Der Müllermeister Gerhard Meyer liebt seinen Job – trotz Knochenarbeit. Foto: Gottfried Stoppel

Gerhard Meyer, der Besitzer der Voggenbergmühle bei Alfdorf, spricht anlässlich des 24. Mühlentags über seinen Beruf, der alles andere als romantisch ist.

Alfdorf - Viele alte Mühlen im Schwäbischen Wald haben in den 1950er- und 1960er-Jahren aufgegeben, weil sich ihr Betrieb nicht mehr lohnte und der Staat mit Abwrackprämien lockte. Heute gibt es im Nordosten des Rems-Murr-Kreises nur noch ganz wenige Mahlmühlen, die gewerblich arbeiten. Eine davon ist die zur Gemeinde Alfdorf gehörende Voggenbergmühle. Wir sprachen mit ihrem Besitzer, dem Müllermeister Gerhard Meyer, 63, über seinen Berufsalltag, von dem Außenstehende zu Unrecht häufig ein verklärt-romantisches Bild haben.

Herr Meyer, Ihre Mühle steht auf einem sehr geschichtsträchtigen Grund und Boden.
Schon im 16. Jahrhundert gab es hier im Tal der Rot eine Mühle, die einst dem Kloster Adelberg gehörte. Die Voggenbergmühle gehört mittlerweile in der dritten Generation unserer Familie, mein Großvater hat sie gekauft. Wenn man in einer Mühle aufwächst, bekommt man schon frühzeitig mit, was da auf einen zukommt.
Sie mussten also schon als Kind in der Mahlstube mit anpacken?
Da war es zum Beispiel meine Aufgabe, Mehl in Tüten zu füllen und weil es bei der Mehlproduktion ziemlich staubt, war ich oft auch damit beschäftigt, die Mahlstube auszufegen. Und auch in unserem landwirtschaftlichen Anwesen gab es viel zu tun, da musste ich im Stall mithelfen. Treckerfahren draußen im Gelände machte aber am meisten Spaß.
Heute herrscht fröhliches Kindergewusel auf dem Hof Ihrer Mühle. Was ist da los?
20 Kinder der zertifizierten Kaisersbacher Naturparkschule sind bei uns, um sich als kleine Müller zu betätigen. Mit einer Handmühle mahlen die Buben und Mädchen Korn zu Mehl und machen Teig daraus, der dann zu Brot gebacken wird. Da können die Kinder sehen, was alles zu tun ist, bis man in ein knuspriges Brötchen beißen kann.
Ihre berufliche Laufbahn war vorgezeichnet, die Lehrstelle war praktisch im Haus.
Mit 14 Jahren habe ich meine Ausbildung im elterlichen Betrieb begonnen, doch schon vorher hatte ich einiges über das Mehlmachen mitbekommen. Im Februar 1976 legte ich in München meine Prüfung als Müllermeister ab.
In eine größere Stadt zu ziehen und dort etwa in einer Fabrik mit geregelten Arbeitszeiten seinen Lohn zu verdienen, das hat Sie nie gereizt?
Da hätte ich mich nicht wohl gefühlt. Selbständigkeit war mir immer wichtig, auch wenn das letztlich heißt: man schafft selbst und ständig; aber auf jeden Fall ist man sein eigener Herr. Bis heute kann ich sagen: ich bin Müller mit Leibe und Seele.
Sie investierten viel in den zurückliegenden Jahren, um ökonomisch auf der Höhe der Zeit zu bleiben.
Wir haben die Mühlentechnik modernisiert und uns vor gut zehn Jahren mit einem Mühlenladen ein zweites Standbein zugelegt. Dort können sich unsere Kunden mit den von uns hergestellten Mehlsorten eindecken. Das Korn dazu, das liefern uns Bauern aus der Umgebung.
Sie legen großen Wert auf Kundenähe.
Ja, das ist mir wichtig. Wer nicht selbst in den Mühlenladen kommen kann, dem bringe ich das Bestellte direkt an die Haustür, auch Dinge, die wir nicht selbst herstellen, etwa Nudeln, Brot- und Kräutergewürze, Müsli oder Trockenfrüchte. Bei den Gesprächen mit meinen Kunden stelle ich vermehrt fest, dass sie zunehmend regionale Produkte verlangen. Das kommt uns entgegen.
Herr Meyer, Ihre Familie ist eine regelrechte Müllerdynastie. Einer Ihrer zwei Söhne hat das Müllerhandwerk erlernt, ebenso eine Ihrer beiden Töchter. Da ist doch die Nachfolge gesichert?
Da ist noch nichts entschieden. Die beiden schaffen derzeit in ihrem Zweitberuf. Ich bin jetzt 63 Jahre alt und mache, da ich gerade dabei bin die Landwirtschaft aufzugeben, vorerst weiter in der Mühle. Das lasse ich alles auf mich zukommen. Wir werden eine gute Lösung finden, da bin ich zuversichtlich, die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.
So mancher der Besucher, die am Tag der Mühlen durch den Schwäbischen Wald ziehen, kommt beim Anblick einer alten Mühle zu dem Schluss, Müller sei ein romantischer Beruf. Was sagen Sie dazu?
Romantik ist schön und gut, aber davon können wir nicht leben. Bei Arbeiten etwa in den Abendstunden, wenn andere längst Feierabend haben, ist für Träumereien am rauschenden Mühlbach kein Platz. Nur durch unserer Hände Arbeit können wir existieren.