Der Protest gegen Stuttgart 21 geht weiter – an diesem Montag bereits zum 250. Mal Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Rund 3700 Menschen haben sich am Montagabend zur 250. Montagsdemonstration gegen Stuttgart 21 vor dem Hauptbahnhof versammelt. Scharfe Kritik gab es nicht nur an der Bahn, sondern auch an Oberbürgermeister Fritz Kuhn und den Grünen.

Stuttgart - Hannes Rockenbauch steht auf der Bühne und blickt auf die Menschenmenge hinunter. „Es ist unglaublich, was wir hier erlebt haben in den vergangenen fünf Jahren“, sagt der SÖS-Stadtrat. So lange gehen die Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 schon montags auf die Straße. 250-Mal.

Und irgendwie ist auch an diesem Tag vieles wie am Anfang. Zum Beispiel die Diskrepanz bezüglich der Teilnehmerzahl. Während Rockenbauch die Zahl 10 000 in die Runde wirft, sprechen die Parkschützer von 7000 und die Polizei schätzt 3700 Menschen. Unerheblich ist das diesmal nicht, denn die Stadt wollte die Kundgebung in die Lautenschlagerstraße verlegen. Dort wäre aber nur Platz für gut 3000 Leute gewesen. Zwei Gerichte kassierten deshalb die Entscheidung. Die Gegner dürfen auf die Schillerstraße, direkt vor den Hauptbahnhof.

Dort sparen die Redner nicht mit scharfer Kritik an Bahn und Politik. Zum Jubiläum werden die Ikonen des Widerstands aufgeboten. Schauspieler Walter Sittler kritisiert, dass „eine wann auch immer getroffene Entscheidung, die sich als falsch herausstellt, nicht mit noch so viel Geld in eine richtige umgemodelt werden kann“. Der frühere Bahnhofsvorsteher Egon Hopfenzitz spricht von Stuttgart 21 als „unerledigtem großen Mist“ und Theaterregisseur Volker Lösch wählt gewohnt deftige Töne: Die Volksabstimmung sei Betrug und manipuliert, die Grünen seien eine einzige Enttäuschung. So sei OB Fritz Kuhn nach seiner Wahl „zum kritiklosen Investorenpaten mutiert“.

Doch es gibt auch viel Lob für die Demonstranten, die Woche für Woche auf die Straße gehen. Ihr Verdienst sei, dass „der unpolitische Bürger in Stuttgart der Vergangenheit angehört“, so Lösch. Man müsse den Widerstand nun wieder in die Politik hineintragen. Für die Zukunft zeigt sich Matthias von Herrmann, Sprecher der Parkschützer, zuversichtlich: „Ich stelle fest, dass sich die Menschen nicht nur in Stuttgart, sondern in ganz Baden-Württemberg der schlechten Auswirkungen des unsinnigen Bauprojekts bewusst werden.“ Statt von Resignation ist viel von neuem Aufbruch die Rede an diesem Abend. Und auch manches andere erinnert an frühere Protestzeiten: Die Demonstranten breiten sich kurzerhand auf die bis dahin freie Seite der Schillerstraße aus und setzen damit Hunderte Autofahrer fest. Die reagieren mit einem wütenden Hupkonzert.

Rückblickend sieht von Herrmann den größten Erfolg der S-21-Gegner darin, dass sie viele Probleme aufgedeckt hätten, die das Bauvorhaben mit sich bringe. So zeigten rostige Rohre und das „miserable Grundwassermanagement“, dass die Bahn das Projekt nicht im Griff habe. Deshalb gehen die Demonstrationen auch weiter. „Fortsetzung folgt, wir kommen wieder“, ruft Rockenbauch unter dem Jubel der Kundgebungsbesucher von der Bühne. Nächste Woche an anderer Stelle: Dann gastiert die 251. Montagsdemo wegen des Weihnachtsmarkts auf dem Marktplatz in Bad Cannstatt.