Mehrfach soll der Angeklagte zugeschlagen haben. Foto: Archiv (dpa/Karl-Josef Hildenbrand)

Am Montag ist der Prozess gegen einen 26-jährigen Marbacher fortgesetzt worden. Er wird unter anderem der Körperverletzung in zehn Fällen beschuldigt.

Marbach - Der Richter und die Schöffen am Landgericht Heilbronn hatten am Montag ein wahres Mammutprogramm zu bewältigen. Im Prozess gegen einen 26-jährigen Marbacher wurden 17 Zeugen vernommen und eine weitere Aussage wegen Erkrankung eines Zeugen verlesen. Konkret ist es dabei um sieben Fälle gegangen, zwei davon in Marbach.

Die Aussagen von Polizeibeamten, Ärzten und Passanten zeichneten dabei das Bild eines jungen Mannes, der immer wieder aus geringstem oder auch keinem erkennbaren Anlass „austickt“. Die meisten Zeugen aus dem weiteren Umfeld des Angeklagten, der in Ludwigsburg als Sohn libanesischer Eltern geboren wurde, hielten sich dagegen erstaunlich bedeckt und wollten sich nicht mehr richtig erinnern - selbst wenn sie zu den Geschädigten gehörten, wie ein 30-Jähriger aus Murr, der von dem Marbacher am Marbacher Busbahnhof zusammengeschlagen wurde. Der wollte eigentlich gar nicht erscheinen, berief sich auf die Operation eines Hirntumors im vergangenen September und sagte, er erinnere sich eigentlich an nichts.

Dem Richter gelang es dann doch, ihm Einzelheiten zu entlocken. Man habe nur ein wenig „herumgebubelt“; der Angeklagte habe ihm spaßhaft einige Karatetritte zeigen wollen, und als er nicht damit aufhören wollte, habe er, der Geschädigte, ihn am Bein gepackt, woraufhin der 26-Jährige gestürzt sei. Er selber habe sich daraufhin entschuldigt und dem Marbacher aufhelfen wollen. Danach dann wisse er nur noch, dass er selber ohnmächtig am Boden gelegen habe; warum, wisse er aber nicht. Bei der Aussage einer Zeugin klang das deutlich anders: Sie habe den Angeklagten schon von Anfang an aufgrund seiner Körperhaltung und seiner Mimik als aggressiv wahrgenommen, und als der Geschädigte, der offenbar mit dem Marbacher bekannt war, freundlich auf diesen zugekommen sei, habe sie gedacht: „Das ist jetzt keine gute Idee.“ Der Beklagte habe sein Gegenüber niedergeschlagen und auch, als es am Boden lag, noch weiter verprügelt.

Auch der Deutschrusse, der von dem Angeklagten in Ludwigsburg zu Boden geschlagen wurde, sagte, er könne sich an nichts erinnern. Er sei stark alkoholisiert gewesen und wisse alles nur von der Polizei. Der wegen einer selbst zugefügten Stichverletzung im Bauch herbeigerufene Notarzt in der Marbacher Wohnung des Angeklagten wollte gar die Aussage verweigern mit dem Hinweis auf die ärztliche Schweigepflicht; als der Angeklagte ihn davon entband, wollte er dennoch nichts sagen, um sich nicht selber zu belasten – es war zu einem Handgemenge gekommen, bei dem beide Seiten handgreiflich geworden waren.

Der Beschuldigte habe seine Emotionen in keiner Weise unter Kontrolle und raste aus, sowie er seinen Willen nicht sofort bekomme, sei es Nachschlag beim Essen oder eine Zigarette, erklärte die behandelnde Ärztin aus Weinsberg. Auf die Frage des Richters, ob es sich ihrer Einschätzung nach um unkontrollierbaren Frust handle oder um manipulatives Verhalten, meinte sie: „Es ist wohl beides.“ Auch ein weiterer Arzt hatte nicht den Eindruck, dass der Angeklagte bei seiner Attacke auf ihn in einem psychischen Ausnahmezustand gewesen sei. „Das war manipulativ und zielgerichtet, und Psychiotiker machen das nicht zielgerichtet“, befand er. Als überwiegend vorgetäuscht und manipulativ wurden von ärztlicher Seite auch diverse Selbstmordversuche und ein epileptischer Anfall gewertet.

Auf die Frage, ob es seit seiner Unterbringung in der Psychiatrie irgendeinen Fortschritt gegeben habe, entgegnete die Ärztin, der Beobachtungszeitraum sei zu kurz, das brauche mehrere Jahre. Und ein Wunsch nach Behandlung sei bei dem Patienten „nicht wirklich ersichtlich“, was für psychosoziale Störungen typisch sei. Ali H. meldete sich dennoch selber zu Wort. Er wolle zu seiner Mutter nach Berlin und dort „einen Job als Kfz bekommen“, sie arbeite bei einem Autohändler. Auf die Entgegnung des Richters, er sei aber doch nicht ganz gesund und flippe immer wieder aus, sagte der Angeklagte, er wolle eine Therapie machen.