Kay Johannsen Foto: Stiftsmusik

25 Jahre Stuttgarter Stiftsmusik, 25 Jahre Stiftskantor Kay Johannsen: Rund um die Stiftskirche wurde am Wochenende gefeiert, und in der Stiftskirche hat Johannsen Werke von Bach dirigiert.

Stuttgart - Was für eine Geigerin! Christine Busch, Professorin an der Stuttgarter Musikhochschule, gehört gleichsam zur DNA der Stuttgarter Stiftsmusik, die an diesem Wochenende ihr 25-jähriges Bestehen mit einem großen Fest gefeiert hat. Bei einer sehr besonderen Stunde der Kirchenmusik hat Busch vom Konzertmeisterpult aus Bachs E-Dur-Violinkonzert nicht nur zu einer Demonstration von gestalterischer Feinheit und klangfarblicher Delikatesse, sondern auch zu einem Musterbeispiel für solistische Integration gemacht: Zu hören war ein spannendes, immer in der Musik begründetes Wechselspiel zwischen dem Verschwinden der Solistin in der Streichergruppe und einem exponierten Agieren, das nie das Ganze aus dem Blick verlor. Da die Impulse während des ganzen Stücks von der Solistin ausgingen, blieb lediglich die Frage offen, warum Kay Johannsen zusätzlich noch dirigieren musste: Sein ebenfalls 25-jähriges Dienstjubiläum wäre womöglich noch mehr zum Jubelfest geworden, wenn er das exzellent eingespielte Ensemble Stiftsbarock mit seiner Konzertmeisterin dem eigenen wachen (Re-)Agieren überlassen hätte.

Bei der Motette „Komm, Jesu, komm“, vor der dynamisch schön homogenisierten, sehr genau artikulierenden und den Text mit der Musik ausbalancierenden Stiftskantorei, war die Präsenz des Stiftskantors hingegen wichtig, und es war eine Freude zu erleben, wie sich die Sänger die von ihrem Dirigenten eingeforderte Präzision und Flexibilität zu Eigen gemacht haben. Auf die stützenden Instrumente hätte man dabei getrost verzichten können.

Den Solopart der Kantate „Ich habe genug“ versah der junge Bariton Benjamin Appl mit so klugen, musikgezeugten Gestaltungsideen, dass gelegentliche Probleme bei der Intonation wie bei der dynamischen Balance zwischen Sänger und Instrumentalisten nicht allzu schwer wogen. Getanzt wurde zu diesem Stück außerdem: Der Choreograf Stephen Shropshire hatte schöne, teils sehr virtuose Bewegungen und Gesten für drei Tänzer erdacht, die sich allerdings weder mit dem Text noch mit der Musik der Kantate wirklich verbanden, dem konzentrierten Zuhören also eher im Weg standen. Ein Fest ist der Abend, den Kensuke Ohira an der Orgel mit Bachs wirkungsvoll disponierter c-Moll-Passacaglia (BWV 582) eingeleitet hatte, dennoch gewesen.