Im Laufe der Jahrhunderte gab es Adventskalender in den verschiedensten Formen. Foto: Ines Rudel

Wir haben die Ursprünge des Adventskalenders recherchiert und erklären, warum der erste massentaugliche Adventskalender von einem Pfarrerssohn aus Baden-Württemberg stammen könnte.

Ob mit Schokolade, Bier, oder Sexspielzeugen: Adventskalender gibt es heutzutage mit allen möglichen Inhalten. Die ersten Formen des Adventskalenders hatten zwar nichts mit Türchen und Geschenken dahinter zu tun, erfüllen aber noch den gleichen Zweck: Kindern die Wartezeit bis zum Weihnachtsfest verkürzen.

Wie bei vielen Entwicklungen der Geschichte ist auch beim Adventskalender ein exaktes Entstehungsdatum aufgrund der Quellenlage schwierig. Mit Sicherheit lässt sich sagen, dass der Adventskalender seinen Ursprung im 19. Jahrhundert hat. Wahrscheinlich in engen Zeiträumen an verschiedenen Orten – und das nicht nur in Deutschland. Belege gibt es aus mehreren christlich geprägten Ländern. Gemeinsam haben diese, dass sie meist für Kinder gedacht sind und eine tägliche Aktion erfordern.

Zählhilfe und Zeitmesser

Die ersten selbst gebastelten Adventskalender sind vermutlich aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und stammen aus einem protestantischen Umfeld. Familien hängten verschiedenen historischen Quellen zufolge dafür 24 Bilder an die Wand oder malten Kreidestriche auf, die die Kinder täglich wegwischen durften. In katholischen Haushalten wurden bis zum Heiligen Abend Strohhalme in eine Krippe gelegt – jeden Tag einer. Auch eine Adventskerze, die jeden Tag bis zur nächsten Markierung abbrannte, war gängig – diese Variante war besonders während der Zeit des Nationalsozialismus üblich und ist gleichzeitig eine skandinavische Tradition.

Mit dem Abbrennen von Kerzen hat auch einen Ursprung zu tun, den der Norddeutsche Rundfunk (NDR) recherchiert hat – auch wenn dieser eher an die heutige Form des Adventskranzes erinnert. Im 1833 von Johann Hinrich Wichern gegründeten „Rauhen Haus“ – einer evangelisch geprägten Stiftung für die Betreuung von Kindern – spielte das Weihnachtsfest eine bedeutende Rolle.

Vermutlich um den stetigen Fragen der Kinder zu entgehen, wann endlich Weihnachten sei, bastelte Wichern 1839 eine Art Weihnachtskalender aus einem Wagenrad. Darauf befestigte er so viele Kerzen, wie es Tage bis Weihnachten waren. Anders als heute aber vom Ersten Advent statt vom 1. Dezember an. Kleine Kerzen wurden an Werktagen, große an Adventssonntagen angezündet.

Aus Hamburg oder Baden-Württemberg?

62 Jahre später, im Jahr 1902, veröffentlichte die Evangelische Buchhandlung Friedrich Trümpler wiederum in Hamburg den ersten gedruckten Kalender in Form einer Weihnachtsuhr für Kinder mit den Zahlen 13 bis 24 auf dem Zifferblatt – und ebnete damit wohl den Weg des Adventskalenders zum Massenprodukt. Ab 1922 erschienen Weihnachts- beziehungsweise Adventsuhren auch mit 24 Feldern.

Nur ein Jahr danach, 1903, brachte der Buchhändler und Sohn eines schwäbischen Pfarrers Gerhard Lang aus Maulbronn bei Stuttgart einen gedruckten Kalender mit dem Titel „Im Lande des Christkinds“ in seiner Wahlheimat München auf den Markt. Dieser bestand aus zwei Bögen mit 24 Bildern zum Ausschneiden und 24 Feldern zum Aufkleben. Einem Artikel der digitalen Bibliothek „Internet Archive“ zufolge kam Lang auf die Idee, weil ihm seine Mutter jedes Jahr in der Vorweihnachtszeit 24 Gebäckstücke („Wibele“ – ein Süßgebäck aus Biskuitmasse) auf einen Karton nähte und er als Kind in der Vorweihnachtszeit täglich eines essen durfte. Später stelle Lang auch eine Art Schokoladen-Adventskalender her: Das „Christkindleinshaus zum Füllen mit Schokolade“.

Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich dann endgültig der Kalender beginnend vom ersten Dezember mit 24 Türchen durch. Eine der ersten Genehmigungen zum Druck von Adventskalendern erhielt der Richard Sellmer Verlag in Stuttgart im Dezember 1945 von den US-amerikanischen Besatzern. Endgültig zur Massenware wurde der Adventskalender ab den 1950er Jahren – ab dieser Zeit wurden sie flächendeckend und vielfach gefertigt und entsprechend günstig angeboten. Die am meisten verbreitete Form war dabei ein Kalender mit Türchen, hinter denen sich Bilder mit Gestalten aus biblischen Geschichten befanden und vermutlich von einem evangelischen Pfarrer stammen.