Im Stuttgarter Osten – hier die Wagenburgstraße in Blickrichtung zum Wagenburgtunnel – sollen in diesem Jahr weitere Straßenbäume gepflanzt werden. Foto: Jürgen Brand

Ein Planungsbüro hat im Auftrag des Gartenamts 268 mögliche Standorte für weitere Straßenbäume ausfindig gemacht – und zwar nur in den fünf Innenstadtbezirken und in Bad Cannstatt. So kompliziert schon diese Suche war, so schwierig ist dann die Diskussion darüber in den Bezirksbeiräten. Mehr Bäume werden zwar grundsätzlich begrüßt, aber nicht unbedingt vor der eigenen Haustür.

S-Ost - In Stuttgart ist es erklärter Wille der Stadt, vor allem in den Innenstadtbezirken und in Bad Cannstatt mehr Straßenbäume zu pflanzen. Dadurch sollen Schadstoffe in der Luft reduziert, das Stadtklima verbessert und die Lebensqualität insgesamt erhöht werden. Ganz allgemein wird das auch von der Mehrheit der im Gemeinderat vertretenen Parteien befürwortet. Will das zuständige Gartenamt nach einem mühsamen und aufwendigen Findungsprozess dann tatsächlich Bäume pflanzen, stößt es in den betreffenden Stadtbezirken aber immer öfter auf Widerstand. Zuletzt erhob der Bezirksbeirat Stuttgart-Nord Einspruch gegen die Planungen, im Bezirksbeirat Stuttgart-Ost kam es bei dem Thema vor Weihnachten sogar zu einem Eklat.

Planungsbüro vor zwei Jahren beauftragt

Der Leiter des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes, Volker Schirner, ärgert sich über die bei solchen Diskussionen immer wieder geäußerte Vorwürfe, dass die Bezirksbeiräte nicht rechtzeitig informiert worden seien. „Man kann sich doch nicht immer hinstellen und sagen, wir wussten von nichts“, sagt Schirner und verweist auf Beschlüsse des Gemeinderates und Konzepte, die von den Kommunalpolitikern abgesegnet worden seien, angefangen von der Baumschutzverordnung, über die im „Klimawandelanpassungskonzept“ enthaltene Baumkonzeption oder zuletzt die Baumbilanz der Landeshauptstadt, die in der Gemeinderatsdrucksache 270/2014 und auf der Internetseite der Stadt nachzulesen sei.

Schon vor zwei Jahren sei ein Planungsbüro beauftragt worden, nach möglichen Standorten für neue Straßenbäume in den fünf Innenstadtbezirken und in Bad Cannstatt zu suchen. Dafür seien „sehr umfangreiche Vorüberlegungen“ erforderlich, beschreibt Schirner das mühsame Verfahren, an dem beispielsweise auch das Stadtplanungsamt beteiligt ist. Berücksichtigt werden müssen Flächennutzungs- und andere Pläne, Grundstückszufahrten, ober- und unterirdische Leitungen, Kanäle, eventuell geplante Bauarbeiten und vieles mehr. „Dann sind wir froh, wenn wir am Ende geeignete Standorte gefunden haben“, sagt der Amtsleiter. Und erst dann könnten die Bezirksbeiräte informiert werden, das sei Teil des Abstimmungsprozesses.

111 Standorte im Stuttgarter Osten

Das besagte Planungsbüro hat in Bad Cannstatt und den Innenstadtbezirken genau 268 mögliche neue Standorte für Straßenbäume ausfindig gemacht. Auf Bad Cannstatt entfallen davon 19, auf Stuttgart-Mitte 50, S-West 23, S-Süd 43 und S-Nord 22. In Stuttgart-Ost sind dagegen laut Schirner 111 mögliche Standorte ausfindig gemacht worden, wo an Straßen Bäume gepflanzt werden könnten, beispielsweise an der Libanon- und der Bussenstraße, worüber im Bezirksbeirat gestritten wurde.

Hauptkritikpunkt an den Baumplänen für den Straßenraum im Stuttgarter Norden und Osten war zuletzt immer, dass dadurch Parkplätze wegfallen. Im Fall der Bussenstraße im Ost-Stadtteil Gablenberg wurde zusätzlich auf eine geltende Erhaltungssatzung hingewiesen. Diese gibt es für den Bereich Bussenstraße zwischen Schwarenberg- und Libanonstraße tatsächlich, durch sie soll die städtebauliche Eigenart des Gebiets erhalten werden. „Diese Satzung steht Baumpflanzungen aber nicht im Wege“, teilt das Stadtplanungsamt dazu auf Anfrage mit. Für das Umweltamt der Stadt kann es gar nicht genug Bäume in der Innenstadt geben. „Bäume im Straßenraum sind positiv für das Stadtklima, da sie die Aufheizung der Straßen reduzieren und somit auch den städtischen Wärmeinseleffekt mindern“, teilt Ulrich Reuter vom Umweltamt mit. „Bäume im Straßenraum sind weitaus effektiver als Dachbegrünungen.“

Die Zahl der Straßenbäume in Stuttgart ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich erhöht worden. Waren es 2010 noch 38 199 Bäume, standen 2013 bereits 38 966 Spitzahorne und andere geeignete Sorten an Stuttgarts Straßen. Der Gemeinderat hat beschlossen, diesen Weg weiter zu gehen und vor allem die Innenstadt mit mehr Grün zu versorgen. Dafür wurde auch Geld im Haushalt bereit gestellt. Das Gartenamt will in diesem Frühjahr an einigen der gefundenen Standorte erste Bäume pflanzen. Nach dem Ende der Vegetationsperiode im Herbst sollen so viele weitere Straßenbäume folgen, wie noch Geld zur Verfügung steht. Die Bezirksbeiräte – vor allem der im Osten – sollen vorher noch einmal ausführlich informiert werden.

Baum-Zahlen und -Regeln

STATISTIK
Die zertifizierten Baumkontrolleure des Garten-, Friedhofs- und Forstamtes kontrollieren regelmäßig 110 000 Bäume und 100 Hektar waldartigen Baumbestand im Stadtgebiet der Landeshauptstadt. Bei 25 000 bis 30 000 Bäumen pro Jahr müssen sie eingreifen, also meistens zurückschneiden.

ENTWICKLUNG
Der Baumbestand auf Kinderspielplätzen ist seit 2010 relativ konstant geblieben. In den städtischen Grünanlagen standen Ende 2013 rund 1100 Bäume mehr als noch 2010 (insgesamt 32 269). Die Zahl der Straßenbäume nahm von 2010 bis 2013 um gut 760 auf 38 966 Bäume zu.

VORGABEN
Die für die Innenstadtbezirke und Teile von Bad Cannstatt geltende Baumschutzsatzung der Stadt schreibt Ersatzpflanzungen vor, wenn dort Bäume gefällt werden. Das Gartenamt muss die Standorte dafür suchen.