Mehrere Bildschirme gehören zur Standardausstattung der Arbeitsplätze von Martin Lühning und seinen Kollegen. Foto: Annina Baur

In der Abteilung Cybercrime/digitale Spuren des Landeskriminalamts wird nicht nur zwischen 9 und 12 Uhr konzentriert am PC gearbeitet. Die Experten für digitale Spuren helfen bei der Aufklärung unterschiedlichster Fälle.

Bad Cannstatt - Informationen einholen, Einkaufen oder Kommunizieren: die Möglichkeiten des Internets sind beinahe grenzenlos. Das machen sich auch Kriminelle zunutze. „Ob Beleidigung oder Betrug: Fast alle Straftatbestände finden heute auch im Internet statt“, sagt Markus Dudium. Der Ermittler in der Abteilung Cybercrime/digitale Spuren im Landeskriminalamt hat bei seiner täglichen Arbeit vor allem Hacker, Untergrundforen und Computerbetrüger im Visier.

„Der Bereich digitale Spuren wird immer wichtiger“, sagt der Abteilungsleiter Reinhard Tencz. Seine Abteilung besteht seit Januar 2012 und ist seither von gut 60 auf rund 100 Kollegen angewachsen, Tendenz steigend. Darunter sind Polizeibeamte, Informatiker, Ingenieure und sogar Kryptologen.

Digitale Spuren werden immer wichtiger

Diese befassen sich nicht nur mit Cyberkriminalität. „Digitale Spuren spielen bei den unterschiedlichsten Fällen eine Rolle“, sagt der Kriminalrat Martin Lühning. So kann es den Ermittlern eines Mordfalls etwa helfen, wenn sie wissen, wo sich das Mobiltelefon oder Tablet eines Beschuldigten zu bestimmten Zeiten befand oder in welche W-Lan-Netze es eingeloggt war. In Fällen von Wirtschaftskriminalität kann es nützlich sein, den E-Mail-Verkehr auszuwerten.

Dabei kommen zum Teil unüberschaubare Datenmengen zusammen, zehn Millionen E-Mails in nur einem Fall sind keine Seltenheit. Ordnung in diese Unmengen zu bringen, ist die Aufgabe von Matthias Röcker. Als Sachbearbeiter in der IT-Beweissicherung begleitet er Polizei und LKA-Beamte vor Ort zu Durchsuchungen, wo er digitale Beweise sichert und diese dann auswertet. Mithilfe von automatisierten Filtermethoden und Schlagwortsuchen reduziert er die Datenmengen und bereitet seine Ergebnisse so auf, dass Ermittler und Staatsanwaltschaft damit arbeiten können. „Das PC-Betriebssystem eines Beschuldigten für die Ermittler sichtbar zu machen, mag auf den ersten Blick unscheinbar wirken, kann aber für die Ermittlungen die Nadel im Heuhaufen sein, nach der alle suchen“, erklärt Lühning.

Langweilig werde diese Arbeit nie, auch wenn sie sich zum größten Teil vor dem Computerbildschirm abspiele: „Jede Fragestellung ist anders und erfordert neue Ansätze, wie die digitalen Spuren gesichert werden“, sagt Röcker. Um aus den riesigen Datenmengen einzelne Beweise herauszufiltern, würden immer wieder neue Programme für spezielle Ermittlungsverfahren entwickelt.

Schnelligkeit ist alles

Schnelligkeit sei dabei alles: Nicht nur die digitalen Spuren sind ein flüchtiges Gut, sondern auch der rasante technische Fortschritt: „Die steigenden Möglichkeiten der Synchronisierung von PC und Mobiltelefon oder auch die Automatisierung von Haus und Auto schreiten schnell voran“, nennt Lühning nur zwei Beispiele. Neue technische Errungenschaften böten immer auch neue Angriffsstellen. Dies gelte auch für den Bereich der Kinderpornografie.

Schnelle Leitungen und günstige und einfache Verbreitungsmöglichkeiten von Filmmaterial lockten böse Buben auf den Plan, erklärt Achim Traichel. Er ist in der Abteilung Cybercrime/digitale Spuren für den Arbeitsbereich Internetrecherche zuständig und verbringt den größten Teil seiner Arbeitszeit ebenfalls vor den vier Bildschirmen, die in einer beeindruckenden Reihe auf seinem Schreibtisch aufgestellt sind. Auf wilde Mausklicks wartet man bei ihm dennoch vergeblich: „Wir suchen ganz konkret an Plätzen, wo Straftaten begangen werden, wie zum Beispiel in einschlägigen Foren oder sogenannten Tauschbörsen.“

Elektronische Fingerabdrücke von entsprechenden Dateien helfen Traichel und seinem Team, zu erkennen, wer diese weiter verbreitet und ermöglichen das Beschlagnahmen der Rechner und unter Umständen die Festnahme ihrer Besitzer. „Es ist eine tolle Bestätigung unserer Arbeit, wenn es gelingt, sexuellen Missbrauch zu beenden“, sagt Traichel. Womit zumindest bewiesen wäre, dass die Möglichkeiten nicht nur für Kriminelle beinahe grenzenlos sind.

12 bis 15 Uhr:
Im nächsten Serienteil, der am Freitag, 28. August erscheint, verbringen wir drei Stunden auf dem Abenteuerspielplatz.