Bei den 24 Stunden von Spa schickt BMW einen ganz besonders ausgerüsteten Z4 GT3 ins Rennen Foto: BMW

Bei den 24 Stunden von Spa tritt BMW mit einem ganz außergewöhnlichen Team an: Die DTM-Piloten Bruno Spengler und Timo Glock fahren mit demselben Auto wie der beinamputierte Alex Zanardi.

München/Stuttgart - Die Vorfreude ist riesig. Bei Timo Glock und Bruno Spengler, ganz besonders aber bei Alessandro Zanardi. „An den 24 Stunden von Spa-Francorchamps teilzunehmen wird definitiv der nächste Höhepunkt meiner Karriere“, sagt der Italiener, „ich habe lange davon geträumt, an einem solchen Langstreckenklassiker teilzunehmen.“ Gespannt sind auch seine Partner. „Ich bin noch nie bei kompletter Dunkelheit Rennen gefahren“, sagt Spengler. Auch für Glock wird die Fahrt im BMW Z4 GT3 eine neue Erfahrung.

Geboren wurde die Idee auf der BMW-Weihnachtsfeier im vergangenen Winter. Glock und Zanardi, dem nach einem Rennunfall 2001 beide Beine amputiert werden mussten, plauderten über die Zukunft. „Alex sagte, dass er gerne mal ein 24-Stunden-Rennen fahren würde“, erzählt Glock, „es aber kein System gebe, das einem Non-Handicap-Fahrer und ihm tauge.“ Glock hat auch noch nie ein 24-Stunden-Rennen bestritten, weder in seiner Zeit als Formel-1-Pilot noch als DTM-Fahrer. Gereizt hat es ihn deshalb sofort. „Ich hab’ Alex gesagt: Wenn ihr ein System findet, bin ich dein Mann, das würde ich gerne machen.“

"Auf den ersten Blick scheint es unmöglich"

Dies verstand Zanardi als Auftrag. Also sprach er bei BMW-Motorsportchef Jens Marquardt vor. Auch wenn ihm klar war: „Auf den ersten Blick scheint es unmöglich, dass ein Fahrer ohne Beine mit gesunden Fahrern bei einem so hart umkämpften und schwierigen Event gemeinsam antreten kann.“ Doch der Chef war leicht zu überzeugen. „Wir waren begeistert, mit Alex dieses großartige Abenteuer anzugehen“, sagt Marquardt, „sicher war es keine leichte Aufgabe für die Ingenieure, die Modifikationen zu entwickeln, die notwendig sind, damit Alex sich mit anderen Fahrern das Cockpit teilen kann. Wir können es kaum erwarten, dass sich Alex mit dem BMW Z4 GT3 in die Startaufstellung in Spa einreiht.“

Mittlerweile hat das Trio den ersten Renneinsatz in Le Castellet beim 6-Stunden-Rennen absolviert; ein Defekt stoppte das Trio nach etwa vier Stunden. „Beim Fahren hatten wir keine Nachteile“, erzählt Spengler, „die Pedale sind so angeordnet, dass wir sie alle optimal nutzen können.“ Drei Pedale und eine Fußstütze sind im Fußraum untergebracht. Ganz rechts befindet sich das Bremspedal für den Italiener. Damit seine Prothese nicht abrutscht, ist darauf ein Stift, der in Zanardis Prothese passt. Neben einer kleinen Trennwand folgen Gas- sowie Bremspedal für Glock und Spengler. Ganz links kann Zanardi seine zweite Prothese abstützen. Die Kupplung, die nur beim Anfahren benutzt wird, befindet sich am Lenkrad.

„Durch die Verlegung des Bremspedals nach ganz rechts kann ich sogar besser bremsen“, freut sich Zanardi. Im Gegensatz zum Auto des vergangenen Jahres ist das Pedal in einer Linie mit seiner Hüfte und nicht mehr versetzt. So geht keine Kraft verloren. Während Glock und Spengler klassisch mit dem rechten Fuß Gas geben, macht dies Zanardi über einen Ring am Lenkrad. Über eine Wippe, ebenfalls hinter dem Lenkrad, schaltet er mit den Fingern nach oben und mit dem Daumen nach unten.

Beim Fahrerwechsel das komplette Lenkrad ausgetauscht

Daher wird beim Fahrerwechsel das komplette Lenkrad ausgetauscht. Glock und Spenglers Lenkrad verfügt über die üblichen Schaltwippen. „Durch den Tausch des Lenkrades wurde auch in diesem Bereich auf die verschiedenen Bedürfnisse eingegangen“, sagt Spengler.

Für die drei Piloten ist das Projekt „24 Stunden von Spa“ aus unterschiedlichen Gründen ein besonderes Rennen. „Bei so einem Projekt dabei zu sein ist etwas Außergewöhnliches“, sagt Glock. „Alex ist für mich ein Idol“, schwärmt Bruno Spengler, „sein Wille und seine Motivation sind unglaublich.“

Nicht nur auf seine Kollegen wirkt die Lebensfreude des 48-jährigen Italieners ansteckend. Diese Charaktereigenschaft hat ihm eine sehr facettenreiche Karriere beschert. Zunächst als Rennfahrer, als er es bis in die Formel 1 geschafft hat. In den USA wurde er zweimal Champion in der Cart-Serie, dem Pendant zur Formel 1. Auch sein schwerer Unfall 2001 auf dem Lausitzring, in dessen Folge ihm beide Beine amputiert werden mussten, konnte ihn nicht bremsen. Er fuhr wieder Rennen. Im Tourenwagen, zusätzlich mit dem Handbike. Zweifacher Olympiasieger ist er darin, mehrfacher Weltmeister und Teilnehmer am Hawaii-Triathlon. Natürlich geht das Ein- und Aussteigen bei Zanardi nicht so schnell wie bei seinen Kollegen. Er muss sich an einem Griff am Überrollbügel abstützen. Doch das ist kein Problem, weil ein Boxenstopp 50 Sekunden dauern muss.

Ein klares Ziel hat sich das Trio für das 24-Stunden-Rennen von Spa nicht gesetzt. Zumindest nicht öffentlich. Doch beim Ehrgeiz aller drei ist ein Nur-dabei-sein zu wenig. So oder so ist die Teilnahme ein Beispiel für gelungene Inklusion.