter von Schloss Solitude als besonders streng hervorgetan. Dies sorgt bei den Beteiligten zunehmend für Ärger. „Solitude ist dringend auf Werbung angewiesen“, sagt ein Insider. Es sei wichtiger, die Besucherzahlen mit neuen Ideen zu steigern, als eine Atmosphäre des Unbehagens und der Unsicherheit zu schaffen.